Input zum Heidelberger Katechismus

Überlegungen

In 129 Fragen und Antworten bietet der Heidelberger Katechismus (im Folgenden HK) eine sehr kompakte, gleichzeitig umfassende Darstellung des Christlichen Glaubens. Dabei folgt er der Dreiteilung: Elend (8 Fragen) – Erlösung(74 Fragen) – Dankbarkeit (42 Fragen)

Dabei wird die Gotteslehre,die Christologie un die Lehre der Sakramente im Teil der Erlösung behandelt. Der Schwerpunkt auf die Christologie ist ein besonders beeindruckendes Beispiel für reformierte Theologie. Der Abschnitt zur Dankbarkeit macht deutlich, dass zwischen Dogmatik und Ethik nicht getrennt wird, behandelt hier der Autor die zehn Gebote und das Gebet. Insgesamt reiht sich der HK durch diesen Aufbau in die Tradition der Reformation aber auch des Mittelalters ein, Theologische Fragen systematisch zu ordnen.

Dennoch machen einige Umstände den HK zu einem besonders wertvollen Katechismus:

  • Zunächst ist es die seelsorgerliche Art der Anrede. So richten sich die Fragen direkt an den Leser/Hörer (Fr. 60: Wie wirst du gerecht vor Gott? Fr. 32: Warum wirst aber du ein Christ genannt? )
  • Ursinus, der Autor des HK befand sich in der Minderheit, umgeben von Lutheranern, die seine Haltung zum Abendmahl kaum dulden konnten, und Lehren über die Vorsehung zwar akzeptierten, aber nicht für das Gottesvolk akzeptieren könnten. Diese verteidigende, gleichzeitig aber ökumenische Haltung unterscheidet den HK z.B. deutlich von den Lehrregeln von Dordrecht. 1618-19 konnten die Reformierten der Niederlande deutlich selbstbewusster auftreten. Da heute reformiertes Denken ebenfalls weitgehend kritisch aufgenommen wird, sehe ich im HK ein wunderbares Mittel der Handreichung. Alles im HK ruft: “Seht her, ich stehe in der Mitte des christlichen Glaubens”
  • Gleichzeitig verteidigt der HK die wertvollste Entdeckung der Reformation: Die Heilsgewissheit! Hier gibt es für Ursinus keine Kompromisse. Die beiden Fragen am Anfang und Ende des HK machen das deutlich: Die Gewissheit des Gläubigen ruht sicher und unerschütterlich im Werk Christi. (Vgl. mehr zur Entdeckung der Heilsgewissheit durch die Reformatoren bei Carl Trueman: Reformation, heute noch aktuell?)

Ist schon die erste Frage: “Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?” eine legendäre Eröffnung, bin ich fasziniert über die letzte Frage:

Was bedeutet das Wort: “Amen”? – Amen heißt:Das ist wahr und gewiss! Denn mein Gebet ist von Gott viel gewisser erhört, als ich in meinem Herzen fühle, dass ich dies alles von ihm begehre.

Praxis

In Gesprächen mit konservativen Evangelikalen wird deutlich, der HK ist bereits deswegen verpönt, weil er ein “Katechismus” ist. “Katechismus” klingt so “katholisch”, fängt schließlich beides mit “kat” an. Und überhaupt: Kindertaufe? So veraltet und mittelalterlich?

Ehrlich: Es wird Zeit vom hohen Pferd der Selbstzufriedenheit runter zukommen! Seit wann ist Selbstzufriedenheit ein angebrachter Zustand für einen Christen? Einige meiner Freunde und ich treffen uns etwa 14-tägig zum gemeinsam Katechismus lesen. Wir gehen dabei so vor: Zunächst lesen wir die Fragen und Antworten für den “Sonntag” der gerade dran ist. Anschließend referenzieren wir alle genannten Bibelverse. Das Blättern in der Bibel ist zwar hilfreich, um sich die Stelle besser einzuprägen, für den Lesefluss fanden wir das irgendwie störend. Somit drucken wir uns die Verse bereits vorher aus. Dafür fand ich die Funktion der “Versliste” bei Logos sehr hilfreich. Hier kannst du dir die Verslisten downloaden. Ich hoffe diese bald vervollständigen zu können. Ich ermutige die Leser meines Blogs zu einem ähnlichen systematischen Studieren des Wortes Gottes. Wir konnten bereits nach wenigen Wochen in der Erkenntnis Gottes wachsen. Geradezu fasziniert hat uns bisher Fr. 28: Was nützt uns die Erkenntnis der Schöpfung und der Vorsehung Gottes? Ursinus verknüpft die Vorsehung Gottes mit seiner Offenbarung als Vater. Gott drückt nicht einfach ein Knopf und nun läuft ein Programm ab, sondern behütet die Schöpfung so sehr, dass nicht einmal ein “ein-Penny-Vogel” vom Himmel fällt, ohne dass Gott es will! Wow!

Input

Nachdem Hanniel Strebel seine Vogelflüge fertiggestellt hat, verwöhnt er uns nun mit seinen Beiträgen zum Heidelberger Katechismus. Hier geht es zur Playlist von bereits 37 Folgen. Es wird wirklich Zeit für einen Strebel’schen Podcast!

Die historische Entstehung des HK und seine Bedeutung hält Carl R. Trueman im Rahmen seiner Reformations-Vorlesung in Folge 27 und 28 fest.

Die von mir verwendete Ausgabe des HK vom Neukirchener Aussaat Verlag nervt mich zwar mit ihren liberalen Fußnoten (So typisch für unsere Zeit, dass ein Verlag natürlich einen Quelltext nicht einfach so in die Hände eines Laien geben darf. Welch hochmütige Haltung darüber, dass ein Laie natürlich niemals die Bewertung der Messe im HK (Fr. 80) nicht im historischen Kontext sehen kann. – Nervt schrecklich!) Dennoch finde ich den Text im Anhang des HK “zur Geschichte des Katechismus” äußerst hilfreich. Unter den größten Bedrängnissen konnte Ursinus und sein Fürst Friedrich der Fromme den HK veröffentlichen: “Auf dem Reichstag von Augsburg 1566 verklagten die Herzöge von Württemberg und Pfalz-Zweibrücken Kurpfalz wegen Abweichung von der augsburgischen Konfession. Demzufolge verlangte Kaiser Maximilian IL von Kurfürst Friedrich, die Neuordnung in seiner Landeskirche rückgängig zu machen und seinen Katechismus abzuschaffen. Andernfalls stehe er außerhalb des Religionsfriedens und verfalle der Reichsacht. Ab er furchtlos legte der fromme Kurfürst, wie einst Luther 1521 in Worms, vor Kaiser und Reich das mutige Bekenntnis ab, dass er in Gewissens- und Glaubenssachen nur einen Herrn anerkenne, “der ein Herr aller Herren und ein König aller Könige ist.” “Was meinen Katechismus anbelangt, so bekenne ich mich zu demselben. Es ist auch derselbe am Rande mit Fundamenten der Heiligen Schrift derart armiert, dass er unumstoßen bleiben soll, und wird meines Verhoffens mit Gottes Hilfe noch länger unumstoßen bleiben.” Die Fürstenversammlung war von der Haltung des Kurfürsten tief beeindruckt. Die Mehrheit der evangelischen Stände unter Führung Kursachsens weigerte sich, ihn aus ihrer Reihe auszuschließen. Das machte den Kaiser machtlos. Damit damit war das reformierte Bekenntnis de facto auf deutschem Reichsboden geduldet.”

Wer mehr über den Heidelberger Katechismus wissen möchte, der sei auf das Buch von Arie Baars verwiesen: Einführung in den Heidelberger Katechismus. (Hier eine Kurzbesprechung)

Zum Schluss wieder Carl R. Trueman, der in seinem Buch “The Creedal Imperative” zur ersten und letzten Frage des HK feststellt:

I never cease to be struck by the beauty of these two answers. Question 1 shows the glorious Reformation Protestant insight into the fact that assurance is to be the normal experience of every Christian believer and not simply the preserve of a few special saints who have been given extraordinary insight into their status before God, as was the medieval Catholic position. This is a perhaps one of the greatest Protestant insights of the Reformation. We live in an age where conversion to Roman Catholicism is not uncommon among those who have been brought up as evangelicals. There are many reasons for this: some speak of being attracted by the beauty of the liturgy in comparison with what is often seen as a casual and irreverent flippancy in evangelical services; others like the idea of historical continuity, of knowing where the church has been throughout history; still others find the authority structure to be attractive in an age of flux and uncertainty. Whatever the reasons, most Protestants would concede that Rome has certain attractions. Nevertheless, the one thing that every Protestant who converts to Rome loses is assurance of faith.

3 Kommentare

  1. Hast du schonmal etwas aus dem Evangelischen Erwachsenenkatechismus gelesen, bzw hast du eine Meinung dazu?

    Welche Katechismen hast du dir noch so angesehen? (Ich meine du hättest schonmal was zum großen und kleinen Katechismus von Luther geschrieben)

    Welche findest du am besten bzw am besten für welche Gruppe/Situation (Kinder/Erwachsene)?

    Gibt es einen Offiziellen Katechismus bei Freikirchlichen Organisationen zb Friedensstimme oder so?

    Gruß Spinoza

    1. Entschuldige für die späte Antwort.
      Leider kenn ich mich nur im Heidelberger aus, also Luthers fand ich gut, vom Grundaufbau sind beide sich ähnlich, ich habe in Logos eine ganze Menge sollcher katechetischen Schriften, eine Zeitlang war das ziemlich im Trend.
      Ich denke auch, wie du sagst, dass eine freikirchliche Variante echt was tolles wäre, weiß aber keine bestimmte Schrift, ein Freund bei dem ich die Frage gefragt habe, hat mich darauf hingewiesen: https://www.amazon.de/Mennonitischer-Katechismus-Glaubensbekenntnis-Glaubensartikeln-Zweisprachige/dp/3739232048
      (Gibt es vielleicht auch kostenfrei im Web?)

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