Ivan Krylows Fabel über das Eingestehen von Schuld

Im deutschen Sprachraum sind die Fabeln Krylows weniger bekannt, obwohl sich ca. 100 beim Projekt Gutenberg lizenzfrei finden lassen. Er übertrug die Fabeln Äsops und de La Fontaines und erhöhte die Les- und Einprägbarkeit indem er dieselben in Reimform brachte. Neben dieser Übertragungsarbeit schrieb er auch einige eigene Fabeln. Ich empfehle aus seinem Werk:

Meine Lieblingsfabel (ob er diese nun von La Fontaine übersetzt hat oder nicht, weiß ich nicht) ist aber eine, von der ich keine deutsche Übersetzung finden konnte. Diese beschreibt,wie erfinderisch ein Mönch wurde, als er beschloß die Fastenzeit zu umgehen.  Eine lehrreiche Charakterstudie! Ich wage mich an eine Übersetzung aber nicht auf die Kunst das Übersetzte auch noch in Reimform zu bringen (vielleicht kennt einer eine geeignete deutsche Übersetzung?):
“Wie oft kommt es vor, wenn wir etwas verbrochen haben, dass wir die Schuld auf unseren nächsten laden, und so spricht man nicht selten: ” Wenn er nicht wäre, wäre ich nie darauf gekommen” Und wenn man keine Leute findet, so ist der Verführer (= Satan) schuld. Obwohl es ihn bei der Sache gar nicht gab. Beispiele dafür gibt es unzählige. Hier sei euch einer davon erzählt: Im Fernen Osten lebte eins ein Brahmane, der mit den Worten stets vom warmen Glauben zeugte, doch nicht so lebte (Es gibt auch unter Brahmanen Heuchler), doch dies nur nebenbei, denn die Sache ist ja die, in seiner Bruderschaft war er ein einziger der so war, die anderen aber waren alle vom heiligen Lebensstil, davon wurde ihm aber immer mehr übel. Ihr Vorgesetzer war von direktem Charakter: Wenn du übertrittst, dann wird die Strafe hart. Doch mein Brahmane nicht verzweifelt, es kommt ein Fastentag und er sinnt darüber nach, wie er sich was leckeres heimlich gönnen kann? Er besorgt ein Ei und wartet auf die Nacht, zündet die Kerze an und fängt an das Ei auf der Kerze zu backen. Er führt die Augen nicht ab von der Kerze und schluckt schon in Gedanken, aber von seinem Vorgesetzten denkt er lächelnd: ” So wirst du es nie mitbekommen, mein langbärtiger Freund, das Ei verzehre ich bald” Aber da kommt leise in das Zimmer des Brahmenen der Aufseher und als er eine solche Sünde sieht, fordert er streng Rechenschaft. Die Beweislage ist erdrückend und sich zu verstecken ist zu spät. “Vergib mir heiliger Vater, Vergib mir meine Sünden” so ruft der Brahmane durch die Tränen “Ich weiß selbst nicht, wie ich in die Versuchung gefallen bin, es verführte mich der Teufel, sei er verwünscht!” Und in diesem schreit ein Teufel aus dem Ofen, “Ist es dir denn nicht peinlich”, ruft er “Ständig alles auf uns abzuwälzen. Gerade eben lernte ich von dir, und wahrlich ist, ich sehe zum ersten mal, wie man ein Ei auf einer Kerze backen kann”
P.S.: Als ich zu dieser Fabel recherchierte, stellte ich fest, dass die russische Sprache einen eigenen Begriff dafür hat, um jemanden zu beschreiben, der die Schuld von sich abwälzt.

2 Kommentare

  1. […] Letzten Endes gibt es von diesem Prinzip noch eine Zwillingsschwester: Ein Tiefgreifendes langes Weinen und Bekennen (am Besten in der Öffentlichkeit). Und gleich lauscht man in sein Herz! Reicht das aus! Hab ich genug getrauert? Hab ich genug bereut? Wie viele Sünden kann ich noch bekennen. Wir sollen schließlich ein Leben der Buße führen, oder? Und siehe da: Plötzlich steht man nicht mehr als Gläubiger Anbeter vor dem Werk Christi, sondern als ein ungläubiger Zweifler! Ich fürchte, wir enden deswegen so oft an diesen zwei Sackgassen, weil wir einfach nicht wahrhaben möchten, wie verdorben der Mensch ist. „Eigentlich bin ich lauter Bescheidenheit, warum muss mich Instagramm immer zur Selbstdarstellung verführen.“ „Eigentlich will ich ja die Zeit abkaufen, wären da nicht die ganzen Filme“… (Vergleiche auch die Fabel von Krylow) […]

  2. […] Letzten Endes gibt es von diesem Prinzip noch eine Zwillingsschwester: Ein Tiefgreifendes langes Weinen und Bekennen (am Besten in der Öffentlichkeit). Und gleich lauscht man in sein Herz! Reicht das aus! Hab ich genug getrauert? Hab ich genug bereut? Wie viele Sünden kann ich noch bekennen. Wir sollen schließlich ein Leben der Buße führen, oder? Und siehe da: Plötzlich steht man nicht mehr als Gläubiger Anbeter vor dem Werk Christi, sondern als ein ungläubiger Zweifler! Ich fürchte, wir enden deswegen so oft an diesen zwei Sackgassen, weil wir einfach nicht wahrhaben möchten, wie verdorben der Mensch ist. „Eigentlich bin ich lauter Bescheidenheit, warum muss mich Instagramm immer zur Selbstdarstellung verführen.“ „Eigentlich will ich ja die Zeit abkaufen, wären da nicht die ganzen Filme“… (Vergleiche auch die Fabel von Krylow) […]

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