“Und eine Stimme erging an ihn: Steh auf, Petrus, schlachte und iss! Petrus aber sprach: Keineswegs, Herr! Denn niemals habe ich irgendetwas Gemeines und Unreines gegessen. Und wieder erging die Stimme zum zweiten Mal an ihn: Was Gott gereinigt hat, halte du nicht für gemein! Dies aber geschah dreimal; und sogleich wurde das Gefäß hinaufgenommen in den Himmel.” (Apostelgeschichte 10,12–16)
Die in den Fünf Büchern Mose häufig sehr detailliert und ausführlich festgehaltenen Gebote ließen in meinem Herzen einen Zweifel aufkommen: Ist Gott ein penibler hartnäckiger Rechthaber, der nicht mit sich verhandeln lässt? Kleidet er seine Härte in einen Anspruch von Rechtschaffenheit? Oh ich habe schon viele Menschen kennengelernt sind, die erbarmungslos sind! Sie bekommst du nicht einen mm bewegt. Aber Ihre Härte war in Ihren Augen immer bloß Rechtschaffenheit, Exaktheit, Korrektheit und dergleichen Selbstbeweihräucherungen mehr.
Die Versuchung hielt nicht lange an, den Gott ist nicht ein Mensch. Und mir viel auf, wie voll die Bibel an Beispielen ist, an denen Gott sich erbieten, erweichen ließ. Kurz, wo man mit ihm verhandeln konnte.
Abrahams Verhandlungen mit Gott, um Lot zu retten sind selbst vielen Bibelunkundigen bekannt (1 Mose 14). Später kann Lot Gottes Herz darüber erweichen, dass die “kleine Stadt” Zoar nicht der Verdammung obliegen soll, der Sodom und Gomorrha obliegen (1. Mose 19,20).
Mose kann Gott mit seiner Fürbitte davor abhalten, das Volk Israel zu vernichten ( 2. Mose 32 bzw. 5 Mose 9). Auch für das persönliche Schicksal bleibt Gott fähig, “sich erbitten zu lassen” (2. Chr. 33,13). Das Geschieht als der gottlose König Manasse unter Haftbedingungen zu Gott umkehrt. Gott ist sehr wohl in der Lage “mit sich verhandeln zu lassen”. Wie sollte er sonst gnädig, barmherzig und geduldig sein? Gerade das macht Gott aus, dass er nicht erbarmungslos gerecht ist, sondern barmherzig und gerecht.
Es fallen mir noch viele andere Fälle ein, in denen Gott “mit sich verhandeln ließ”. Hiskia erfleht ein verlängertes Leben (Jes. 38), und Hesekiel verhandelt mit Gott darüber, dass er eine lange Fastenaufgabe nur unter Verwendung von Rinder-Dung als Feuerquelle durchführen kann (anstelle vom ursprünglich vorgeschriebenem Menschenkot, vgl. Hes. 4,14).
Zurück zu unserem Text aus der Apostelgeschichte: Genau diese Situation hatte Petrus offensichtlich vor Augen, als er bei Gott versucht zu erbitten, auf den Konsum unreiner Tiere (weiterhin) zu verzichten. “Niemals habe ich etwas unreines gegessen!” . Unser Text klingt so, als hat Petrus auf die dreifach erlebte Vision auch dreimal identisch reagiert. Petrus konnte nicht überzeugt werden etwas unreines zu essen! Aber auch Gott wich nicht von seiner Forderung ab. Es ging hier auch tatsächlich nicht um die Speisekarte des Hauses Petri, sondern um das Verhalten, dass nun für die Gemeinde Norm werden sollte: Zu Christus sollten Heiden mit offenen Händen eingeladen werden, und mit ihnen musste brüderliche Gemeinschaft stattfinden”.
An diesem Punkt liess Gott sich nicht erweichen, erbitten oder mit sich verhandeln. Da blieb Gott kompromisslos: Wie sollte es auch anders sein, wenn der wichtigste Grund, warum sich Gott überhaupt erbitten lässt, nämlich die Fürsprache seines Sohnes, auch der Grund dafür ist, dass nun aus allen Nationen Menschen zu Abrahams Kindern berufen werden.
Mir ist beim Schreiben klar, dass genau diese Art Gottes, dass er auf uns Sünder eingeht, uns vor ein theologisches Problem stellt: Ist Gott etwa veränderlich? Aber mir erscheint die Lösung für diese Frage darin zu liegen, dass genau in seiner Barmherzigkeit Gottes Unveränderlichkeit liegt. Gott ist unveränderlich barmherzig. Gott ist immer unveränderlich darin, dass er Sünder zur Buße ruft, und dass er reuige Sünder annimmt. Wenn ich mir die Frage stellten sollte, ob Gott denn überhaupt will, dass ich zu ihm umkehre, so ist die Frage nur und ausschließlich zu bejahen.
Und das wiederum ist eine große Ermutigung: So lange noch Atem in unseren Lungen ist, ist es nicht zu spät zu Gott umzukehren.