Auf Gott vertrauen in den schlaflosen Nächten der Mutterschaft

Sara Wallace

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Ich erinnere mich an die Frau, die mir Angst machte, eine Mutter zu werden.

Mein Mann und ich besuchten einen Bibelkreis mit einem anderen Paar, das vier kleine Kinder hatte. Jedes Mal, wenn sie an unserem Treffen teilnahmen, konnten die beiden ihre Augen nicht offen halten. Die Mutter starrte den Bibelkreisleiter einfach ausdruckslos an und seufzte jedes Mal, wenn sie aufstehen musste, um nach den Kindern zu schauen.

Ich konnte dieses Maß an Erschöpfung nicht nachempfinden. Aber ich würde es schon früh genug erfahren. Ich würde diesen Weg der schlaflosen Nächte fünfmal mit fünf Babys gehen. Ich würde selbst zu dieser zerzausten, ausdruckslos vor sich hin starrenden Frau werden, die allen jungen Frauen in der Gemeinde Angst machte, sodass sie niemals Kinder haben wollten.

Jetzt kann ich auf diese Phase zurückschauen und über diese verrückte Zeit lachen. Ich habe es geschafft. Ich habe überlebt. Jetzt erzähle ich meinen Kindern: „Als ihr Babys wart, war ich so müde, dass ich mein Handy in den Kühlschrank gelegt habe. Ich habe den Text des Liedes ‚Jesus liebt mich‘ vergessen. Anstatt Kaffeesahne, habe ich Olivenöl in meinen Kaffee geschüttet. Ich bin durch das ganze Haus gerannt, um euch zu suchen und fand euch dann an meiner Brust. Ich habe den Trockner angestellt, ohne dass etwas drin war. Ich machte ‚Tschu-Tschu‘ Geräusche, auch wenn ich ganz alleine war.“

Jetzt kann ich lachen, aber ich konnte nicht lachen, als ich mittendrin steckte. Die Phase der Schlaflosigkeit war eine der härtesten Zeiten in meinem Leben.

Unseren körperlichen Grenzen begegnen

Als mein erstes Baby 4 Wochen alt war, geriet ich in einen schrecklichen Kreislauf der Schlaflosigkeit. Meine Wochenbett-Hormone spielten verrückt und die Sorgen und Ängste nahmen mir jede Möglichkeit zu schlafen. Ich legte das Baby schlafen, lag wach in meinem Bett und starrte auf die Uhr. Ich wusste, dass mir im besten Fall nur ein paar Stunden blieben bevor das Baby wieder wach wurde, um gestillt zu werden. Während die Minuten verstrichen, konnte ich sehen, wie meine Kraftreserven für den nächsten Tag verschwanden. Ich wusste, dass nichts mehr übrig sein würde.

Aber was konnte ich tun? Ich fühlte mich vollkommen hilflos. Manchmal hatte ich Panikattacken und musste aufstehen und umherlaufen, nur um meinen Puls zu beruhigen.

Ich flehte Gott an, mich schlafen zu lassen. „Weißt du nicht, dass ich das brauche?“  flehte ich. „Wie kann ich tun, wozu du mich berufen hast, wenn ich nicht schlafen kann?“ Ich war verwirrt. Eine Mutter zu sein war schon schwer genug. Wie sollte ich das nur schaffen, ohne zu schlafen?

Wir brauchen Schlaf, das ist wahr. Schlaf ist eine gute Gabe von Gott. Gott nimmt unsere körperlichen Bedürfnisse nicht auf die leichte Schulter. Er ist derjenige, der uns mit diesen Bedürfnissen geschaffen hat und er freut sich, diese zu stillen. Aber wie es oft mit den guten Gaben ist, die unsere Bedürfnisse befriedigen, war auch diese für mich zu einem Götzen geworden. Mein Herz sagte zu Gott: „Ich kann nicht darauf vertrauen, dass du für mich sorgst, wenn ich keinen Schlaf bekomme.“ Ich setzte meine Hoffnung auf die Gabe, nicht auf den Geber.

Gott zwang mich, loszulassen und mein gefährliches Vertrauen in meine eigene Kraft aufzugeben. Ich fürchtete mich vor dem, was ich vorfinden würde, wenn ich wirklich an das Ende meiner selbst käme. Ich wollte es nicht wissen. Aber Gott hat mir keine Wahl gelassen. Die Schlaflosigkeit zwang mich, meiner völligen Hilflosigkeit ins Gesicht zu schauen. Aber anstatt eines tiefen Loches der Verzweiflung, fand ich die Gnade Gottes.

Tägliche Gnadengaben

In meinen schlaflosen Nächten und den darauffolgenden qualvollen Tagen sah ich Gottes Gnade. Es gab viele Tage an denen ich nichts anderes als Gottes Gnade sehen konnte. Ich sah seine Gnade in Freunden und der Familie, die uns mit Essen versorgten, als ich kaum noch wusste wo der Kühlschrank war. Ich sah seine Gnade in Nickerchen, die ich zu völlig ungeplanten Zeiten machen konnte. Ich sah seine Gnade im Kaffee. Ich sah seine Gnade in Versen, die jahrelang in meinem Kopf schlummerten und die plötzlich lebendig wurden. Sie hielten mich fest, als ich das Gefühl hatte, mich selbst zu verlieren.

Diese Phase der schlaflosen Nächte erinnert uns daran, was uns garantiert ist – und was nicht.  Ich habe keine Garantie für eine gute Nachtruhe. Gott ist mir das nicht schuldig.

Aber es gibt einen tieferen Trost, als einfach nur der Gedanke, eine bestimmte Phase zu überstehen.  Es gibt etwas, das uns garantiert ist, hier und jetzt, mit oder ohne Schlaf: „Dieses aber will ich meinem Herzen vorhalten, darum will ich Hoffnung fassen: Gnadenbeweise des HERRN sind’s, dass wir nicht gänzlich aufgerieben wurden, denn seine Barmherzigkeit ist nicht zu Ende; sie ist jeden Morgen neu, und deine Treue ist groß!“ (Klagelieder 3,21-23).

Ich liebe es, dass in diesem Vers das Wort “Morgen” gebraucht wird. Als Mutter mit Schlafmangel können die Morgenstunden besonders quälend sein. Aber gerade da begegnet uns Gott mit neuer Barmherzigkeit.

Ich fühle mich vielleicht nicht jeden Morgen „neu“, aber Gottes Barmherzigkeit ist immer neu. Meine Kraft ist vielleicht gering (oder gar nicht vorhanden), aber Gottes Treue ist groß. Meine Beine sind vielleicht wackelig, aber Gottes Liebe ist unerschütterlich. Die Schlaflosigkeit hat mir immer wieder meine ganze Kraft geraubt, aber sie hat mich nie zerstört. Egal wie schwach mein Körper, mein Verstand oder sogar mein Glaube war, Gott war „meines Herzens Fels und mein Teil“ (Psalm 73,26).

Mein Fleisch und mein Herz haben mich oft im Stich gelassen – aber Gott hat mich nie im Stich gelassen.

Unser grenzenloser Gott

Wenn alles gut läuft, ist es leicht für uns zu sagen, dass wir Gott vertrauen. Wir merken nicht einmal, dass wir ihm Bedingungen auferlegt haben bis diese Bedingungen auf die Probe gestellt werden. Meine schlaflosen Nächte haben aufgezeigt, dass ich in Wirklichkeit dachte: „Gott kann mir durch den Tag helfen (solange ich gut schlafen kann).“ Und indem er mir den Schlaf wegnahm, nahm er diese Bedingung auf gnädige Weise weg. Er zeigte mir, dass ER genug ist.

Vertrauen wir Gott, dass er uns für die Aufgaben ausrüstet, zu denen er uns beruft? Als er mich dazu berief, Mutter zu werden und mir meine Dienstanweisungen gab, brauchte ich ihm keine Bedarfsliste geben. „Du musst mir Schlaf, körperliche Kraft, Energie, einen klaren Kopf und emotionale Stabilität geben. Dann kann ich das tun.“ Stattdessen hätte ich sagen sollen: „Alles was ich brauche, bist du.“

Als Gott Maria die Aufgabe gab, seinen Sohn zur Welt zu bringen, legte sie ihm keine Liste mit Bedingungen vor. Sie sagte: „Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe nach deinem Wort“ (Lukas 1,38). Der Gott, der weiß, wie viele Haare wir auf dem Kopf haben, und der die Zahl der Sterne kennt und sie alle beim Namen nennt (Psalm 147,4; Matthäus 10,30) – derselbe Gott hat genau geplant wie viel Schlaf wir jede Nacht bekommen werden, und zwar bis zur letzten Sekunde. Und jeder einzelne Augenblick wird uns seine Barmherzigkeit vor Augen führen.


Sara Wallace: Trusting God in the Sleepless Nights of Motherhood 31.07.2019. Übersetzt von Monika Peters.

 

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