Input zu Richter (1): Eskalation

God's Glory in Salvation through Judgment: A Biblical Theology (English Edition) von [James M. Hamilton Jr.]Derzeit möchte ich mich intensiver mit den Richtern auseinandersetzen. Dabei versuchte ich der Frage nachzugehen: Wann fängt Gottes Heilstat an? Erst als er den Richter schickt? Vielmehr fängt Gottes Errettung eigentlich dann an, dass er Israels Abfall einfach nicht gelingen lässt. Während die Kanaaniter offensichtlich ganz gut damit fahren, Baal und Astarte anzubeten, misslingt das den Israeliten völlig. Kaum wenden sie sich den Götzen zu, werden sie auch schon versklavt. Gott lässt es einfach nicht zu, dass sich seine Kinder von ihm abwenden. Im Buch Richter offenbart sich Gott als ein zuverlässiger und beharrlicher Vater. Israel kann Kanaan nur durch Gottes Hilfe halten und bewahren. Diesen Zusammenhang, dass die Errettung durch das Gericht gebracht wird, durchzieht die Bibel regelmäßig und ist auch Kern des Beitrags von James M. Hamilton zur Biblischen Theologie: God’s Glory in Salvation through Judgment.

Das Buch der Richter zeichnet sich nun durch zunehmende Verschlechterung des Zustandes des Volkes aus. Mit Josua zog man ins Land ein, doch eine Theokratie aufzubauen, daran scheitert man kläglich. Bei Hamilton habe ich diesen Hinweis gefunden, der die zunehmende Eskalation des Abfalls von Jahwe schildert (Abschnitt 2.3.3):

“Der Mangel an Zurückhaltung in Israel wird durch zwei Geschichten veranschaulicht, die zeigen, wie die Sünden der unterschiedlichen Richter sich verstärken. Gideons Götzendienst (Richter 8) wird von Michas (Richter 17-18) ergänzt und übertroffen; Simsons Verletzung nasiräischer Vorschriften (Richter 13-16) wird von der Verletzung levitischer Vorschriften durch den Leviten (Richter 17-18) verstärkt;  Simson tut, was in seinen eigenen Augen richtig ist, wenn er sich eine Frau nimmt (14: 1-7). Das wird  verstärkt, wenn die Daniten tun, was in ihren eigenen Augen richtig ist, als sie ihr Erbe antreten (18:1-31); Simsons Umwerben und Verlassen seiner Frau (15:1-8) wird übertroffen, wenn ein Levit seine Konkubine umwirbt und verlässt (19:1-20): 7); Ehud, der Benjaminiter, der seine Linkshändigkeit für eine Täuschung benutzt(3:12-30) wird von den linkshändigen Benjaminiten, die Gibeas Bosheit verteidigen, pervertiert und übertroffen (20:12-16); Gideon und Jephthahs harte Behandlung ihrer israelitischen Mitbürger (8:7-19; 12:1-6) wird von Israels harter Behandlung Benjamins übertroffen (20: 29-48); und Jephthahs unüberlegter Eid, der zum Verlust seiner jungfräulichen Tochter führt (11:29-40), wird durch Israels unüberlegten Eid, der dazu führt, dass sechshundert Jungfrauen in Israel gezwungenermaßen mit denen verheiratet werden, die aus der Bestrafung Benjamins übrig bleiben (21:1-25), übertroffen.”

Diese thematische Amplifizierung ist ein Kennzeichen im Buch der Richter. Ich habe versucht, dies graphisch festzuhalten:

Dies ist ein Beispiel dafür, welch literarischen Feinheiten das Buch der Richter wie einen künstlerisch gewirkten Teppich durchziehen. Eskalation ist ein Grundmuster, das in scheinbar unendlich vielen Varianten wiederholt wird. Ein Beispiel ist die Uneinigkeit im Volk selbst: Der erste Streit im Volk Israel, der zwischen dem Stamm Ephraim und Gideons kleiner Armee entsteht, scheint wie ein erster geringfügiger Riss, der aber bald ungeahnte Zerstörungskraft entfaltet. Bald ist schon Gideon versessener darauf sein eigenes Volk zu bestrafen, während sein unehelicher Sohn Israel in den ersten Bürgerkrieg (im verheißenen Land) überhaupt stürzt.  Jephtah stutzt den bis dahin einwohnerstärksten Stamm Ephraim zurecht, während bei Simson das Volk bereit ist, seinen Erlöser an die Philister auszuliefern. Am Ende des Buches ist ein ganzer Stamm vom Volk Israel beinahe ausgerottet worden. In all diesem Chaos leuchtet Gottes Gnade um so herrlicher hervor. Wahrlich wird uns “Gottes Ehre im Heil durch das Gericht” offenbart.

Wie Gott in diese Eskalation eingreift wollen wir uns im nächsten Beitrag näher betrachten.

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