Gesellschaftskritik

Die Familienwerte von Elon Musk

In der amerikanischen Rechten ist ein Kampf ausgebrochen. Zwei Vorstellungen davon, was es bedeutet, Kinder zu haben, ringen um die Vorherrschaft. Da ist auf der einen Seite die genetisch-deterministische Rechte, die Menschen mit „guten Genen“ feiert, die in oder außerhalb der Ehe zusammen Kinder bekommen – idealerweise mit Hilfe von Embryonenselektion und genetischem Screening. Auf der anderen Seite steht die kulturelle Rechte, die Ehe und Monogamie als unverzichtbare Werte ansieht. Den meisten Menschen ist nicht klar, wie bedeutend der Ausgang dieses Kampfes ist. Er wird entscheiden, welche Idealvorstellung vom Menschsein die westlichen Gesellschaften des einundzwanzigsten Jahrhunderts leiten wird.

Vor gar nicht langer Zeit galt die Rechte als Bollwerk des Traditionalismus, die einstimmig war in ihrer Unterstützung für den Wert der Familie – nicht immer in der Praxis, aber zumindest im Prinzip. Sie beklagte alleinerziehende Mütter und abwesende Väter, nicht nur aus religiöser Überzeugung, sondern weil man davon ausging, dass eine anwesende Mutter und ein anwesender Vater, die miteinander verheiratet sind, die beste Voraussetzung bieten, damit ein Kind zu einem glücklichen, produktiven und gesetzestreuen Menschen heranwächst. Doch diese Ansicht ist unter Beschuss geraten – nicht nur von der toleranten Linken mit ihrem Regenbogen von Familienformen, sondern auch von neuen Stimmen von rechts, für die die Gene das A und O sind. Sie sind überzeugt, dass die Gene einen wesentlich größeren Einfluss auf das Ergebnis haben als die Beziehung zu den Eltern.

Elon Musk verkörpert die Werte der genetisch-deterministischen Rechten. Der CEO von Tesla und SpaceX und Chef von DOGE hat zwölf Kinder mit drei verschiedenen Frauen gezeugt – zuletzt mit einer Kollegin, mit der er keinerlei Absicht hatte, eine Familie zu gründen. Eine vierte Frau, die konservative Kommentatorin Ashley St. Clair, behauptet, im vergangenen Jahr ein dreizehntes Musk-Kind zur Welt gebracht zu haben. (Musk hat zu St. Clairs Behauptung bis zum Redaktionsschluss nicht Stellung genommen).

Weit davon entfernt, ihn dafür zu tadeln, dass er von den traditionellen Normen abweicht, haben Teile der Rechten Musk gefeiert, oft mit eugenischen Begriffen. Matt Gaetz, ehemaliger republikanischer Kongressabgeordneter aus Florida, reagierte auf St. Clairs Ankündigung auf X: „Dieses Kind hat unglaubliche Gene.“ ¬ Ein anderer Nutzer erklärte: „Elon Musk handelt folgerichtig, wie man handelt, wenn man die Verhaltensgenetik ernstnimmt. Der postnatale Einfluss der Eltern ist nicht so wichtig.“

Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts fanden eugenische Ideen bei den amerikanischen Eliten großen Anklang. Die von Andrew Carnegie und John D. Rockefeller gegründeten Stiftungen finanzierten die Forschung und politische Förderung von Methoden, die versprachen, „Defekte, Delinquenten und Abhängige“ (Worte von Margaret Sanger) auszurotten. Dieselben vorgeblich wissenschaftlichen Argumente für die Verbesserung des menschlichen Bestands werden nun verwendet, um das Verhalten von Musk und anderen „Masters of the Universe“ zu rechtfertigen. Das führt zu erschütternden Schlüssen. Wenn ein Mann aus der Unterschicht viele Kinder mit verschiedenen Frauen zeugt, bezeichnet man ihn als unverantwortlich. Wenn Elon Musk eine Frau nach der anderen schwängert, ohne die Absicht, den Kindern eine stabile Familie zu geben, wird sein Verhalten als ein Akt der Wohltätigkeit gefeiert, weil er die Menschheit mit seinen großartigen Genen segnet.

Deshalb sieht man Musk nicht als einen verwirrten Menschen an, der das monogame Ideal verfehlt, sondern als Vertreter einer „Gene-sind-König“-Version der rechten „Familienwerte“.

„Wenn kommende Generationen intelligenter Menschen weniger Kinder bekommen, ist das wahrscheinlich schlecht“, erklärte Musk 2015 seiner Biografin Ashlee Vance. Einer Kollegin in seiner Neurotechnologiefirma, der Managerin Shivon Zilis, leuchtete das ein. „Ihm ist es wirklich wichtig, dass intelligente Menschen Kinder haben, deswegen hat er mich dazu ermutigt“, sagte Zilis dem Musk-Biografen Walter Isaacson. Als sie beschloss, Musks Rat zu befolgen und ein Kind mittels In-vitro-Fertilisation zu bekommen, bot Musk an, sein Sperma zu spenden. Zilis stimmte zu. „Ich kann mir keine Gene vorstellen, die mir für meine Kinder lieber wären“, sagte sie.

Wenn man von Musks zwölf (oder mehr) Kindern hört, könnte das alte Bild eines mächtigen Mannes aufsteigen, der sich einen Harem hält. Musks Version der Vaterschaft unterscheidet sich jedoch von älteren patriarchalischen Formen. Ihr geht es eher um die genetische Selbstvermehrung als um die dynastische Erbfolge. Sie ist zukunftsorientiert und setzt auf individuelle Entscheidungen und Technologie. Dieser Unterschied zeigt sich im Ansatz zur Embryonenauswahl. Denn wenn man das genetische Ergebnis maximieren will, reicht es nicht aus, einen Partner mit hohem Status zu finden – selbst wenn er der reichste Mann der Welt ist oder sie eine hochrangige Führungskraft in einem Technologieunternehmen. Man muss dann auch sorgfältig entscheiden, welchen Embryo man zur Welt bringt, und denjenigen mit den wünschenswertesten Merkmalen auswählen.

Die Möglichkeit der Embryonenauswahl erklärt vielleicht, warum alle von Musk anerkannten Kinder, mit Ausnahme des ersten, mit Hilfe fortschrittlicher Reproduktionstechnologien gezeugt wurden. Einem Bericht in The Information zufolge, einem Fachmagazin des Silicon Valley, haben Zilis und Musk das polygene Embryoscreening eingesetzt. Diese Technologie verspricht, nicht nur die Wahrscheinlichkeit vorherzusagen, dass ein Kind eines Tages Krankheiten wie Herzkrankheiten entwickeln wird, sondern auch, dass es einen hohen IQ haben wird.

Musks Ansatz zur Paarung wurde von genetischen Deterministen begrüßt. Richard Hanania, ein Schriftsteller, der häufig von der genetischen Überlegenheit des „Elite-Humankapitals“ spricht, lobte Musk als „den einzigen Milliardär, der im Einklang mit der Evolutionstheorie handelt“.

Menschen, die glauben, dass Kinder ein Geschenk und kein Produkt sind und dass die Fortpflanzung durch Sex in einer lebenslangen, exklusiven Verbindung erfolgen sollte, sehen das zwangsläufig negativer. Musks andauerndes Baby-Mama-Drama – im Februar wurde er sowohl von St. Clair als auch von seiner Ex-Freundin Grimes öffentlich gegeißelt, weil er dringende Nachrichten bezüglich seiner Kinder ignoriert hatte – verleiht seinem angeblich wohltätigen Handeln einen schlechten Beigeschmack. Selbst viele Verteidiger von Musks evolutionärem Scharfsinn sind seltsam still geworden.

Doch jeder Versuch, die genetisch-deterministische Rechte zu kritisieren, muss sich mit einem grundlegenden Problem auseinandersetzen: Viele Menschen akzeptieren ihre Prämissen. Die allgegenwärtige assortative Paarung, bei der Menschen dazu neigen, Fortpflanzungspartner aus der gleichen gesellschaftlichen Klasse zu wählen, stellt die Alltagsversion der expliziteren und technologisch unterstützten „selektiven Züchtung“ dar, die Teile der Online-Rechten befürworten.

Auch werden in den Vereinigten Staaten zwischen 67 und 85% der Kinder, bei denen durch Pränataldiagnostik das Down-Syndrom festgestellt wird, abgetrieben. Island rühmt sich, dass es das Down-Syndrom praktisch eliminiert hat, indem Kinder mit dieser Diagnose im Mutterleib beseitigt werden. Musks Reproduktionsideen mögen seltsam klingen, aber sie sind Konsequenzen der eugenischen Logik, die in den westlichen Gesellschaften bereits wirksam ist.

In Anbetracht der Tatsache, dass die Abtreibung zur Beseitigung defekter Kinder seit langem Teil einer umfassenderen progressiven Agenda ist, überrascht es kaum, dass Musk bis vor kurzem ein ziemlich typischer liberaler Demokrat war. Sein Rechtsruck beruht auf der Erfahrung, dass er „ausgetrickst“ wurde, medizinische Dokumente zu unterschreiben, die es seinem Sohn Xavier erlaubten, sich als Minderjähriger einer Geschlechtsumwandlung zu unterziehen. Musk beklagte, dass „es Erwachsenen sehr wohl möglich ist, Kinder, die sich in einer Identitätskrise befinden, dahingehend zu manipulieren, dass sie glauben, dass sie das falsche Geschlecht haben“.

Musk hat Recht, was diese Missbrauchsmöglichkeit betrifft. Aber seine Klage über Erwachsene, die ihre Kinder durch technologische Eingriffe manipulieren, kollidiert mit seiner eigenen Geschichte, in der er Technologien wie IVF und polygenes Screening eingesetzt hat, um Kinder mit den von ihm gewünschten Eigenschaften zu erzeugen. Wenn Eltern invasive medizinische Verfahren einsetzen, um ihr „Designerbaby“ zu erzeugen, warum sollte dieser Prozess dann bei der Empfängnis aufhören? Und warum sollte dieses Kind nicht eines Tages ermutigt werden, an seiner eigenen Selbstgestaltung mitzuwirken? Das Gleiche gilt für transhumanistische Ambitionen. Wenn uns Unsterblichkeit versprochen wird, indem wir unsere Identität in die digitale Cloud hochladen, warum sollten dann nicht einige ihre Identität in einen sexuell umgestalteten Körper hochladen?

Musks Vision der Fortpflanzung legt nahe, dass man den Tod mehr fürchten muss als die Schande, und dass die Vermeidung von Leid die Sünde rechtfertigt. Nun wünscht sich niemand, dass sein Kind aufgrund einer Chromosomenanomalie in ein Leben voller Leid hineingeboren wird. Jeder wünscht sich, dass sein Kind mit Eigenschaften ausgestattet ist, die die besten Aussichten auf Erfolg mitbringen. Aber die Konzentration auf die DNA, die von der genetisch-deterministischen Rechten an den Tag gelegt wird, suggeriert, dass der Erfolg eines Lebens sich durch den bloßen Besitz von körperlicher und geistiger Stärke definiert. Auch die Gleichgültigkeit gegenüber den ethischen Argumenten, die gegen IVF und die Zerstörung menschlicher Embryonen vorgebracht werden, fördert eine utilitaristische Denkweise. Echte Überlegenheit dagegen wird vom Streben nach Tugend und Rechtschaffenheit gekennzeichnet.

Eugenik erniedrigt den Menschen, auch wenn sie vorgibt, die menschlichen Möglichkeiten zu erweitern. So ist es kaum verwunderlich, dass die lobende Anerkennung von Elon Musk, dem früheren Avatar der genetisch-deterministischen Rechten, schon leiser wird. Vielleicht ist er wirklich der Gipfel des Humankapitals, wie seine Bewunderer meinen. Vielleicht wird er von einem profunden Verständnis der Evolutionstheorie geleitet. Aber bevor er ein echter Held werden kann, muss er nach einem höheren Ideal handeln.


Ein Artikel von Matthew Schmitz: „Elon’s FAmily Values“ erschienen am 17.03.2025 bei FirstThings.com. Übersetzung von Ruth Metzger.

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