„Mir ist Erbarmung widerfahren,
Erbarmung, deren ich nicht wert;
das zähl ich zu dem Wunderbaren,
mein stolzes Herz hat’s nie begehrt.
Nun weiß ich das und bin erfreut
und rühme die Barmherzigkeit.“
Die Lehre von der Auserwählung wird an vielen Stellen angegriffen, häufig weil sie missverstanden wird, häufig durch den Stolz des eigenen Willens. Sicherlich dürften viele Angriffe durch Satan moderiert werden, der sich vor der gewaltigen Trostkraft dieser Lehre fürchten dürfte. Dieser Trost findet sich an vielen Stellen, und ich möchte einen Aspekt besonders hervorheben:
Heilmittel für Verworfene
“Denn seht, eure Berufung, Brüder, dass es nicht viele Weise nach dem Fleisch, nicht viele Mächtige, nicht viele Edle sind; sondern das Törichte der Welt hat Gott auserwählt, damit er die Weisen zuschanden macht; und das Schwache der Welt hat Gott auserwählt, damit er das Starke zuschanden macht. Und das Unedle der Welt und das Verachtete hat Gott auserwählt, das, was nicht ist, damit er das, was ist, zunichtemache,” (1. Korinther 1,26–28).
Heute wird man im Allgemeinen darauf getrimmt von sich selbst überzeugt zu sein. Doch das kriegen nicht alle Menschen hin. Viele sind ständig mit der Botschaft „Du bist nicht gut genug“ konfrontiert. Das kann ganz „leicht“ im Sport-Unterricht anfangen, dass man immer nur als Letzter für eine Mannschaft gewählt und schon bald sieht man sich damit konfrontiert, dass man nicht gut genug ist: Nicht gut genug für die Eltern, als dass sie dich freundlich behandeln könnten, nicht gut genug für die Dame, die man heiraten möchte, nicht gut genug für die Beförderung, nicht gut genug für den Dienst.
Überall: „Geprüft und nicht für gut genug empfunden“, „Gewogen und zu leicht befunden“. Die Verwerfung, ob gerechtfertigt oder nicht, spüren sehr viele Menschen, und genau hier entwickelt das Wissen um die Auserwählung durch Gott seine Kraft: Es ist eine Sache, wenn der Bundestrainer Musiala und Wirtz für die Nationalmannschaft beruft. Sie haben es sich verdient, er sucht sich die Besten aus. Aber Gott ist ein ganz anderer Trainer: Für seine Mannschaft sucht er sich die unfähigsten Spieler aus:
- „Oh du bist ein unfähiger, schwacher Tropf: Ich rufe dich in meine Nachfolge“
- „Oh du bist unweise und töricht. Ich reihe dich ein in meine Bausteine und baue etwas Wundervolles aus dir“
- „Oh du bist verachtet, und wahrscheinlich auch zurecht. Ich verpasse dir die Ehre meiner Gotteskindschaft“
Ich habe mich sehr häufig in den verschiedensten Umgebungen furchtbar verworfen gefühlt. Häufig zurecht, z.B. leuchtet es mir ziemlich ein, warum mich keiner in seiner Fußballmannschaft haben wollte, gelegentlich schmerzt die Verwerfung bis heute: Z.B. leuchtet es mir nicht ein, warum ich niemals für die Kinderarbeit (für die offensichtlich echt jeder berücksichtigt wird) auch nur in Frage kam, und jede meiner Anfragen brutal abgeschmettert wurde. Am schmerzhaftesten ist die Verwerfung durch die eigenen Eltern. Sowohl Vater wie Mutter wandten sich ab. Das schmerzt! Aber es gibt die überragende „Anti-Verwerfung“: “Sogar mein Vater und meine Mutter haben mich verlassen, aber der HERR nimmt mich auf.” (Psalm 27,10, ELB 2006). Die Auserwählung durch Gott wiegt jede Verwerfung auf!
Es ist für Wirtz nicht schmerzhaft, wenn ihn unser Dorfverein, der FC Neuhausen nicht für sein Team nominieren möchte, während er gleichzeitig von Top-Teams geradezu gejagt wird. Wie viel weniger können uns auch unzählige menschliche, und somit höchstens zeitliche Verwerfungen treffen, im Vergleich zu einer ewigen und unwiderruflichen Erwählung durch Gott? Auf der einen Seite, vielleicht die Anerkennung durch einen fähigen Bruder, die uns verwehrt wird, oder die Zuneigung durch die Eltern. Auf der anderen Seite aber eine grenzenlose Hinwendung vom ewigen Gott selbst, die uns widerfährt. Er liebt uns weil er uns lieben will. Es gibt in 5. Mose 7 einen besonderen Text (ab Vers 6), wo Gott versucht Israel zu erklären, warum er sie erwählt hat: Er findet keine Gründe, weder ist das Volk treuer, noch größer, noch tüchtiger, noch sonst was. Aber einen Grund für die Auserwählung Israels durch Gott gibt es doch: „wegen der Liebe des Herrn zu euch“ Das wundert mich also nicht, dass die Eltern mich verwerfen (so einen komischen Kerl), aber das wundert mich, dass mich Gott auserwählt, für „würdig genug“ für sein Team empfindet.
Gott ist der Top-Trainer, ich passe nicht in sein Team, und gerade deswegen beruft er mich. Das zähle ich wirklich zu dem Wunderbaren. Es ist ein gewaltiger Antrieb vor herausfordernden Aufgaben, ein mächtiger Trost in herben Beleidigungen, eine beflügelnde Kraft, wenn einem die Puste ausgehen möchte.
Ich signiere schon seit Jahren meine Mails mit dem Spruch „He who rides to be crowned will not mind a rainy day“. Diese Krone, die auf mich wartet, weil Gott mich liebt, die ist wirklich nicht zu vergleichen mit irgendwelchen irdischen Leiden, Verwerfungen, Kümmernissen, Ablehnungen what ever!
Man wird mir den Vorwurf machen, dass ich in meinem Artikel die Auserwählung gerade verkehrt herum darstelle. Bedeutet die Lehre von der Auserwählung, nicht gerade, dass Gott Menschen verwirft, und sie somit eine furchtbare Lehre ist.
Hier muss ich dreierlei antworten:
Erstens: Warum Gott den einen rettet, und den anderen nicht, warum er Israel aus Ägypten führt, aber nicht Ägypten, warum er Abraham erwählt aber nicht Lot, warum er Jakob segnet aber nicht Esau, mich rettet aber nicht meine Brüder (die edler sind als ich), ist einfach sein eigener Wille und ich kann die drängenden Fragen hier nicht befriedigend (auch für mich selbst nicht, zumindest nicht immer) beantworten. Aber genau darum geht es ja, nur weil ich bestimmte Fragen dieses Theologischen Themas nicht zufriedenstellend beantworten kann, heißt es nicht, dass diese ganze Lehre ungültig wird! Wer kann die Lehre von der Dreieinigkeit oder der Natur Christi vollständig ergründen? Oder von der Inspiration oder auch nur von solchen Dingen wie der Endzeit, der Wiederkunft Christi, der Auferstehung, der Gemeinde? In allen diesen Gebieten bleiben offene Fragen, werden dadurch die Themen unwichtig oder gar ungültig? Keineswegs! Das was ich oben geschildert habe ist ja letztlich nur eine sehr einfache Anwendung von 1. Kor 1,26-28 – Ich denke ich lege die Verse bibeltreu aus, ich lese nichts unnötiges hinein, und wer ausführlicher dazu hören möchte, ich habe zu diesem Text eine Andacht gehalten (Eine Viertelstunde über unsere Erwählung in Christus) Die Kinder Gottes sind einfach seine Auserwählten, häufig sind die Begriffe synonym: Wir sind nicht nur erwählt, wir sind berufen, wir sind gewürdigt, wir sind gerufen, wir sind hineingestellt, wir empfingen eine Offenbarung. Alles Begriffe die davon sprechen, dass wir unsere „Würdigung“ nicht von uns selbst haben, sondern aus dem Freien Willen Gottes. Hier ist keine allzu komplizierte Theologie vorhanden!
Zweitens: Mache doch mal den Umkehrschluss: Erreiche die Würdigung durch die Berufung zu Christus OHNE auf den Rufenden zu blicken: Denn vielleicht bekommen wir unsere Würde ja durch unsere Entscheidung, unseren Glauben usw… Hier ist aller Trost dahin: Denn in Zeiten der Anfechtung kannst du kaum noch deine Hoffnung ganz (Elberfelder: völlig) auf die Gnade (1. Pet. 1,13), sondern musst deine Einstellung hinterfragen: War dein Glaube genug, war die Bekehrung ernst genug, war der Einsatz völlig hingegeben? Und siehe da, nicht alle beantworten diese Fragen pessimistisch und hoffnungslos. Ich habe durchaus Christen, und nicht wenige getroffen, die sich für solche geistlichen Musialas halten: Gott konnte ja gar nicht anders, als sie auserwählen. Sie sind fleißiger, tüchtiger, bußfertiger usw… gewesen. Ja sie haben sich gar selbst abgetötet! Ich weiß nicht wie ich dieser Art von Selbsterwählung begegnen kann als mit der Frage, was denn die biblische Rechtfertigung für so ein Selbstverständnis sei?
Drittens: Was macht mich zu einem Auserwählten? Es gibt hier etwas, wodurch man Auserwählung zu einer Sache erklärt, die nicht durch Glauben, Bekehrung, Buße, Wiedergeburt erreicht werden kann. So als wäre Auserwählung ein „Überglaube“ für die „Besser-Gläubigen“. Das ist eigentlich absurd. Ich verstehe, dass meine ganze These bisher eine gewaltige Angriffsfläche bietet: Was ist, wenn ich nicht weiß, ob ich auserwählt bin, ich kann mich doch nicht selbst auserwählen! Richtig, aber du kannst glauben. Etwas, was mir ein Evangelist schon vor mehr als zwei Jahrzehnten erzählt hat, verfolgt mich bis heute: Er sprach mit seinem Sohn über das Heil, dieser erwiderte: Ich kann mich doch nicht so einfach jetzt auf der Stelle bekehren, Gott muss mich doch rufen! da meinte der Evangelist: Richtig, dass kannst du nicht, aber du kannst auch nicht sagen, dass Gott dich nicht schon viele Male gerufen hätte! Das ist es, der Glaube an Christus ist ganz nah, viel unmittelbarer als wir oft meinen: Du zweifelst daran, ob Jesus dich liebt, aber er ist doch da, und streckt dir seine Nägelmale aus? Du glaubst nicht, dass du gut genug bist, um zu ihm zu kommen. Aber er ist an deiner statt gestorben, als du noch sein Feind warst! Kurz: Durch den Glauben kommst du zu Gott. Durch Glauben bekommst du all diese Privilegen. Keine Selbstzerknirschung, unendliche Selbstprüfungen und Selbstverbesserungsprojekte bringen dich auch nur einen mm näher. Aber der Glaube bringt dich zum Vollgewinn! Einst hörte ich: Jesus ist der Gute Hirte. Diese Botschaft ergriff mich, ich rief zu Jesus und gehöre nun zu seiner Herde. Nicht die Auserwählung gilt es zu suchen, sondern Christus.
Worüber ich wirklich in diesem Artikel sprach: Die Große Liebe Gottes die er zu jedem seiner Kinder hat. Diese hat er nicht ,weil wir uns so toll bekehrt haben, oder einen großartigen Dienst leisten, oder eine hohe Veränderung geloben. Er hatte diese gleiche Liebe zu uns, als wir noch seine Feinde waren. Ich glaube ich könnte viele für mein Anliegen gewinnen, wenn ich eine relativ einfache Sache beweisen oder klar und einfach darlegen könnte: Die Liebe Christi ist uns (und ich meine seinem Volk) zugewandt, und zwar anders zugewandt als der ganzen Welt. Es ist ja eigentlich einleuchtend, dass Gott die Gemeinde anders liebt als die Welt. Nicht alle Verheißungen gelten allen Menschen unterschiedslos. Nimm Jer, 31,3: „Ich habe dich je und je geliebt, darum habe ich dich zu mir gezogen aus lauter Güte“. Diese Zusicherung der Liebe Gottes gilt doch nicht allen und jeden unterschiedslos. Sie gilt seinem Volk! Und nun ist es nur noch ein weiterer Schritt: Ab wann hatte Gott diese Liebe zu seinem Volk: Erst als es sich „zu seinem Volk“ erklärte? nein „je und je“ schon immer, noch bevor es dieses Volk auf Erden gab. Die Liebe Christi zu seiner Braut, seiner Gemeinde, existierte ja schon vor Grundlegung der Welt. Hier findet sich finde ich ein äußerst mächtiger und gleichzeitig verständnisvoller Zugang zur Lehre von der Auserwählung. Freilich wird man darüber nachdenken und beten müssen, damit das wirklich seine Kraft entfalten kann.
Ja , darüber sollte man viel nachdenken und noch mehr in Dankbarkeit beten.