Geistliche Leiterschaft bricht womöglich das Herz…

…und ist doch immer voller Hoffnung

Jon Bloom

Immer dann, wenn ein selbstsüchtiger Sünder mit der Aufgabe betraut wird, andere selbstsüchtige Sünder in eine auf Gott ausgerichtete Richtung zu führen – sei es in Familien, Freundschaften, Hauskreisen, Gemeinden oder größeren Bewegungen – wird es Schwierigkeiten geben.

Nehmen wir zum Beispiel Mose. Kein anderer Anführer im Alten Bund war so sanftmütig wie Mose (4Mo 12,3), hatte innigeren Umgang mit Gott (2Mo 33,11) und wurde von jenen, die er anführte, ungerechtfertigter und schärfer kritisiert.

Hier eine Übersicht darüber, was Mose als geistlicher Leiter erlebte:

  • Zuerst stellten sich die Israeliten hinter ihn (2Mo 4,31), aber als der Pharao ihre Arbeit erschwerte, verloren sie den Glauben (2Mo 5,21).
  • Dann war Mose nach dem Passah ihr Held (2Mo 12,28)! Mit dem Auftauchen der Armee des Pharao am Ufer des Meeres verflüchtigte sich das jedoch sehr schnell (2Mo 14,11).
  • Dann öffnete sich das Meer für sie und begrub die Ägypter unter sich: Mose war der beste Anführer aller Zeiten (2Mo 14,31). Na ja, zumindest bis sie nach Mara kamen und bitteres Wasser vorfanden (2Mo 15,24).
  • Aber Gott machte das Wasser süß – wie großartig war das denn! Jedenfalls so lange, bis sie Hunger bekamen. Mose Beliebtheitswerte stürzten ins Bodenlose (2Mo 16,2).
  • Dann fiel Manna, einfach wunderbar! Bis sie wieder Durst bekamen. Jetzt wollten sie Mose sogar steinigen (2Mo 17,4).
  • In 2. Mose 18 strapazierten sie Mose mit ihren Streitigkeiten. Gott sei Dank gab es Jethro!
  • Dann verweilte Mose mit Gott länger auf dem Berg Sinai. Das brachte ihm ein „Misstrauensvotum“ ein und das Volk wählte ein goldenes Kalb zum Anführer (2Mo 32). Nicht gerade ein hohes Ansehen bei der Mehrheit.
  • Dann wurden sie krank und hatten es satt, ständig dieses langweilige, alte Wunder-Manna zu essen. Also schrie Mose zu Gott: „Ich allein kann dieses ganze Volk nicht tragen, denn es ist mir zu schwer. Und wenn du so mit mir tust, dann bringe mich doch um“ (4Mo 11,14-15). Auweia. In seiner Barmherzigkeit gab Gott Mose einige Älteste.
  • Dann kam zu den Kränkungen auch noch Herzeleid hinzu: Aufgrund seiner Ehe mit einer Angehörigen eines anderen Volkes stellten sich Miriam und Aaron in aller Öffentlichkeit gegen Mose (4Mo 12).
  • Als nächstes erstatteten die zwölf Kundschafter ihren Bericht vom Verheißenen Land. Das Volk drohte, Mose und Aaron abzusetzen und Josua und Kaleb zu steinigen (4Mo 14).
  • Dann führte Korah einen Aufstand an und Gott löschte die Aufständischen aus. Aber das Volk beschuldigte dafür … ganz genau: Mose (4Mo 16,41).
  • Dann wurden sie in Meriba wieder durstig. Also murrten sie gegen Mose, der seine Beherrschung verlor und gegen den Felsen schlug. Das Volk bekam Wasser, Mose hingegen wurde der Zutritt ins Land Kanaan verwehrt (4Mo 20).
  • Man sollte meinen, dass die Lektion gesessen hatte, aber wiederum beschwerte sich das Volk bei Mose wegen Essen und Trinken. Und sie bekamen feurige Schlangen (4Mo 21).
  • Und nach all dem lehnten viele Israeliten den Herrn ab und warfen sich Baal in die Arme (4Mo 25). Seufz…

Mose ist eine Erinnerung daran, dass geistliche Leiterschaft schwer ist und einem manchmal das Herz bricht. Widrigkeiten und Feindschaft begleiten sie. Ein Prophet wird vielleicht geehrt, aber normalerweise nicht unter denen, die ihn am besten kennen (Mt 13,57).

Wenn wir also solche Dinge glauben, wer um alles in der Welt wird dann noch ein christlicher Leiter sein wollen? Nur ein Diener (Mt 23,11).

Ein dienender Leiter:

  • hofft wie Jesus nicht auf Anerkennung von den Menschen (Joh 2,24-25), er hofft auf Gott (Ps 43,5);
  • lebt nicht in einer Verteidigungshaltung, sondern überlässt seine Rechtfertigung Gott (Jes 54,17);
  • lehrt und lebt wie Mose treu durch Gottes Wort (5Mo 32,47);
  • hofft nicht auf seine eigene Begabung, „sondern auf Gott, der die Toten auferweckt“ (2Kor 1,9);
  • glaubt, dass er Gottes „Gebilde [ist], in Christus Jesus geschaffen zu guten Werken“ (Eph 2,10);
  • glaubt, dass in seinem Werk immer Gott am Wirken ist (Phil 2,13);
  • glaubt, dass demütiges, treues Pflanzen und Begießen (1Kor 3,6) im Vertrauen auf Jesus Frucht hervorbringen wird (Mt 25,21), selbst inmitten schmerzhafter Diskussionen und Widerstand;
  • glaubt schließlich, dass das Kreuz Jesu – die schlimmste Ablehnung, Widrigkeit und Feindschaft, der sich jemand jemals stellen musste – und sein Sieg über den Tod die Garantie für uns sind, dass ein Werk, das im Herrn getan wurde, niemals vergeblich sein wird (1Kor 15,58).

Geistliche Leiterschaft ist vielleicht hart und bricht einem das Herz. Sie ist jedoch immer voller Hoffnung, und zwar wegen des Ortes, an welchem die Hoffnung ihren Anker hat. Mose Belohnung war nicht die Bewunderung des Volkes. Nicht einmal das Verheißene Land! Gott war seine Belohnung (Hebr 11,26). Und jeder dienende Leiter, dessen Belohnung Gott ist, kann die Stürme mit einem Glauben und einer Freude meistern, die alles überwinden.

Jeder Anführer dessen Belohnung etwas anderes ist, wird nicht lange bestehen.

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­­­­­­­­­­­­­ Artikel von Jon Bloom, Spiritual Leadership May Be Heartbreaking, but It Is Always Hopeful, erschienen am 17.02.2012. Übersetzt von Viktor Zander. Übersetzung und Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von DesiringGod.org.

 

 

 

 

 

2 Kommentare

  1. Ich habe den Text extra 2 mal gelesen und bin baff:
    Mose, ein sanftmütiger Leiter und erslchägt einen Aufseher. Mose wollte am Anfang nicht und ging erst als Aaron mitkam usw. Von Mose, der ein Mann voller Fehler, Schwächen und Sünde war, wird nur ein komplett positives Bild gezeichnet. Mose war beides wie viele andere Glaubenshelden aus Hebräer 11 eben auch. In gerade diesem Text will uns Gott sagen: Ich kann mit Dir etwas anfangen auch gerade mit Deinen Brüchen und Fehlern wenn Du mir vertraust. Deshalb war kein biblischer Leiter aus der Bibel außer Jesus auch ohne Fehler um uns Mut zu machen auch gerade für Leitungsaufgaben
    Aber viele Leiter fühlen sich auf einem solchen Sockel wie dargestellt viel wohler. Sorry, aber diese Haltung birgt die Gefahr des Stolzes und deshalb auch den Scheiterns in sich. Ich fühle mich beim kompletten Mose viel besser aufgehoben

    1. Danke für deinen Kommentar. hmmm…was sollen wir jetzt machen? 4.MO 12,3 aus dem Kanon nehmen? Ich wäre mir auch mit dem “erschlägt einen Aufseher” nicht so sicher. Zumindest Stephanus interpretiert das in siener Predigt in Apg. 7 anders. Das der Artikel keine vollständige Lebensgeschichte darstellt, dürfte auch offensichtlich sein. Ich bezweifele das Bloom hier Hagiographie betreibt, oder die implizite Christologie wie von dir angedeutet, leugnen würde.
      Schließlich, um zu Apg. 7 zurückzukehren, stellt eben Stephanus das gottlose Verhalten des Volkes gegenüber dem von Gott gesandten Mose gegenüber. (Wobei das alles bei weitem nicht die einzigen Fälle sind, auf denen das AT vorbildhaft auch für das ethische Verhalten vorgehalten wird. Gedenket an Lots Frau sage ich da bloß). Gut möglich, dass diese “Haltung die Gefahr des Stolzes birgt”, aber, sorry deine Gegendarstellung birgt die Gefahr der Gleichgültigkeit.

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