Halbzeitanalyse

Halbzeitanalyse(I): Keep the Fire Burning

“Ooh
Keep the fire burnin′
Let it keep us warm
The world will keep on turnin’
Let it turn you on”

REO Speedwagon in “Keep the Fire burning”

Dieses Jahr bin ich 35 geworden und habe mit einigen Freunden diesen Punkt meines Lebens feiern können. Ich finde 35 ist eine sehr treffende Zahl, die letztlich die erste Halbzeit des Lebens beendet, und die zweite einläutet. Lebensmitte. Keine Garantie, dass die zweite Halbzeit nicht vorzeitig beendet wird, und vielleicht gibt es ein paar Minuten Nachspielzeit. Aber die erste Halbzeit dabei. Das löst unterschiedliche Gedanken, Empfindungen, Ideen in mir aus, über die ich gerne berichten möchte. Man ist nun definitiv nicht mehr jung/jugendlich(what ever), sondern “erwachsen”.

Tatsächlich habe ich schon einige Zeit (tatsächlich schon einige Jahre) über eine Studie in dieser Art einer “Hablzeitanalyse” nachdgedacht. Das Spiel war hart, einige Treffer wurden platziert, aber man musste auch einiges einstecken. Gleichzeitig ist die Kraft nicht mehr ganz so frisch und es wäre fatal ohne Vorbereitung in die zweite Häfte des Spiels einzutreten. Ich möchte somit “lessons learned” aus der ersten Halbzeit besprechen, aber auch über Sorgen vor der bestehenden zweiten Hälfte sprechen.

Für diesen ersten Post möchte ich über eine Befürchtung nachdenken, die mich schon immer wieder erschüttert. Es ist die Furcht vor “glimmendem Feuer”.  Lasst mich erläutern: Natürlich gelten junge Leute als frisch, sie scheinen noch “Ideale” zu haben. Ich kann mich durchaus an eine ganze Menge Konflikte als Teen/Jugendlicher/Jungverheirateter mit “Erwachsenen” erinnern, die immer in diesem Raster abgelaufen sind: Dies oder das sage man, lebe aus und/oder vertrete man eben nur weil man noch “idealistisch” sei, oder nichts vom Leben verstehe, oder “grün hinter den Ohren”. Die Anzahl geführter Konflikte dieser Art war rückblickend Legion. Und betraf eine ganze Menge Lebensbereiche. Wenn es nicht lächerlich wäre, als 35-Jähriger vom “Erwachsen-Werden” zu sprechen, würde ich meinen, dass genau das die schlechteste Reklame für “des Alters Tat und Rat” und die “Weisheit des grauen Haares” ist, wenn Erwachsen werden bedeutet, dass man letztlich keine Ideale mehr besitzt. Das einen nichts mehr bewegt, als die nächste Anschaffung, die nächste Erholung oder das nächste Dinner. Dass einem letztlich nichts mehr wichtig ist (außer sein Geld und vielleicht das Wohlbefinden seiner Kinder?).

Das beunruhigt mich schon und gerade im wichtigsten Lebensbereich des Glaubens: Natürlich war mein Eifer für Christus in den ersten Lebensjahren nach der Bekehrung oftmals ein “Eifer mit Unverstand”. Ich war theologisch ungründlich, oft impulsiv, habe mir einige wirklich grobe Schnitzer erlaubt und mich gleichzeitig für auf dem absolut wahrstem Wege gehalten. Aber es war eben ein brennen da. Vielleicht ist ein Eifer mit Unverstand besser, als ein Verstand ohne Eifer? Es beunruhigt mich ungemein, dass ich als Teen mehr und eifriger missioniert (obwohl ich kaum den Weg des Evangeliums erklären konnte) und eifriger in der Bibel las (obwohl ich ein furchbarer Ausleger war).  Um ein konkretes Beispiel zu nennen: Als Jugendlicher las ich in der Bergpredigt, dass unsere “Frömmigkeit” besser sein muss als die der Pharisäer. Gleichzeitig las ich, dass die Pharisäer zwei Mal die Woche fasteten. Das bedeutete für mich, dass ich eine lange Zeit meiner Jugendzeit drei Mal die Woche fastete. Man kann das furchbar pharisäisch deuten, oder eben furchtbar eifrig. Mein letztes Fasten ist nun eine wirklich beunruhigend lange Zeit her. Was bringt es mir im Gegenzug, dass ich die Bergpredigt nun besser verstehe als damals?

Gerade angesichts der Tatsache, dass erst eine Halbzeit vergangen ist, beunruhigt es mich, dass das Feuer irgendwann ganz ausgehen könnte. Ist die Flamme erst einmal weg, hören auch die Kohlen irgendwann auf zu glühen. Noch beunruhigender empfinde ich, dass mir nicht wirklich etwas einfällt, um das Feuer zu schüren. Mir scheint auch, dass ich nicht etwas Untypisches beschreibe, sondern eher den “Weg alles Fleisches”. Ist der Eifer erstmal weg, bleibt alles “coole” Routine. Alles im Griff! Gleichgültigkeit getarnt als Kontrolle. Aber bedeutet nicht der allgegenwärtige Apell im konservativen Christentum “gegen den Strom zu schwimmen” und “nicht weltlich” zu bleiben, dass man sich dieser erwarteten Routine verwehrt? Ich bin überzeugt davon, dass es genau darum geht, nicht in ein behagliches religiöses oder frommes (wähle das Wort deiner Wahl!) Leben zu rutschen, dass nicht mehr erschüttert ist vom Wort Gottes. Das ist vielleicht das, was ich von den ersten Leuchtfeuerjahren am meisten vermisse: Die Erschütterung vor dem, was Gott uns sagt.

Ich muss gestehen, dass selbst dieser Artikel bereits ein Versuch ist, weiter Brennmaterial ins Feuer zu werfen. Und ich habe durchaus  einige Ideen mehr. Aber die wirklich zündende Idee, die suche ich noch. Was ist eure Strategie, euer Feuer für Gott weiter am Brennen zu erhalten?

 

3 Kommentare

  1. Ich hab´s mal irgendwann so geschrieben:

    Strohfeuer
    Als mein Herz dir entgegen flog,
    sagten manche: Ein Strohfeuer.
    Sie vergaßen: Bei dir sind
    auch Dornbüsche erstaunlich haltbar.
    Es liegt am Feuer, nicht am Stroh,
    dass es immer noch brennt.

    Und ansonsten ist das “EINANDER ERMAHNEN” die beste und erprobte Empfehlung: Hebr 10,24 Lasst uns aufeinander achtgeben, damit wir uns gegenseitig anspornen zur Liebe und zu guten Werken, indem wir unsere eigene Versammlung nicht verlassen, wie es einige zu tun pflegen, sondern einander ermahnen, und das umso mehr, als ihr den Tag herannahen seht!

    1. Judith sagt:

      Am Weinstock bleiben. Die Waffenrüstung bewusst anlegen-es ist ein tägliches Kämpfen. Ich erlebe es so, dass Gott uns Situationen schickt, die Brennmaterial für unser Feuer bieten.

  2. Judith sagt:

    Nachtrag: Matthäus 6,33-34

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert