Saul, eine tragische Entwicklung

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Saul und David, Gemälde von Rembrandt
1 Samuel Kap.9,1.Es war aber ein Mann von Benjamin mit Namen Kis (…) 2. Der hatte einen Sohn mit Namen Saul; der warein junger schöner Mann, und war kein schönerer unter den Kindern Israel, eines Hauptes länger denn alles Volk. 3. Es hatte aber Kis, der Vater Sauls, seine Eselinnen verloren; und er sprach zu seinem Sohn Saul: Nimm der Knechte einen mit dir, mache dich auf, gehe hin und suche die Eselinnen. 4. Und sie gingen durch das Gebirge Ephraim und durch das Land Salisa und fanden sie nicht; sie gingen durch das Land Saalim, und sie waren nicht da, sie gingen durchs Land Benjamin, und fanden sie nicht. 5. Da sie aber kamen ins Land Zuph, sprach Saul zu dem Knechte, der mit ihm war: Komm, laß uns wieder heimgehen; mein Vater möchte von den Eselinnen lassen und um uns sorgen. 6. Er aber sprach: Siehe, es ist ein berühmter Mann Gottes in dieser Stadt; alles, was er sagt, das geschieht. Nun laß uns dahin gehen; vielleicht sagt er uns unsern Weg, den wir gehen. 7. Saul aber sprach zu seinem Knechte: Wenn wir schon hingehen, was bringen wir dem Mann? Das das Brot ist dahin aus unserm Sack; so haben wir sonst keine Gabe, die wir dem Mann Gottes bringen. Was haben wir? 8. Der Knecht antwortete Saul wieder und sprach: Siehe, ich habe ein Viertel eines Silberlings bei mir; das wollen wir dem Mann Gottes geben, dass er uns unsern Weg sage. (…) 10. Saul sprach zu seinem Knecht: Du hast wohl geredet; komm laß uns gehen! (…) 20 Und um die Eselinenen, die dur vor drei Tagen verloren hast, bekümmere dich jetzt nicht: sie sind gefunden. Und wes wird sein alles, was das Beste ist in Israel? Wird’s nicht dein und deines Vaters ganzen Hauses sein? 21. Saul antwortete: Bin ich nicht ein Benjaminiter und von einem der geringsten Stämme Israels, und mein Geschlecht das kleinste unter allen Geschlechtern der Stämme Benjamin? Warum sagst du denn mir solches? (…) 25. Und da sie hinabgegangen waren von der Höhe zur Stadt, redete er mit Saul auf dem Dache

Ein tugendhafter Mann

Obwohl Saul uns als junger, schöner Mann beschrieben wird, finden wir in Kapitel 9 nichts von Hochmut oder Eigenwilligkeit in Sauls Leben. Als Eselinnen seines Vaters verloren gehen, macht er sich umgehend auf eine intensive Suche nach denselben. Zwei ganze Verse widmet die Bibel den Orten, die Saul und sein Knecht im Laufe von drei Tagen durchsuchten. Das wenige Proviant war schnell verbraucht, auch war Saul wohl eher gutmütig veranlagt und nahm kein Geld auf seine Expedition mit. Die Geschichte klingt unfassbar idyllisch, als Saul bei seinem Knecht Geld leihen muss, um dem „Seher“ Saul eine Gabe darreichen zu können.  Dabei war dselbst das Geld eine äußerst kleine Gabe. Saul ist hier ein Mann, der sich was sagen lässt, als der Knecht eine Idee hat, schaut er nicht auf ihn herab sondern nimmt Rat an.  In der Stadt dahin sie kamen, hat Samuel ihn bereits erwartet, den das Abenteuer  mit den Eseln war eine Führung Gottes.  Vor dreißig Gästen wird Saul ein Ehrenplatz zuteil, was ihn besonders verwundert haben wird, den Saul war klar, dass der Stamm Benjamin im Volke Israel seit der Beihnaheausrottung durch die anderen 11 Stämme (Richter 19-21) kaum noch eine Bedeutung spielte. Ein Ereignis, das noch nicht so lange her war, und an welches man sich sicher mit Erschaudern in seiner Verwandtschaft erinnert hat. Nach dem Mahl verbringt Saul persönliche und private Gemeinschaft mit Samuel  „auf dem Dach“ (V.26). Über den Inhalt schweigt die Schrift, aber eine Sache wird deutlich, er konnte mit Samuel sprechen, und dass man von Samuel etwas über Gott lernen konnte, war allgemein bekannt.
Lasst uns die positiven Eigenschaften Sauls auflisten:

  • Er unterstützt seine Familie bei seinen Aufgaben und ist seinem Vater gehorsam
  • Er erfüllt seine Aufgabe äußerst gewissenhaft
  • Er nimmt Rat von anderen, auch Niederstehenden an
  • Er bildet sich nicht viel auf sein Äußeres ein
  • Ihm ist die Niedrigkeit seiner Herkunft bekannt
  • Er lässt sich von Männern Gottes von Gott erzählen und hat mit Gläubigen Gemeinschaft

Wenn überhaupt etwas negativ erscheint, dann das Saul zu sehr von den Umständen getrieben wird, und womöglich zu wenig eine Eigeninitiative ergreift.
Später lesen wir noch von weiteren edlen Eigenschaften,

  • Als er öffentlich zum König gekrönt wird, protzt er nicht mit dieser hohen Würde. (1. Sam 10,22-23)
  • Als nicht alle bereit sind, ihn zu akzeptieren und ihn verachten, „tat er, als hörte er’s nicht“ (1.Sam 10,27)
  • Als ein großer Sieg gelingt und man die Spötter lynchen will, zeigt er Großmut gegenüber seinen Verächtern. ( 1.Sam 11,13)

Insgesamt konnten wir neun  positive Eigenschaften Sauls auflisten. Das er trotzdem stürzte, mahnt einen jeden von uns, dass wir nur aus Gnaden selig werden und unsere Errettung nicht auf uns bauen dürfen.

Der tiefe Fall

Die Bibel berichtet uns, dass sein Fall unfassbar schnell vor sich ging. Kaum legt Samuel sein Richteramt nieder (1. Samuel 12), kommt es zum vor eiligen Opfer Sauls. Das ganze Volk verzagte, denn während die Philister sich zum Krieg rüsteten, wartete das Volk Gottes. Es wartete eins, zwei, drei, vier, fünf,sechs Tage. Als sich aber am siebten Tage die „Männer Israels (…) verkrochen in die Höhlen und Klüfte“, weil „dem Volke bange“ war (1.Sam 13,6) wurde der Druck für Saul zu groß und er wagte ein Greuel: Er opferte selbst. Hiermit brach er ein großes Tabu, Opfer waren nämlich nur Priestern vorgesehen. Hier fing sein Fall an, offenbarte er nämlich die größte Schwäche Sauls: Zu Gott und seinen Geboten hatte er keine direkte Beziehung. Hätte er diese, wäre ihm der einfache Sachverhalt klar gewesen, dass Gehorsam wichtiger ist, als eine Zeremonie. Das Volk Israel hat erst vor kurzem festgestellt, wie gravierend es ist, zu denken, dass bestimmte Traditionen Gottes Gunst wiederherstellen können. Man nahm die Bundeslade mit in eine Schlacht und erlebte eine Niederlage sondergleichen.  Auch Sauls voreilige Tat kostet ihn nicht nur das Reich sondern auch beinahe die Schlacht. Drei Haufen der Philister verheeren das Land (1. Sam 13,17) und nur eine tollkühne Heldentat Jonathans verhindert Schlimmeres (1. Sam 14), bei der Saul ebenfalls nicht besonders weise handelt.  Sauls Fall geht weiter, wieder spielt er mit der Beziehung zu Gott und nimmt Gottes Gebote nicht so ernst, und ließ die Tiere und den König der Amalekiter am Leben.  Nun geht es Schritt für Schritt in den Untergang: Davids Sieg gegen Goliath schürrt seine Eifersucht, und anstatt einen tüchtigen Kriegsmann in seinen Reihen zu haben um die Philister zu bekämpfen, verschwendet Saul nun seine Energie für die (vergebliche) Jagd nach David. Saul wird grob zu seinem Sohn, schlachtet Priester aus und sucht Ratschläge bei Wahrsagern. Kläglich stirbt er in einer Schlacht gegen die Philister:
Seht wie alle neun Tugenden umgewandelt wurden:

  • Saul verachtet Jonathan für seine Freundschaft mit David und unterstützt ihn nicht in einer entcheidenden Schlacht gegen die Philister
  • Gegen die Amalekiter lässt er Gewissenhaftigkeit bei der Erfüllung seiner Aufgaben vermissen
  • Er missachtet den Rat Samuels mehrfach
  • In seiner letzten Schlacht begeht er lieber Selbstmord, als „durch Unbeschnittene“ ermordet zu werden. Der Schein ist ihm selbst hier äußerst wichtig
  • Von der Niedrigkeit seiner Herkunft will er nichts wissen, und will seinen Thron mit aller Gewalt halten
  • Er lässt die Priester eiskalt ermorden und sucht keine Gemeinschaft mehr mit Männern Gottes
  • Er will die hohe Würde unbedingt vor den Leuten wahren
  • Er achtet peinlich darauf, wer ihm Volk gelobt wird, und will hier als erster genannt werden.
  • Er zeigt wenig Großmut gegenüber David und anderen Menschen

Eine 180° Wendung fand statt, jedoch nicht zum Guten. Der Fall kam, nicht weil Saul Charakterschwächen hatte, oder manche Tugenden vergaß, sondern weil seine Tugenden nicht in Gott wurzelten. Am deutlichsten, wird es, wenn wir nocheinmal zurückspulen: Als Samuel zu Saul mit einem Urteil tritt, klingt aus Sauls Mund:
„ Ich habe gesündigt; aber ehre mich doch jetzt vor den Ältesten meines Volks und vor Israel und kehre mit mir um, dass ich den Herrn, deinen Gott, anbete“  !. Samuel 15,30
Beachtet den Wandel: Saul geht es nicht mehr um Gott, sondern darum, vor den Ältesten Israels nicht blamiert zu werden. Als er zum König geweiht wurde, dachte er nicht so. Zusammenfassend lässt sich festhalten, das Saul einen Wandel von der Aufrichtigkeit zur Unaufrichtigkeit begangen hat. Selbst der Gottesdienst Sauls geschah in taktischen Überlegungen. Gespräche mit Geistlichen wurden im Blick auf den Karrierestand geführt und mögliche Konkurenz musste schon im Keim erstickt werden. Saul konnte es nicht ertragen, sein wahres Inneres den Menschen um Ihn herum zu zeigen. Er war sogar bereit, einen für ihn fremden Gott (Beachte: dass ich den Herrn deinen Gott, sagt Saul) anzubeten, um seinen Ruf oder Stand zu retten.

Ein Vergleich mit dem Herrn Jesus Christus.

Jeder König in Israel steht auch immer im Vergleich mit dem König aller Könige, nämlich Jesus Christus.  Jesus stand ständig in der Gefahr missverstanden zu werden, den sowohl Neider, wie auch törichte Sünder gab es in Maßen um Ihn herum. Und doch entschied er sich immer für den Willen Gottes. Jesus widersprach nicht, als er ungerecht gescholten wurde. Saul widersprach als er gerechterweise gescholten wurde. Jesus suchte den Namen Gottes groß zu machen, Saul suchte seinen Namen zu erhalten. Jesus wurde von den Menschen verworfen, Saul wurde von Gott verworfen. Wie wurde Jesus angenommen? Doch so wenig, dass er selbst zeugte (Markus 14:27): Und Jesus sprach zu ihnen: Ihr werdet euch in dieser Nacht alle an mir ärgern; denn es steht geschrieben: „Ich werde den Hirten schlagen, und die Schafe werden sich zerstreuen.“  Und doch war es auch Jesus, der am Kreuze sprach „Es ist vollbracht“.  Saul hat sein Werk nicht vollbracht. Ein Hauptgrund davon war, dass er sich vor Menschen fürchtete, und dabei die Gottesfurcht vergaß.

Apell

Wie oft dominiert in unserem Leben Menschenfurcht. Etwas zu tun, „damit der andere zufrieden ist“ ist bereits Menschenfurcht, denn das Zentrum des Tuns ist von Christus weg. Wie oft steht diese Versuchung vor der Tür. Wie oft kippt das Pendel dann aber wieder auf die andere Seite, wo wir einfach tun wollen, was uns selbst gefällt, und uns als „freie Menschen“ verkaufen, dabei aber unsere eigene Sklaven werden. Der wirklich freie Mensch ist gebunden an das Wort Gottes und sieht auf nichts mehr, als die Ehre Gottes.
Schließen möchte ich mit dem Westiminster Katechismus: Das höchste Ziel des Menschen ist, Gott zu verherrlichen und sich für immer an ihm zu erfreuen.

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