Vereinigung mit Christus

Ich bin mir nicht sicher, wie man das Konzept der Union with Christ im deutschen richtig übersetzt und wiedergibt, habe mich aber für das auch leicht intim und mystisch klingende  Wort “Vereinigung” für das Konzept entschieden, dass ich im folgenden beschreiben möchte:

Das  Christen mit Christus verbunden sind, finden wir an zahlreichen Stellen der Schrift: Jesus spricht davon, dass er der Weinstock ist und wir die Reben sind (Joh. 15,1-4). Die Vereinigung mit Christus ist in diesem Fall notwendig, um überhaupt Frucht bringen zu können. In einem anderen Fall gelten die Gläubigen als der Leib Christi, während Christus selber das Haupt ist (Vgl. 1. Kor 12,27; Eph. 1,22; Eph. 4,15). Auch in diesem Fall ist das Ziel der Christen zu Christus “hinzuwachsen”. Oder denken wir daran, dass sowohl Christus der Tempel ist( z.B. Joh. 2,19-22, aber auch Parallelstellen dazu) , wie auch wir Christen (1. Kor. 3,16-17). Petrus bringt diese beiden Bilder geschickt zusammen, indem er Christus zum Eckstein erklärt und uns Christen aufruft sich auf diesem zu bauen (1. Pet. 2,6-10). Petrus entwickelt das Motiv des Heiligtums in den darauf folgenden Versen entsprechend zur Berufung zum Priestertum weiter und unterstreicht die alttestamentlichen Prophezeiungen dieser Realität. Von exakt diesem Bau zeugten die Propheten.

In den Bildern von Ehe, Weinstock und Tempel  ist eine untrennbare Verbindung gegeben, die aber die Vorherrschaft immer Christus gibt. Es fällt schon bei den wenigen genannten Stellen auf, wie die Vereinigung mit Christus ein Motiv und Antrieb für die Heiligung ist. Der reformierte Theologe G.D. Krummacher entwickelt genau diese Verbindung in dieser Predigt. Man entdeckt diese Vereinigung oder Verbindung mit Christus auch an weniger zu erwartenden Stellen, z.B. als Jakobus streitende und neidische Christen zurechtweist: In Jak. 4.4 heißt es dann: “Ihr Ehebrecher, wisst ihr nicht, dass Freundschaft mit der Welt Feindschaft mit Gott ist? Wer der Welt Freund sein will, der wird Gottes Feind sein.” Um Ehebrecher zu werden, muss man natürlich im Ehebund sein und entsprechend erinnert Jakobus seine Leser daran, wie fatal Sünde und Weltfreundschaft ist. Sie ist Beziehungs- und Bundesbruch. Entsprechend folgt auf diesen Vers wohl die drastischste Beschreibung einer Buße im ganzen Neuen Testament (Jak. 4,7-10). Die Notwendigkeit eine gebrochene Beziehung unbedingt wiederherzustellen ist hier Grundlage einer radikalen Umkehr.

Ich finde dieses Thema äußerst fruchtbar und hilfreich in Zeiten der Not, des Zweifels und der Unsicherheit. Mit wie vielen Stellen können wir uns an die untrennbare Bindung an Christus erinnern, wenn wir am verzweifeln sind? Sind wir mit Texten ausgerüstet, um unseren Nächsten in seinen Kämpfen zu stärken?

Die Vereinigung mit Christus begegnet uns aber auch in den Sakramenten der Taufe und des Abendmahls: So sind wir in der Taufe ja mit seinem Tod untrennbar verbunden (Röm. 6,3) und erwarten nun die Auferstehung, die Christus schon erlebt hat. Vor allem 1. Kor. 10,16-17 sprechen über die Gemeinschaft des Leibes Christi im Brotbrechen. Hier werden wir des Leibes und des Blutes Christi teilhaftig (Nein, man muss kein Lutheraner sein, um so etwas zu schreiben). Alles Bilder einer intimen, privaten Zugehörigkeit und Gemeinschaft. Das Christentum ist also durchaus auch ein exklusiver Kreis. Nur die, die dazugehören, dürfen auch vom Brot essen und vom Kelch trinken.

Vereinigt mit Christus zu sein bedeutet auch mit allen anderen Christen vereinigt zu sein (ebenfalls 1. Kor. 10,16-17). Jeder der christliche Gemeinschaft erlebt hat, kennt um die unsichtbaren Banden, die Christen über die Grenzen, Zeiten und Denominationen hinweg miteinander verbinden. Wir sind Christi Braut, wie auch Abel, Noah, Abraham, Isaak, Jakob, Thamar, Rahab,Maria,Petrus und allen Gläubigen der ganzen Welt. Wir warten auf die Hochzeit Christi um eine nie endende Party gemeinsam vereint zu feiern.

In baptistischen Gemeinden ist es üblich, sehr stark die Ortsgemeinde gegenüber der weltweiten Gemeinde zu betonen . Hier kann die Neuentdeckung der Vereinigung mit Christus ein heilendes Korrektiv sein. Dies kann sowohl die Gemeinschaft der Christen untereinander in Hauskreisen, Gebetsgruppen und einfachen Treffen zum Bibellesen fördern, da wir nicht mehr auf einen Ort angewiesen sind, um mit Christus verbunden zu sein. Es verändert aber auch unsere Haltung gegenüber anderen Christen. Wir suchen nach Anschluss und Verbindung zu dem einen Haupt in unseren Begegnungen mit anderen Christen.

Schließlich aber lässt uns die Vereinigung mit Christus etwas ganz neu entdecken: Es war nicht so, dass Gott sich gedacht hat, wie er uns seine Liebe zu uns Christen erklären kann und dann dachte, ok ich vergleiche meine Liebe mal mit der Liebe eines idealen Gatten zu seiner Frau. Nein, Gottes Liebe war schon vor Ewigkeit da und jede Ehe ist nun dazu berufen, diese Liebe Christi zu seiner Gemeinde zu reflektieren. Die geistliche Realität bestand vor Grundlegung der Welt und eine Reflexion dieser lässt sich immer noch in jeder Ehe finden. Entsprechend ahndet die Bibel Ehebruch äußerst scharf (in dem Gesetz Gottes ein Kapitalverbrechen), da hier die Treue Christi zur Gemeinde das maßgebende Beispiel ist.

Ein gelungener und sehr verständlicher Einstieg zur Union with Christ, mit zahlreichen praktischen Ausführungen findet sich im Werk “Ganz sicher” von S. Ferguson. Aus unserer Vereinigung mit Christus dürfen wir unseren ganzen Trost und unsere Kraft beziehen. Deutlich umfangreicher, mit einem Schwerpunkt auf persönliche  Heiligung bauen Lane und Tripp ihr Buch “Alles anders – aber wie” auf. Einige der in diesem Artikel geschilderten Gedanken habe ich übrigens aus zwei Vorträgen von Timothy Lane zur Union with Christ (Teil 1, Teil 2).

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