Wie ich diese Stellen verstehe, fragte mich ein Bruder und nannte die klassischen Bibelstellen über Scheidung. Matthäus 5,31-32 (par.), Mt 19,3-9 (par.) und 1 Korinther 7.
Mehr als 340.000 Artikel liefert mir Google auf die Suchanfrage „Was sagt die Bibel über Scheidung“. Dabei kann sich jeder dann das Ergebnis aussuchen, das ihm zusagt.
Die konservativen Hardliner, die jegliche Art von Scheidung untersagen, finden genauso zigtausende bestätigende Videos, Artikel, Ausführungen, pdfs, Präsentationen, Interviews wie relativierende Positionen mit „Scheidung – Ja, aber…“ oder auch all jene, die all das biblische Modell von Ehe als kulturellen Ballast empfinden, den es abzulegen gilt. Liebe wäre schließlich frei.
„Wähle deine Experten weise“, kann man da nur sagen.
Brauchen wir somit noch Artikel 342.533, der das Thema Scheidung beleuchtet? Ich denke ja, wenn dadurch vergessene Aspekte wieder neu belebt werden können. Die oben geschilderte Anfrage z.B. kam von einem,der einen Schlupfwinkel suchte, eine Möglichkeit zur „bibelkonformen Scheidung“. Schnell führte ich die Argumentation also auf einen Aspekt der Frage, der mir hier relevant erschien: Warum hält man Scheidung eigentlich für lohnenswert?
Unser Zeitalter macht es die ganze Zeit! Ich denke an meinen Bruder, einen tüchtigen begabten Kerl, der schon immer auch ein Womanizer war. Irgendwann, er war schon nicht mehr der Jüngste, entschied er sich für die Ehe. Das, was schon am Hochzeitstag zu befürchten war, trat auch ein: Wenige Jahre nach der Trauung kommt es zur Trennung und nun steht er im Scheidungsprozess.
Er hat mir nur wenig berichtet, aber klar ist, dass sich die Scheidung für die Frau einfach gelohnt hat. Nicht nur dass sie das Erziehungsrecht behält, sie ist finanziell nun äußerst gut versorgt. Brachte sie nichts in die Ehe hinein, bekommt sie nun ein Kapital von mehr als hunderttausend Euro, weil in den wenigen Jahren der Ehe ein Eigenheim errichtet wurde. Damit wären wir noch lange nicht beim Thema des Unterhalts!
Während mein Bruder nun eine ruinierte Person ist, hat seine Ex-Frau ausgesorgt. Selbst bei einer weniger lukrativen Scheidung haben alleinerziehende Frauen heute eine viel bessere Unterstützung als noch vor wenigen Jahrzehnten.
Während einerseits das Risiko des sozialen Niedergangs deutlich (wenn auch nicht ganz) reduziert wurde, wurden die sozialen Vorteile einer Scheidung deutlich ausgebaut.
Mancher Leser könnte mir vorwerfen, dass ich das Beispiel nur aus Solidarität mit meinem Bruder niederschreibe. Aber vergleichbare Beispiele sind mir auch ansonsten aus Freundeskreis und Nachbarschaft bekannt. Sie folgen häufig einem vergleichbaren Muster. Für eine ganze Menge Frauen muss Scheidung einfach verlockend klingen: Freiheit, Unabhängigkeit, Selbstbestimmung, Sicherheit.
Man müsste meinen, diese vier Attribute sollte man in der Familie finden, doch immer mehr Menschen kommen zum Ergebnis, dass sie das alles gerade in der Zerrüttung finden.
Und da ist das Problem. Die Folgen einer Scheidung sind immer katastrophal. Eine zerstörte Beziehung ist furchtbar, umso mehr, wenn auch Kinder betroffen sind. Finanzielle oder andere persönliche Vorteile, die durch eine Scheidung entstehen mögen, werden irgendwann an irgendeine teure Kosten gehen. Man möchte fragen: Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne, und nähme doch Schaden an seiner Beziehungsfähigkeit?
Ein anderes dürfte für den christlichen Leser interessant werden. Auch in den Kirchen wird die Frage der Scheidung und Wiederheirat nun wieder vermehrt und aktiv geführt? Geht es uns da wirklich darum, die biblische Lehre besser zu verstehen als „unsere Väter“? Oder haben wir schon den säkularen Geist aufgesagt, dem ein Bund „in schlechten Zeiten“ zu einem Fremdwort geworden ist, da jede Beziehung nur nach dem Vorteil „was sie mir nützt“ bewertet wird?
Das Thema Scheidung hat dieser Blog bereits mehrfach abseits der üblichen Perspektiven betrachtet:

