„Mama, Mama, Mama!”
Ich schaute zu meinem Sohn auf. „Entschuldigung. Was ist?“ fragte ich.
„Hast du mir zugehört?“
„Nein“, gab ich zu.
„Ich glaube du bist handysüchtig“, sagte er dann.
Ausreden und Entschuldigungen lagen mir auf der Zunge. Ich wollte ihm von der „wichtigen“ E-Mail erzählen, die ich verschicken musste. Aber die Wahrheit ist, er hatte Recht.
Die Anziehungskraft der Technologie
Neulich habe ich einen Artikel darüber geschrieben, wie wir die begrenzte Zeit mit unseren Kindern nutzen können. Einer unserer größten Zeitfresser ist die Technologie, weil sie uns den Zugang zu einem virtuellen Leben ermöglicht. Unser Leben dreht sich darum und es übt eine starke Anziehungskraft auf uns aus. Es gibt immer eine E-Mail, die gelesen werden muss; eine Nachricht, die beantwortet werden muss; ein Status, der angeschaut werden muss; Bilder, Videos und Posts, die gesehen werden müssen. Und das muss sofort erledigt werden – zumindest denken wir das, während alles andere warten muss.
Technologie bringt ohne Zweifel viele Vorteile für unser Leben. Aber wir dürfen nicht unsere Augen vor den Konsequenzen verschließen, vor allem nicht vor den Auswirkungen auf unsere zwischenmenschlichen Beziehungen. Wir werden dazu verleitet, den persönlichen Kontakt und echte, authentische Beziehungen zu vernachlässigen. Meistens handelt es sich um einen Zeitfresser. Es nimmt uns gefangen und raubt uns Stunden. Wir wollen nur kurz etwas nachsehen und eine Stunde später tauchen wir endlich wieder auf. Die begrenzten Körner unserer Lebens-Sanduhr rieseln dahin, während unsere Finger über das Smartphone wischen. Und wie mein Sohn mich daran erinnerte, wie viel echtes Leben verpassen wir wohl, wenn unsere Augen am Bildschirm unseres virtuellen Lebens kleben.
Wie alles Gute kann auch Technologie schlecht werden, wenn unser Herzen ihre Bedeutung verzerren. Die Möglichkeit, E-Mails, Nachrichten und Status-Updates zu lesen, versetzt uns in einen regelrechten Rauschzustand. Es macht Spaß und wir wollen immer mehr. Aber die Zeit ist zu wertvoll. Sie ist ein wahrer Schatz. Und lassen wir uns nicht täuschen: Der übermäßige Gebrauch von Technologie begehrt unsere Zeit – unseren Schatz – der wiederum unser Herz begehrt. Auf subtile Weise werden wir überzeugt, dass die virtuelle Welt von „ich, mich und mir“ wichtiger ist als das reale Leben, das direkt vor unseren Augen stattfindet.
Wenn ich mir ehrlich darüber Gedanken mache, wird mein Herz überführt. Ich möchte nicht, dass meine Kinder denken, dass es mir wichtiger ist, eine Nachricht zu beantworten, als mich um sie zu kümmern. Wenn ich bedenke wie viel Zeit ich verschwendet habe, Zeit, die ich nie wieder zurückbekommen werde, trifft mich das umso mehr. Schuldgefühle machen sich breit. Ich strenge mich noch mehr an und setze mir Regeln für die Nutzung der Technologie. Ich nehme mir vor, mich nicht davon vereinnahmen zu lassen.
Aber früher oder später scheitere ich dann wieder.
Seine Gnade ist größer
Die Bibel spielt in allen Bereichen unseres Lebens eine Rolle, auch in unserem Kampf im Umgang mit der Technologie. In seinem Brief an die Römer, spricht Paulus über seinen eigenen Kampf mit der Sünde. Er drückt seinen Frust aus, den wir alle nachvollziehen können: „Denn ich weiß nicht, was ich tue. Denn ich tue nicht, was ich will; sondern was ich hasse, das tue ich“ (Römer 7,15). Wir alle sind Sünder. „Wie geschrieben steht: Da ist keiner, der gerecht ist, auch nicht einer“ (Römer 3,10). Solange wir in dieser Welt leben, werden wir gegen unsere sündige Natur ankämpfen. Aber Paulus weist uns auf die Quelle unserer Hilfe hin: „Ich elender Mensch! Wer wird mich erlösen von diesem Leib des Todes? Dank sei Gott durch Jesus Christus, unsern Herrn! So diene ich nun mit dem Verstand dem Gesetz Gottes, aber mit dem Fleisch dem Gesetz der Sünde“ (Römer 7,24-25).
Viele von uns sind sich der Anziehungskraft bewusst, die die Technologie auf uns hat und fühlen sich schuldig wegen der verschwendeten Zeit. Aber wie Paulus schreibt, ist Jesus unser Erlöser. Er kam um uns von jeder Sünde zu erlösen – auch von der Verschwendung unserer Zeit am iPhone. Sein makelloses Leben ist zu unserem geworden. Sein Opfertod hat unsere Schuld vollständig beglichen. Das bedeutet, dass das Werk Christi vollständig und ausreichend ist, um alle unsere Sünden zu bedecken und uns für unseren Kampf auszurüsten.
Jedes Mal, wenn wir in diesem Kampf gegen die Sünde verlieren und fallen, müssen wir zum Evangelium zurückkehren – immer und immer wieder. Auch wenn die Anziehungskraft der Sünde groß ist und auch wenn die Technologie uns mit ihren falschen Behauptungen über Bestätigung, Erfolg und Wichtigkeit verführt, ist die Kraft der Gnade Gottes stärker.
Es ist seine Gnade, die uns von der Macht der Sünde rettet und es ist seine Gnade, die uns von der Sünde in unserem täglichen Leben befreit. Das Kreuz steht nicht nur für die einmalige Quelle der Vergebung und die Zusicherung des ewigen Lebens, sondern es ist auch eine Quelle der Gnade für jeden Augenblick unserer Tage. Und wenn wir von unserer Sünde ablassen und umkehren, können wir unserem gnädigen Gott danken, denn obwohl wir sündiger sind, als wir je gedacht haben, sind wir auch geliebter und haben mehr Vergebung bekommen, als wir je erahnen werden.
Du weißt es und ich weiß es – es gibt viel wichtigere Dinge in unserem Leben als das, was unsere Computer, Smartphones und Online Plattformen zu bieten haben. Während wir versuchen, unsere Zeit für die Ewigkeit zu nutzen, dürfen wir in der Gnade Christi ruhen und uns an diese Zusage klammern: „Ich bin überzeugt, dass der, der etwas so Gutes in eurem Leben angefangen hat, dieses Werk auch weiterführen und bis zu jenem großen Tag zum Abschluss bringen wird, an dem Jesus Christus wiederkommt“ (Philipper 1,6, NGÜ).
Christina Fox: When Distractions Keep us From Our Kids 07.02.2014. Übersetzt mit freundlicher Genehmigung von DesiringGod.org.
Christina Fox ist Seelsorgerin, Referentin und Autorin mehrerer Bücher, darunter “Tell God How You Feel: Helping Kids with Hard Emotions und Like Our Father: How God Parents Us and Why that Matters for Our Parenting” (Moody Publishers, 2022).