Christus im AT(2): Der Bruch und die Heilung

Wie angekündigt behandelt diese Fortsetzung Genesis 3,15 als Hebelpunkt für die Christologie des AT. Viele Impulse habe ich von Eduard Böhl, Christologie des Alten Testaments übernommen, der Gen. 3,15 besonders viel Zeit widmet (über 10 Seiten). Er selbst schreibt über diesen Vers, der auch das Protevangelium genannt wird:

Als ein erster leuchtender Stern tritt uns das Protevangelium Gen. 3,15 entgegen (S.5)

Über eine Christologie, die das Protevangelium übersieht stellt er fest:

Der Hauptmangel ist, dass ihm ein fester Anfangspunkt, das Protevangelium, fehlt. (S.25)

(Bildrechte: gemeinfrei)

Die Verkündigung des Evangeliums als SElbstoffenbarung Gottes

Adam versagt! Er versagt kläglich. Trotz bester Umgebungsbedingungen, paradiesischer Zustände fällt er tief. Dabei war sein Aufgabengebiet überschaubar: Den Garten bauen und bewahren (Gen. 2,15). Es gab nur ein Verbot: Finger weg vom Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen! Doch kaum kommt der erste Feind Gottes an die Pforte Edens, wird er reingelassen und der Mensch zeigt sich nur allzu willig zu kooperieren. Welch tiefer Fall: Der Mensch stellt sich auf die Seite des Feindes Gottes. Verführt durch den irren Wunsch, selber zu werden wie Gott!

Nun, als Gott erscheint um Gericht zu üben, stehen die Chancen unfassbar schlecht für Adam. Auf den Bundesbruch folgt der Bundesfluch: Der ewige Tod. Eine ewige Trennung von der Gemeinschaft mit Gott, die Adam umso schmerzhafter erfahren haben dürfte.

Doch nun erweist sich Gott als überragend gnädig. Mir ist beim Lesen der ersten Kapitel der Bibel wieder aufgefallen, dass Gott drei Reden hat. Zunächst in der Schöpfung, später indem er Adam seine Aufgaben mitteilt, und nun als Richter. Doch welch Richter redet so gütig? Die Todesstrafe scheint verschoben, und selbst das härteste Gericht stellt uns einen liebenden Gott dar: Gott verhindert nämlich, dass der Mensch mit Satan gemeinsame Sache machen kann, und weil Adam selbst unfähig ist mit Satan zu brechen, sagt Gott: ICH WILL FEINDSCHAFT MACHEN (ob es nun der Schlange oder dem Menschen gefällt oder nicht). Ich finde das eine über raus faszinierende Begebenheit wenn Gott aktiv die satanischen Mächte auf der Erde in Grenzen hält.

Der Mensch als Passiver Empfänger der Gnade

Böhl schreibt (S.30):

Das evangelische Wort (Gen. 3,14.15) redet nicht direkt zum Menschen, weil offenbar von den gefallenen Menschen kein Wollen und kein Vollbringen des Guten ferner zu erwarten war. Von den Menschen abgewendet, verkündet Gott seinen Ratschluss, der die Errettung bezweckte, und zwar redet er mit der Schlange. Der Mensch soll das rettende Wort hören zu seinem Trost, aber zur Mitwirkung ist er nicht berufen. Der Wortlaut des Evangeliums enthält zunächst eine Kriegserklärung für die Schlange auf Leben und Tod. Für den Menschen aber liegt eine Gerechterklärung darin, sofern er glaubt diesem durch Gottes Gerechtigkeit normierten Wort.

Aus Gnaden Gottes wird eine Verheißung verkündigt, der Mensch bekommt keine zweite Chance. Etwas ausführlicher habe ich diesen Gedanken in diesem Artikel verfolgt und verzichte an dieser Stelle auf weitere Ausführungen.

Was konnten Adam und Eva über die Erlösung wissen?

Offensichtlich entwickelt sich die Offenbarung des Heilsplans wie ein Krimi (man verzeihe den profanen Vergleich): Adam und Eva wissen bereits etwas, und es ist vollständig im Einklang mit dem Plan Gottes, aber doch wissen sie nicht so viel wie ein Mensch, der heute die Bibel aufschlagen kann, und die Geschichte vom Ende zurück zum Anfang zurückverfolgen kann.

Dennoch bekommen unsere Väter dennoch beeindruckend viele Informationen:

  • Ein Nachkomme der Frau: Natürlicherweise würde man den Samen des Mannes erwarten, doch wird hier das schwächere Geschlecht mit einem Vorrecht versehen(Auch wenn sich die Feministen über das schwächere Geschlecht ärgern mögen, wird dies zumindest im geschichtlichen Kontext vorausgesetzt) . Heute weiß die Christenheit, dass sich das auf eine besondere Weise erfüllte, durch die Jungfrauengeburt Marias. Irgendwo schwingt hier auch das Übermenschliche des Erlösers mit. Der Wohl auch Mensch ist, aber auch göttlicher Art. Wunderbar bestätigte es sich dann in Jesus Christus
  • Er wird die Schlange besiegen: Sprich er wird die Schlange besiegen. Zunächst einmal spricht es darüber, dass die Adamitische Mission doch noch erfüllt wird. Unter deutlich verschärften Bedingungen besteht Christus zunächst die Versuchungen Satans um ihm dann den Todesstoß zu verpassen. Hat man das vor Augen, wundert man sich nicht mehr, wenn Paulus in Christus mehrfach eine Parallele zu Adam zieht (Röm 5,11-21 oder 1 Kor. 15,45-47):

1. Korinther 15,45–47 : Wie es geschrieben steht: der erste Mensch, Adam, “ward zu einer lebendigen Seele”, und der letzte Adam zum Geist, der da lebendig macht. Aber der geistliche Leib ist nicht der erste, sondern der natürliche; darnach der geistliche. Der erste Mensch ist von der Erde und irdisch; der andere Mensch ist der HERR vom Himmel.

  • Der Sieg wird teuer erkauft: Die Schlange wird sich nicht kampflos erheben, sondern alle Ressourcen in den Kampf werfen. Ja sie wird ihn in die Ferse stechen und wenn einen eine Schlange beißt, hat man eine tödliche Wunde zu erwarten. Genau das, was Christus widerfuhr. Spannend finde ich an dieser Stelle, dass auch das Motiv der Schlange weiter entwickelt. Petrus warnt die Gemeinde vor dem brüllenden Löwen, und in der Offenbarung finden wir plötzlich, wie aus der alten Schlange ein Drache, also ein weit mächtigeres Wesen geworden ist (1 Pet. 5,8; Offb. 12,9;20,2). Christus besiegt einen Satan, der deutlich mächtiger auftritt, als gegenüber Adam.
  • Was das Haupt trifft, trifft die Glieder: So wie wir alle in Adam gesündigt haben und das Todesurteil empfangen haben (1 Kor 15,22 UND Hos 6,7), so werden auch die, die Teil der Verheißungen in Christus sind, in den Kampf mit der Schlange hineingezogen. Die Feindschaft betrifft nicht nur den Fürsten, sondern seine Nachfolger. An dieser Stelle haben wir einen christologischen Anknüpfungspunkt für viele Begebenheiten des AT: Wenn Ismael dem Samen der Verheißung Isaak im Weg steht, wenn Pharao die Kinder der Israeliten töten lässt,wenn die Philister Israel bedrängen und Richter sie befreien, wenn Saul David verfolgt, dann wiederholt sich das immer selbe Motiv des “geistlichen Krieges” zwischen Schlangenbrut und Samen der Verheißung. Lukas kann nicht umsonst rückblickend die Abstammungslinie Christi bis auf Adam zurückverfolgen (Luk 3,23ff)

Leben im Glauben

In der Vorbereitung auf diesen Beitrag bin ich darauf gestoßen, wie zentral die besprochene Stelle für die Reformatoren war. In meiner Lutherbibel finden sich zu kaum einem anderen Vers soviele Parallelstellen. Ausgehend von der Verheißung gingen Luther, Melanchton und Co. davon aus, dass Adam und Eva nun gläubig, und im Glauben lebten. Diese Argumente sprechen dafür:

  • Das Urteil Gottes ändert sich: Gott urteilt, dass der Mensch nun einer von uns geworden ist, wurde von den Reformatoren mit einer Erfüllung des Heiligen Geistes gleichgestellt, nicht mit der Kontaminierung mit der “verbotenen Frucht”.
  • Adams Urteil über Eva ändert sich: Aus “die Frau die mir gegeben hast”, wird “die Mutter aller, die da leben”. Böhl führt hierzu aus (S. 39): Solches ist ein testimonium fidei Adami, wie Melanchthon sagt zu dieser Stelle. Die Mitteilung einer trivialen naturhistorischen Erkenntnis konnte nur völlig Ratlosen in den Sinn kommen
  • Schließlich aber erwartet Eva nichts sehnsüchtiger als die Verheißung, ansonsten lässt sich ihr Verhalten bei der Geburt Kains kaum erklären, als sie ausruft: Ich habe einen Mann gewonnen mit dem Herrn. (1 Mo. 4,1)
  • Später lässt sich vermuten, dass sich Adam mit Sem und Henoch zu denen gesellte, die den Herrn anriefen (1. Mo. 4,25-26)

Vor allem die letzten beiden Argumente haben mich überzeugt und lassen den Schluss zu, dass Gemeinde, also die Versammlung all derer, die den Herrn anrufen, bereits kurz nach dem Fall entstand, durch eine Verheißung lebte und auch heute durch die Erfüllung der Verheißung zur neuen Kraft gelangt.


Als Fazit können wir festhalten:

  • Sofort nach der Niederlage Adams ist Gott da und verkündigt eine unerwartete Verheißung
  • Der Mensch stellt sich lieber auf die Seite der Schlange, doch Gott garantiert “Feindschaft”
  • Auch als die ganze Menschheit bis auf die Familie Noahs ausgerottet wird, bleibt Gott seiner Verheißung treu.
  • Wenn Jesus Christus als das Wort Gottes bezeichnet wird, können wir erahnen, welche Zuverlässigkeit hinter seinen Heilszusagen steht. Über Jahrtausende hindurch entwickelt Gott gegen allen Widerstand seinen Plan

In dem Nächsten Beitrag dieser Serie betrachten wir, wie sich die Verheißung im Leben der Patriarchen bahn bricht.

Hier geht es zu Teil 1.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert