Heute mal ein höchst politischer Beitrag. Die Vorsehung spielte mir in die Hände: Da der Independence Day in den USA und der Nationalfeiertag in Frankreich nur wenige Tage entfernt von einander lagen, konnte man sich über zwei sehr unterschiedliche Darstellungen freuen. Ich habe die Überschriften bekannter Zeitungen und Zeitschriften (Online-Artikel) zu beiden Themen gegenübergestellt. Macht euch selbst eine Meinung, wer besser abschneidet. Beachtet, wie persönliche Anmerkungen zu Trump völlig an der Tagesordnung sind. Sie gelten als ein akzeptabler Bestandteil einer guten Kritik. Ich habe auf Verlinkungen zu den Artikeln verzichtet, weil ich nicht weiß, ob das mit Art 13 und Leistungsschutzrecht vereinbar wäre, habe mir aber privat einige Screenshots von google-news Ergebnissen erstellt als Nachweise erstellt. Der einfachste Weg eine persönliche Beurteilung zu bekommen ist die google-Suche mit Schlagworten wie, “Titel der Zeitung/Zeitschrift +Trump + 4 Juli” oder “titel der Zeitung/Zeitschrift + Macron + Nationalfeiertag”. (Edit: Ich sehe gerade, dass die Tabelle in jedem Browser unterschiedlich angezeigt wird und versuche das Problem zu lösen)
Die Welt | Angela Merkel beim Nationalfeiertag in Paris: Macron marschiert vorneweg / | Panzer für Präsident Trump |
Die Welt(2) | Kanzlerin Merkel bestaunt Macrons Militärmaschine | Trumps große Nationaltagsfeier preist Geschichte und Armee der USA |
Tages -spiegel | Nationalfeiertag in Paris: Macrons Vorstoß ins All | Ego Show zum Unabhängigkeitstag / Trump kopiert den Absolutismus |
Deutsch landfunk | Trotz Unruhen ein souveräner Macron | Trump setzt Politik der Spaltung fort |
ZDFHeute | Macron empfängt europäische Freunde / “Die charmanteste Nation der Welt” | Trump mit Militärparade zum 4 Juli |
tagesschau | Macron setzt auf die europäische Verteidigung | Trump kapert den Nationalfeiertag / Eine Inszinierung des Patriotismus |
tagesschau(2) | “So ein Wochenende gab es noch nie” | Trump nutzt Unabhängigkeitstag für militärische Machtdemonstration |
Stern | Gesten der Versöhnung zwischen Merkel und Macron – Proteste am Rande der Feierlichkeiten | Donald Trumps Festspiele |
FAZ | Bundeswehr Seite an Seite mit den Franzosen / Frankreich feiert mit Europa | Patriotismus und Pomp / Handzahm zwischen Panzern |
t-online | Frankreich zeigt Deutschland wie man führt | – |
Berliner MOPO | Merkel und Macron: Gesten der Versöhnung am Nationalfeiertag | Trumps Pläne für den Nationalfeiertag sorgen für Ärger |
der Standard.at | Frankreichs linke Patrioten | Trump bricht das nächste Tabu |
Focus | Gesten der Versöhnung am Nationalfeiertag | – nichts zu berichten- |
Spiegel | Merkel dankt Macron für die “große Geste” | Bomber und Bombast: Trump kapert den 4.Juli |
Deutsche Welle | Frankreich zelebriert seinen Nationalfeiertag | Umstrittene Trumpfeier am Nationalfeiertag |
Pro Sieben | Merkel und Makron: Gesten der Versöhnung | Trumps fragwürdige militärische Machtdemonstration |
Süddeutsche | Große Gesten – Politik | Trump versucht sich am Schulterschluss mit dem Militär |
watson | – nichts zu berichten- | Seine Militärshow ist politisch clever – und perfide |
rp online | Eine Militärparade mit wichtigen Botschaften in F. | Donald Trumps große Ego-Show |
Mir ist aufgefallen, wie sehr ich das Trump-Bashing der deutschen Presse bereits gewöhnt bin. Nach der Gegenüberstellung bin ich aber dennoch entsetzt: So würde niemand jemals von einer Macron-Feier reden oder von einer Ego-Show des Macron, obwohl es durchaus auch kritische Stimmen über Macron gab,vor allem nach dem die Proteste der Gelbwesten während des Nationalfeiertags heftiger ausfielen, als zunächst angenommen. Doch auch dann war die Rede von einem “souveränen Macron”. Trump ist der fragwürdige, perfide Tabubrecher. Von Macron aber, ja von Macron, da ist selbst Merkel begeistert.
Was mich empört ist diese Schwarz-Weiß Malerei: Auf der einen Seite die guten Bürger, vertreten von einer guten Presse, geführt von im großen und ganzen guten Politikern, auf der anderen Seite der böse Trump. Ich gehe da nicht mit! Natürlich ist Trump ein Sünder, aber Macron und der Rest der Menschheit auch. Natürlich ist Trump eingebildet, arrogant und unfreundlich, so wie andere Politiker auch. Dieser kindische Dualismus der Presse, Menschen in Gut und Böse zu unterteilen ist einfach lächerlich. Ich dulde ihn sowenig, dass ich prinzipiell kaum noch Zeitung lese.
Diese schwarz-weiße Welt der Presse hat nun ein Problem: Es gibt ja noch die Wähler Trumps und hier nimmt die Perfidität, Unfreundlichkeit und der Hochmut der Presse wirklich ungeahnte Höhen an: Auch die Wähler Trumps waren im besten Fall zu dumm dafür, richtig zu wählen. Im schlimmsten Fall, aber sind sei genau solche Unmenschen wie ihr Präsident: Rassistische und Homophobe Unmenschen, die dringend um erzogen oder zumindest zum Schweigen gebracht werden sollten. Offensichtlich wäre man sogar bereit Demokratie zu beschneiden, um das richtige zu tun. Multilaterale Beschlüße an den Parlamenten vorbei, passen hier wunderbar ins Bild. Es gibt ein Problem an dieser Darstellung: Nicht nur ist es moralisch kaum noch haltbar sich zu Trump zu bekennen, es ist bereits bedenklich ihn nicht zu kritisieren. Ein geradezu vernichtendes Urteil trifft aber diejenigen, die diese schwarz-weiß Malerei nicht akzeptieren können: Denn offensichtlich gilt nicht nur die Gleichung Trump = Böse, sondern auch die Folgerung: Weil Trump = böse, und Presse = gegen Trump, –> Presse = gut. Und man überlege was für ein abartiges und unsoziales Hirn auf die Idee kommen kann, eine gute Presse zu kritisieren. Offensichtlich existiert also das Feindbild Trump auch als eine wunderbare Vorlage, sich selbst rein zu waschen.
Der Böse Trump
Liegt es nun fest, dass Trump böse ist, ist alles was er tut ebenfalls böse. Leicht zu beobachten: Während Macron seine Armee also marschieren lässt, mit einer großen Vision eines zukünftigen Europas, um Frieden selbst im Weltraum zu wahren,sind bei Trump die Motive ein blanker Egoismus und Machtgier. Wenn Trump Frieden für Korea sucht, ist er nur ein Idiot, Obama hätte das viel besser hingekriegt. Weil Trump böse ist, wird alles was er tut, böse. Religiös ausgedrückt: Allgemeine Gnade gibt es bei und für Trump nicht. Selbst wenn Trump morgen fröhlich zu einem LSBTIQ- Meeting erschiene, würde man dies seinen intrigantischen Motiven zuschreiben. Dabei übersieht man gerne alle Fakten (obwohl sie nicht alternativ sind), wie z.B. die niedrigste Arbeitslosenquote seit Jahrzehnten oder weniger Drohnentote als beim Vorgänger, der immerhin Friedensnobelpreisträger war. Ich fürchte, völlig egal was Trump in den nächsten Jahren noch machen sollte, positiv wird die Presse erst dann über ihn berichten, wenn er kein Präsident mehr ist. Trump ist nun mal perfide, fragwürdig, ein ausgemachter Egoist und Frauenfeind. Wer ihn in Frage stellt, der ist schon auf dem rechten Weg.
IRAN oder USA?
Doch damit nicht genug, dass Europa sich nun von diesem Motiv der Ästhetik mehr leiten lässt als von der Vernunft ist schockierend: Ja Europa entscheidet sich lieber für den iranischen Ayatollah als für Amerika. Dabei dürfte die Iranische Führung um Meilen frauenfeindlicher, homophober etc… als Trump sein. Ob es wohl ebenso förderlich für eine Sportkarriere wäre, groß anzukündigen, dass man Khamenei nich treffen möchte? Plötzlich aber herrscht in Europa großes Verständnis für Iranische Ansichten. Vielleicht muss Trump einfach Moslem werden und das weltliche Amt mit einem Religiösen verbinden um auf Nachsicht Europas hoffen zu dürfen. Im Angesicht des wütenden Antisemitismus des Iran ist diese Entscheidung europäischer Politiker kaum zu rechtfertigen.
Entartete Kunst
Neulich lachte die Welt über eine Skulptur von Melania Trump. Für mich war diese kleine Anekdote eine besonders gelungene Illustration für die heutige Berichterstattung. Eigentlich gilt es als ein wichtiges Tabu, Kunst als entartet oder hässlich zu bezeichnen. Kunst gilt als immer neutral. Schlechte Kunst gab es nur in den Bewertungen Extremer und Radikaler Völkermörder, wie Hitler oder Stalin. Doch trifft Kunst auf Trump, ist plötzlich alles erlaubt. Das ist wirklich schockierend, und zeigt, dass Presse mittlerweile ausschließlich pragmatisch funktioniert. Das was als “gut” gilt (obwohl man sich gleichzeitig strikt weigert gut und böse zu definieren oder zu trennen, da alles ja absolut relativ ist), gilt als gut. Wer dagegen ist, ist ein Unmensch.
Fazit
Bin ich skeptisch über Trump? Absolut, so wie über Politiker im Allgemeinen und über die Politiker meines Landes im Besonderen. Zweifele ich an der Sündlosigkeit unserer Journalisten? Natürlich, denn auch ich bin ein Sünder.