Die Statistiken sind erschreckend! Noch nie in der Geschichte gab es so viele unerreichte Menschen wie heute. Das hängt ganz schlicht und ergreifend mit dem rasanten Wachstum der Weltbevölkerung zusammen, welches eben auch die unerreichten Volksgruppen mit einschließt. Die aktuelle Rate an Missionaren die weltweit ausgesandt werden, kann lange nicht mit diesem schnellen Wachstum mithalten. Und so können wir als Christen schnell in Panik geraten. Die Zeit läuft uns davon und die Zahlen sprechen gegen uns.
Angesichts dieser überwältigenden Statistiken und der erdrückenden Not, lassen sich viele Gemeinden, Missionare und Missionswerke dazu hinreißen, die Quantität der Missionare, über ihre Qualität zu stellen. Es bricht Unruhe aus und wenig bis gar nicht vorbereitete und teilweise sogar unqualifizierte Missionare werden zu den Unerreichten ausgesandt, um irgendwie diese bedrohlich wachsenden Statistiken, zumindest zum Stillstehen zu bekommen.
Wie anders sind doch die Apostel und die erste Gemeinde damit umgegangen. Sie befanden sich in einer sehr ähnlichen Situation wie wir und vermutlich war ihre sogar noch hoffnungsloser und
überwältigender. Die ganze Welt war unerreicht! Die einzige Gemeinde die existierte, war in Jerusalem. Und was tut sie? Sie sendet ihre besten Leute aus. Und zwar zunächst nur zwei. Nach langer Vorbereitung und Bewährung, wurden Paulus und Barnabas auf ihre erste Missionsreise ausgesandt.
Was hat sich seitdem geändert? Wie kam es dazu, dass die Anzahl der ausgesandten Missionare irgendwann wichtiger wurde, als ihr Charakter und ihre Eignung? Warum waren Männer wie John Paton, Adoniram Judson und William Carey noch erfahrene Pastoren bzw. Theologen, während heute die meisten Missionare mehr Erfahrung und Wissen in ihrem Beruf mitbringen, als in Gemeindearbeit und Theologie?
Die eigentliche Frage lautet meiner Meinung nach jedoch: Wie schaffen wir es, angesichts dieser realen Not in der Welt ein brennendes Herz und einen kühlen Kopf zu bewahren?! Wie schaffen wir Dringlichkeit, statt Hetze? Wie können wir tatsächlich bewegt und geschockt sein, von der Verlorenheit der Welt und trotzdem ruhig bleiben und Gott vertrauen? Der begnadigte Pastor und Autor, A.W. Tozer, bringt dieses Dilemma sehr treffend auf den Punkt:
“Wir stellen [Gott] gewöhnlich als einen geschäftigen, eifrigen, etwas frustrierten Vater dar, der eilig nach Hilfe sucht, um seinen wohlwollenden Plan, der Welt Frieden und Erlösung zu bringen, zu verwirklichen… Zu viele missionarische Appelle beruhen auf dieser gefühlten Frustration des allmächtigen Gottes. Ein attraktiver Redner kann in seinen Zuhörern leicht Mitleid erregen, nicht nur für die Heiden, sondern auch für den GOTT, der so lange und so hart versucht hat, sie zu retten, und der mangels Unterstützung gescheitert ist. Ich fürchte, dass Tausende von jungen Menschen in den christlichen Dienst eintreten, ohne ein höheres Motiv zu haben, als Gott aus der peinlichen Situation zu befreien, in die ihn seine Liebe gebracht hat und aus der ihn seine begrenzten Fähigkeiten nicht zu befreien scheinen. Nimmt man dazu noch ein gewisses Maß an lobenswertem Idealismus und eine gehörige Portion Mitgefühl für die Unterprivilegierten, dann hat man den wahren Antrieb für viele christliche Aktivitäten heute.”(Auszug aus Tom Wells, (1985), A Vision for Missions, Banner of Truth)
Gott, sagt Tozer, wird durch viele moderne Predigten als frustriert dargestellt. Gerade in Missionsappellen geschieht das häufig. Er will eigentlich die ganze Welt retten, aber weil wir zu langsam
und ungehorsam sind, kann er es nicht. Und so wird der Eindruck erweckt, dass Gott unsere Hilfe braucht. Es wird uns nicht gesagt, dass er uns gnädigerweise die Möglichkeit bietet, an dem großen missionarischen Unternehmen teilzunehmen. Nein, die Dinge sind weit darüber hinausgegangen; sie sind sogar außer Kontrolle geraten. Die Situation ist jetzt verzweifelt. Vieles, was für Gottes Sache hätte getan werden müssen, ist nicht getan worden. Und so Gott eilt herum, um die verlorene Zeit aufzuholen. Seine Liebe hat ihn in die Enge getrieben und er braucht uns, um ihn dort herauszuholen. Was für ein bemitleidenswerter Gott…
Natürlich nicht! Ich denke ihr merkt, worauf ich hinaus will: Was treibt uns an, wenn wir über Mission nachdenken?! Was motiviert uns, in die Mission zu gehen bzw. missionarisch aktiv zu sein? Was treibt einen an, alles für einen aufreibenden Missionseinsatz zu geben, wenn…
- die Liebe zu den Verlorenen schwindet,
- das übernatürliche ‘Berufungserlebnis’ verblasst,
- das schlechte Gewissen und die Schuldgefühle sich legen,
- die Leute die man erreichen wollte, einem den Rücken zuwenden oder vielleicht sogar mit dem Tode drohen,
- wenn man von der Heimatgemeinde vergessen und von allen Menschen ungesehen in einem Land lebt, das nichts zu bieten hat außer Hitze, Armut und Hass
- und wenn die erhoffte Gemeindegründung keine wird und nach 10 Jahren harter Arbeit immer noch kein einziger Mensch zum Glauben gekommen ist…
…dann braucht es eine größere Vision und Motivation als Statistiken, Liebe zu den Verlorenen, Abenteuerlust, ein übernatürliches Berufungserlebnis oder ein schlechtes Gewissen, um weiterhin auf dem Feld zu bleiben! Dann braucht es eine Motivation, die größer ist als man selbst und als alle Nöte dieser Welt…! Dann braucht es eine richtige Sicht von und Liebe zu unserem GOTT!
- Einem Gott, der uns nicht braucht, aber gebrauchen will
- Einem Gott, der nicht an Statistiken gebunden ist!
- Einem Gott, der keine Eile hat und nie zu spät kommt!
- Einem Gott, der alles für uns gegeben hat, damit wir es weitergeben können.
- Einem Gott, der selbst dafür sorgen wird, dass sein Missionsbefehl auch ausgeführt wird.
- Einem Gott, der sich verherrlicht durch Erlösung und Gericht!
- Einem Gott, der immer an sein Ziel kommt und bei dem alles nach Plan läuft.
- Einem Gott, der uns das Privileg und die Gnade gibt, Teil seiner Mission sein zu dürfen.
- Einem Gott, der jedes einzelne seiner Schafe finden und zur Herde hinzutun wird.
- Einem Gott, der nicht bemitleidenswert ist, sondern Mitleid mit uns hat!
Diesem “allein weisen Gott, unserem Retter, gebührt Herrlichkeit und Majestät, Macht und Herrschaft
jetzt und in alle Ewigkeit!” (Judas 1:25)
Benjamin Trachsel liebt Jesus, seine Familie und Kaffee. Nachdem er und seine Frau in verschiedenen Gegenden der Welt gelebt haben, sind sie zurzeit Teil eines Gemeindegründung-Teams in Südasien, mit dem Fokus auf unerreichte Volksgruppen.