Hat sich bloß Markus verändert?

Einer der letzten Verse des 2 Timotheusbriefs ist natürlich eine Steilvorlage: “Nimm Markus und bringe ihn mit dir! Denn er ist mir nützlich zum Dienst.” (2. Timotheus 4,11)

Das ausgerechnet Paulus möchte, dass Markus mit ihm dient, das ist ein Kontrast zu dem Konflikt von Markus (und Barnabas) mit Paulus zu Beginn der zweiten Missionsreise, etwa 14 Jahre davor: “Barnabas aber wollte auch Johannes, mit dem Beinamen Markus, mitnehmen. Paulus aber hielt es für richtig, den nicht mitzunehmen, der aus Pamphylien von ihnen gewichen und nicht mit ihnen gegangen war zu dem Werk.” (Apostelgeschichte 15,37–38, ). Für diesen Artikel gehen wir davon aus, dass beide Stellen vom gleichen Markus reden.

Der Wandel von “Unnützlich” zu “Nützlich” ist in der Bibel ein häufiges Thema, gerade im Dienst für Gott. Da denken wir an Onesimus (dessen Name im Übrigen “Nützlich” bedeutet) und von dem es heißt, dass er Philemon, seinem Herrn, einst ““unnütz war, jetzt aber dir und mir nützlich ist.” (Philemon 11). Wenn wir schon im 2. Timotheus-Brief sind. Das Streben nach Nützlichkeit ist ein Thema des Briefes: Während Timotheus gewarnt wird, seine Kraft im unnützen Streit zu verlieren (2.14 + 22) zeigt er wiederholt darauf, was denn wirklich nützlich ist, nämlich das Wort Gottes (3,16)

Ich denke dennoch, dass wir zu streng mit Markus sind, wenn wir so tun, als wäre er der einzige der sich verändert hat.

Zwischen der zweiten Missionsreise des auf der Bühne der jungen Gemeinde spätestens seit dem Apostelkonzil bekannten Missionars Paulus und des alten durch Leiden bewährten Apostels Paulus, der nun (wiederholt) inhaftiert ist und auf sein Abscheiden wartet, liegen viele Jahre grundlegender Veränderung. In den etwa 14 Jahren die zwischen diesen Ereignissen liegen, geschahen tiefgehende Veränderungen. Paulus hat sich verändert. Seine Umstände haben sich verändert. Das Römische Reich hat sich verändert.  50 n. Chr da herrschte Kaiser Claudius, der noch durch einen “sanften Antisemitismus” bekannt ist (Apg. 18,2). Wahrscheinlich kann Claudius noch nicht zwischen Juden und Christen unterscheiden. In den Jahren 62-64 (wenn wir in diese Jahre die Autorschaft des 2. Timotheus-Briefes legen) ist Nero Kaiser, ein unberechenbarer Irrer, gefährlich für Familie und Reich.

Aber auch die Gemeinde hat sich verändert. 50. n. Chr. gibt es erste Heiden-Christen innerhalb der Gemeinde, in den 60ern ist die Gemeinde schon eine sehr durchmischte Gruppe mit ganz neuen Problemen. Paulus muss beklagen: “Das weißt du, dass sich von mir abgewandt haben alle, die in der Provinz Asia sind, unter ihnen Phygelus und Hermogenes.” (2. Timotheus 1,15). Eine wachsende christliche Community muss immer mehr Angriffe auch von Innen abwehren. Viele junge Gläubige sind noch nicht fest in der Lehre verwurzelt und werden ziemlich schnell “verwirrt”. Nicht alle haben also positive, gute Veränderungen erlebt.

 Panta rhei – Alles fließt! Eine Treffende Beschreibung des Lebens auf der Erde. Wir sind einer ständigen und unaufhaltsamen Veränderung und Bewegung unterworfen. Wer wie Markus entdeckt, dass er in all dieser Veränderung von einem unveränderlichen Gott festgehalten wird, der wird in seinem Leben positive Veränderungen erleben.

Ein letztes Wort: Veränderung ist genau das, was das Evangelium predigt: Aus Sündern werden Heilige! Aus Geistlich Toten werden Lebendige! Aus Unnützen, Nützliche. Leider ist gerade in der Kirche oft ein “Determinismus”  im Umgang mit anderen Menschen zu beobachten, der in Phrasen wie “der ändert sich nie” zu beobachten ist. Hätte Paulus so gedacht, würde er niemals Timotheus bitten, nun Markus mitzubringen. Genau diese Veränderung, der wir alle unterworfen sind, sollte uns ermutigen, milde und sanftmütig mit unseren Nächsten zu sein, mit denen wir bisher “unzufriedenstellende” Erfahrungen gemacht haben.

 

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