…dann ist man Boas! So zumindest dachten sich es die Juden, die das Buch “Ruth” auf Sprüche folgen lassen. Ruth ist hier die viel gelobte Frau, “die den Herrn fürchtet” (Spr. 31,30). Und dann ausgerechnet eine Moabiterin! Folgt man der Sortierung der christlichen Bibel finden wir das Buch Ruth als Illustration der Anwendung von “hesed” ( hebr. DAS Schlagwort des Buches Ruth), der Freundlichkeit/Güte im Ausleben der Gebote Gottes und hier dienen uns sowohl Boas wie Ruth als Beispiele, denen man nacheifern soll, wie das Gesetz im Geist nicht im Buchstaben ausgelebt wird.
Mir ist ein Erlebnis sitzen geblieben. Einst hielt ich in einer Jugendgruppe einen Vortrag und erwähnte die Frau aus Sprüche 31 nur am Rande. Doch unter den jungen Damen ging eher ein unzufriedenes Raune durch die Bänke. Sie wurden schon so oft darauf hingewiesen, wie viel Ihnen zu dieser Frau aus Spr. 31 fehlt, dass sie ihnen zum Hals raushing. Und ich bin mir nicht sicher, ob ich es Ihnen verübeln kann. Vielleicht wurde Ihnen eine Frau vermittelt, die so gar nicht nach Sprüche 31 war? Hatten Sie wirklich das Bild Ruths vor sich? Dieser glaubensvollen freundlichen Frau?
Die Erfahrung mit den jugendlichen Schwestern zeigt mir, dass man ein sehr verkehrtes Bild von der Frau aus Sprüche 31 bekommen kann. Und mir scheint, dass trifft uns Männer mehr, als die Mädchen. Tatsächlich richtet sich Sprüche 31 ja an einen Mann, an den Sohn einer Königsmutter, die ihren Sohn, den Prinzen belehrt, welche Frau er sich erwählen soll.
Wer will so eine Frau nicht haben?. Sie ist tüchtig (V.10), man kann sich auf sie verlassen (V.11). Sie tut ihm Liebes und kein Leid ihr Leben lang. Alle Arbeit gelingt ihr, ob im Haushalt, in der Näharbeit (V.13) oder beim Essen beschaffen (V.14). Sie verwaltet auch die Mägde (V.15). Sie erwirtschaftet selber Geld (V.18) und bis spät in die Nacht ist sie tüchtig (V.19). Sie kümmert sich um die Hauswärme, beste Kleider und wenn Sie redet, redet Sie nur gutes (V. 25). Da ist man geneigt, zu fragen: Hach, was kann der Mann dieser Frau doch für ein Pascha sein!
Ich bin nun bald 14 Jahre mit einer Frau aus Sprüche 31 verheiratet und genau diese “Pascha-Falle” machte mir zu Beginn unserer Ehe etwas zu schaffen. Der Gedanke, der sich vor allem einschleicht, wenn man die Aufgaben in “das muss die Frau tun” und “das muss der Mann tun” unterteilt, ist dieser: “Nun komme ich von der Arbeit nach Hause und es ist z.B. nicht aufgeräumt oder das Geschirr nicht gewaschen, warum muss ich dann meiner Frau helfen, wenn sie doch für diese Arbeit zuständig ist. Hier als Mann anzufangen, beim Geschirrspülen zu helfen, fühlt sich so an, als wäre das biblische Prinzip von “Leitung und Gehilfin” umgedreht. Werde plötzlich ich zum Gehilfen der Aufgaben meiner Frau?” Es hat sich für mich also zutiefst unbiblisch angefühlt, wenn ich stattdessen “plötzlich” meiner Frau half. Es hat gedauert, bis ich verstand, dass natürlich alle Aufgaben, die für uns als Familie anfallen unter meiner Verantwortung stehen und ich für alles verantwortlich bin, was zum Haushalt und zur Familie gehört und meine Ehefrau hier überall meine Gehilfin ist. Dass der Haushalt geleitet wird, ist zunächst einmal meine Verantwortung, und meine Frau hilft mir dabei. Und deswegen ist es selbstverständlich meine Pflicht mich um Aufgaben auch im Haushalt zu kümmern. Boas mäht das Gras und Ruth hilft dabei.
Das Beispiel mit dem Haushalt ist an sich trivial, kann aber zu ernsthaften Problemen in mancher Ehe führen. Da kommt der Mann heim, sieht etwas nicht so ganz zu seinen Gunsten und schon hat er allen Grund sich über eine Frau zu beklagen, die nicht Sprüche 31 entspricht. Dabei sollte sich der Mann doch immer die Frage stellen, wie kann er seiner Frau so dienen, dass Sie zu einer solchen Frau reifen kann, “die den Herrn fürchtet”.
Vielleicht haben dass die jugendlichen Schwestern genau so erlebt. Man zeichnete sie als Sklavinnen eines unbarmherzigen faulen Paschas. Perfektionistische Arbeitsmaschinen, die von früh morgens bis spät abends nur ihm dienen sollten, und dabei ein Grinsen im Gesicht zur Schau zu tragen haben! Eine falsche Deutung, die ihren Ursprung in verschiedensten Gedankenmodellen hat, vor allem aber darin, dass Mann und Frau eigentlich ganz unterschiedliche Ziele auch in ihrer Ehe zur verfolgen haben.
Ich persönlich bin auf einem ganz anderen Themenfeld in diese “Aufgabenteilungsfalle” gefallen, als bei der Hausarbeit. Beim Thema Kinder. Und das geschah so: Irgendwie schlich sich der Gedanke ein, dass Kinder vor allem “ein Frauenthema” sind. Ich meine, sie kriegen sie schließlich auch! So schlich sich bei mir ein Unbehagen ein, dass bei jedem Kind, dass wir kriegen, ich selbst Abstriche machen muss. Bei der Karriere auf der Arbeit, bei den öffentlichen Diensten in der Gemeinde usw… Alles muss nach hinten treten, weil man sich nun um die Kinder kümmern muss. Ein Besuch bei irgendeiner Veranstaltung außerhalb Baden Württembergs ist so z.B. kaum denkbar. (“Aber ich will doch so gerne mal zur E21-Konferenz!”) Es fing an mich zu schmerzen, dass meine Frau ihre Erfüllung im “Kinderkriegen” bekommt und dass das auf meinen Kosten stattfindet. Ich bin so froh, dass wir bereit waren, darüber zu sprechen und mir ist klar geworden, dass das “Kinderkriegen” ja unsere Erfüllung sein muss, ja eigentlich vor allem meine Verantwortung ist, sie zu gottesfürchtigen Menschen zu erziehen. Auch hier musste ich von meinem Pascha-Thron runtersteigen. Nur Boas ist eben seiner Ruth würdig!
Das Bild der Frau aus Spr. 31 ist weder “konservativ” noch liberal . Sie ist keine die schweigt, wenn ihr Mann töricht handelt, denn von ihr heißt es: “Sie tut ihren Mund auf mit Weisheit und auf ihrer Zunge ist gütige Weisung” (Spr. 26). Sie ist selbstständig, aber sie ist eben nicht modern “autonom”. Nicht ihre Karriere sucht sie, nicht ihr Wohlbefinden, sondern letztlich ihre Freude in einem Leben zur Ehre Gottes.
Wohl wahr: “Wem eine tüchtige Frau beschert ist, die ist viel edler als die köstlichsten Perlen.” (Spr. 31.10)