Biblische Texte

Gott liebt Ismael

Die Ausweisung Hagars mit Ismael durch Abraham, die uns in 1. Mose 21,8-21 berichtet wird, irritierte mich lange Zeit .

Abraham wird uns als reicher Mann geschildert und gibt der Mutter seines Sohnes bloß einen Wasserschlauch mit (V. 14)? Auch irritiert die Formulierung in diesem Vers, in der Luther 1912 heißt es: “Da stand Abraham des Morgens früh auf und nahm Brot und einen Schlauch mit Wasser und legte es Hagar auf ihre Schulter und den Knaben mit und ließ sie von sich. Da zog sie hin und ging in der Wüste irre bei Beer-Seba.” Natürlich eine beliebte Bibelstelle für Bibelkritiker: Warum sollte schließlich eine Frau einen Jungen auf den Schultern schleppen, der bereits ein mindestens 13 Jahre alter Teenager ist (Vgl. auch V 15, wo es heißt “…warf sie das Kind unter einen der Sträucher”.

Nun ich habe etwas recherchiert und bin in einem Kommentar zum 1. Buch Mose fündig geworden (genauer: K. A. Mathews, Genesis 11:27–50:26, Bd. 1B, The New American Commentary (Nashville: Broadman & Holman Publishers, 2005), 271.)

Der Vers verwendet hier in der Tat eine ungewöhnliche griechische Grammatik, die die Spannung, wie lange der junge Mann bei Abraham blieb, möglichst lange aufrecht erhält: Erst ganz zum Schluß, als schon alles zur Reise gepackt ist, und Hagar mit einem Wasserschlauch geschultert zur Abreise bereit ist, heißt es:  “…und den Knaben mit”. So lange wie möglich wollte Abraham Ismael bei sich behalten.

Das Kapitel 21 legt Wert darauf, an unterschiedlichen Stellen die Liebe Abrahams zu Ismael zu unterstreichen: “Und dieses Wort war sehr übel in Abrahams Augen um seines Sohnes Willen” (V.11) lesen wir, als Sara, darauf besteht, dass Ismael weg soll. Das ist der Wortlaut, den Gott aufgreift, als er Abraham ermutigt, genau das zu tun!

Tatsächlich muss Gott Abraham zunächst versichern, dass Ismael überfließend gesegnet wird (Vgl. V.13), bevor Abraham bereit ist, Ismael ziehen zu lassen.

Erst jetzt begegnet uns ein klassischer Abraham, der “sich früh morgens aufmacht” (V. 14). Halt, das kennen wir doch schon an einer anderen Stelle! Genau, als Gott Abraham damit beauftragt, Isaak zu opfern. Und keiner würde daran, zweifeln, dass Abraham Isaak geliebt hat.

Überhaupt wird jeder gesegnet, der irgendwie Verbindung mit Abraham kommt:

  • Abimelech, ein Gerariter, der sich eigentlich Sara als Frau schnappen möchte, wird gesegnet, indem seine Frauen nun gebären können, und sie als Volk sich vermehren können.
  • Lot wird gesegnet, in dem er nicht mit Sodom und Gomorra untergehen muss, und seine Nachkommen zwei große Völker werden
  • Ismael wird gesegnet und zu einem tüchtigen Bogenschützen (V.20) und einem großen wohlhabenden Volk ( Vgl. “zwölf Fürsten” in 25,16 bzw. den Wohlstand ihrer Karavanen in 37,25)
  • Esau wird derart gesegnet, dass Jakob Angst hat, ihm zu begegnen. Man fragt sich, wenn das der “dürre Segen ist”, wie sieht dann der richtig große Segen aus? (Vgl. aber die Tiefe von Jakobs Segen).

Jeder der irgendwie in Berührung mit Abraham kam, wird mit Segen überschüttet! Das ist auch heute so: Jeder, der Abrahams Samen begegnet, nämlich Christus, wird mit Segen überschüttet! Ist es nicht der Wortlaut vom Galaterbrief? Achte mal darauf:

“Folglich werden die, die aus Glauben sind, mit dem gläubigen Abraham gesegnet. (…)  Christus hat uns losgekauft von dem Fluch des Gesetzes, indem er ein Fluch für uns geworden ist – denn es steht geschrieben: »Verflucht ist jeder, der am Holz hängt!« –, damit der Segen Abrahams in Christus Jesus zu den Nationen kam, damit wir die Verheißung des Geistes durch den Glauben empfingen.” (Galater 3,9,13,14,)

 

 

 

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