Dieser Artikel von John Piper erschien am 22.05.2020 unter dem Titel: “Do My Sins Ruin God’s Plan for My Life?”. Übersetzt von Simon Klippenstein. Mit freundlicher Genehmigung von Desiring God (download).
Zerstören meine Sünden Gottes besten Plan für mein Leben? Verliere ich Gottes besten Plan für mich, wenn ich in Sünde lebe? Dies ist eine so wichtige Frage, und sie wurde uns in einer E-Mail von einer bekümmerten Frau mittleren Alters namens Valerie gestellt. “Hallo, Pastor John. Können meine schweren Sünden, die ich auch noch als Christ begangen habe, Gottes Plan für mein Leben durchkreuzen? Wenn ich in Sünde lebe, bekomme ich dann seinen Plan B für mich? Werde ich seinen Plan A verpassen? Ich erkenne an, dass mir vergeben ist, aber ich muss mit den Folgen meiner Torheit leben. Allerdings wünsche ich mir auch, dass ich nicht auf eine Weise gesündigt habe, die möglicherweise den Verlauf von Gottes Segen für mein Leben und das Leben meiner erwachsenen Kinder verändert haben könnte. Habe ich wegen meiner Sünden Gottes besten Plan für mich verwirkt”?
Lass mich für die Beantwortung dieser Frage vorerst einige biblische Grundlagen legen, bevor ich dann versuchen möchte, auf dieser Grundlage eine biblische und zuverlässige Antwort auf die Frage zu geben, ob wir in unserem Leben sozusagen den „Plan A“ oder den „Plan B“ leben.
Tägliche Belohnung und täglicher Verlust
Beginnen wir mit der biblischen Lehre, dass alle Christen eines Tages vor dem Richterstuhl Christi stehen werden und für das Gute und Böse, das sie getan haben, belohnt werden oder nicht. In 2. Kor. 5,10 lesen wir: „Denn wir alle müssen einmal vor dem Richterstuhl von Christus erscheinen, wo alles offengelegt wird, und dann wird jeder den Lohn für das erhalten, was er während seines Lebens in diesem Körper getan hat, ob es nun gut war oder böse.“
In Eph. 6,8 steht: „…da ihr wisst, dass, was irgend ein jeder Gutes tut, er dies vom Herrn empfangen wird, er sei Sklave oder Freier….“ Das ist eine faszinierende Aussage. Wow. Jede noch so kleine Sache, die du getan hast, ohne dass es jemand anders mitbekommen hat, hat Gott aufgeschrieben und du wirst eine angemessene Belohnung dafür bekommen.
Weiter lesen wir in 1. Kor. 3,15: „…wenn das Werk jemandes verbrennen wird, so wird er Schaden leiden, er selbst aber wird gerettet werden, doch so wie durchs Feuer. Es gibt einen gewissen Verlust, ein „verbrannt werden“, welches die Gläubigen wegen ihrer sündigen Handlungen erdulden müssen. Es gibt aber auch einen Gewinn, den die Gläubigen für das Gute, das sie getan haben, erhalten. Natürlich stellt nichts davon – auch wenn manche sich dagegen sträuben – die Lehre der Rechtfertigung allein durch den Glauben in Frage. Diese Wahrheit steht neben der, dass es im kommenden Zeitalter unterschiedliche Belohnungen für gerechtfertigte Gläubige gibt.
Vergiss nicht, dass alle Christen jeden Tag sündigen. „Wenn wir behaupten, ohne Sünde zu sein, betrügen wir uns selbst und verschließen uns der Wahrheit. …Wenn wir behaupten, wir hätten nicht gesündigt, machen wir Gott zum Lügner und geben seinem Wort keinen Raum in unserem Leben (1. Joh. 1,8;10).“ Wer von uns kann am Ende eines Tages sagen: „Heute habe ich Gott vollkommen geliebt, mit meiner ganzen Seele, meinem ganzen Herzen, mit meiner ganzen Kraft und mit all meinem Sinn“? Kaum ein Mensch ist so anmaßend. Wir sündigen jeden Tag und wir tun jeden Tag Werke des Glaubens. Die sündigen Taten führen zu unserem durchaus schmerzlichen Verlust, und die rechtschaffenen Taten führen dazu, dass wir am letzten Tag belohnt werden.
Dein „bestes Leben“ erlebt Veränderung
Was bedeutet das also? Ich habe hiermit mein biblisches Fundament errichtet, welches ich legen wollte. Was bedeutet das aber für mein „bestes Leben“? Plan A? Oder ist es Plan B oder Plan C oder Q oder X? Versuch dabei nur über dich nachzudenken. Betrachte dich selbst, ohne Bezug zu jemand anderem im Leib Christi – nur dich selbst. Von dem strikt individuellen Standpunkt aus ist das „beste Leben“, dass du führen kannst, eines mit den wenigsten Sünden und den liebevollsten Taten. Individuell gesehen ändert sich also das „beste Leben“ – unsere beste Zukunft – nur vom individuellen Standpunkt aus gesehen, jede Stunde. Die Sünden verringern unsere Belohnung und unsere Missetaten werden sozusagen im Voraus verbrannt. Unsere guten Taten hingegen werden jede Stunde unseres Lebens aufgezeichnet und am Ende belohnt.
Und so ändert sich dein „bestes Leben“ jeden Moment, wegen der ganzen Sünden, die du tust; nicht nur wegen der großen Sünden in deinem alten Leben, sondern wegen aller deiner Sünden. Und deine guten Taten werden aufgezeichnet. In meiner Gemeinde habe ich oft gesagt, dass wir nie eine Entscheidung getroffen haben, die über eine „Plan B – Entscheidung“ hinausging. Ich habe nie eine Entscheidung die wir getroffen haben, als eine „Plan A – Entscheidung“ angesehen. Alles war so gut, wie man es als sündiger, gefallener Mensch halt tun konnte. Gott, in all seiner Barmherzigkeit, zeichnet diese auf und wird entsprechend mit ihnen umgehen.
Von dem Standpunkt aus betrachtet, dass alle Heiligen Gottes einen großen, zahllosen Leib Christi bilden, der das Panorama der Gnade Gottes als einen Leib, eine kohärente, organische Einheit zeigen – die Art und Weise, wie jeder Mensch in diesen herrlichen Leib hineinpasst, wird genau so sein, wie Gott es geplant hat, wenn alles, was gesagt und getan wird, zur größten Ehre seines Namens und zum größten Wohl für seinen Leib als Ganzes ist, wobei niemand, kein einziger Mensch in diesem Leib, in irgendeiner Weise Neid oder Stolz empfindet. Die neue Welt wird eine vollkommene Welt sein. Dort wird es keinen sündigen Defekt geben, dort wird es kein Unglück geben. Christus wird das Zentrum unserer Freude sein und uns werden Augen geschenkt, die sehen können, wie die Unterschiede zwischen uns Gläubigen zu seiner Herrlichkeit und unserer Freude dienen.
Grenzenlose Zufriedenheit
Verinnerliche dir das. Im Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg, wo manche den ganzen Tag und manche nur eine Stunde lang gearbeitet haben, und der Herr sie alle gleich bezahlte, ist der entscheidende Punkt folgender: „Darf ich denn mit dem, was mir gehört, nicht tun, was ich will? (Matthäus 20,15)“ Mit anderen Worten: Gott ist völlig frei mit seiner Gnade zu tun, was ihm gefällt, was möglicherweise bedeutet, dass uns einige Überraschungen bevorstehen. Und diese werden gut sein.
Bedenke außerdem Folgendes: Ich habe vorhin erklärt, dass es bei all den Unterschieden in der Belohnung im Himmel keinen Neid und kein Stolz geben wird. Ich werde deine höhere Belohnung nicht beneiden und du wirst mit deiner höheren Belohnung nicht Stolz auf mich hinabblicken. Das liegt daran, dass es dort keine Sünde mehr geben wird. Es wird einzig und allein vollkommene Zufriedenheit in Gott in jedem Herzen geben. Jeder Becher – egal, wie er geformt ist, egal, wie groß oder klein er ist – wird voll sein und vor Liebe und Freude in Gott überfließen. „Er wird alle ihre Tränen abwischen. Es wird keinen Tod mehr geben, kein Leid und keine Schmerzen, und es werden keine Angstschreie mehr zu hören sein. Denn was früher war, ist vergangen (Offb. 21,4).“
Jage weiter auf dem Weg zum Himmel
Ich will dir noch ein paar abschließende Auswirkungen für dein Leben mitgeben: Jeder von uns bedauert Dinge, die er getan hat. Wenn wir ehrlich sind, wenn wir weitsichtig sind, bereuen wir es am Ende eines jeden Tages, nicht nur am Ende einer Phase der Kindererziehung – jeden Tag, nicht nur für ein paar große Dinge in der Vergangenheit, sondern für hunderte von Dingen, die sich über Tage, Wochen und Monate anhäufen. Was sollen wir mit diesem zukunftsverändernden Bedauern tun, da sie eines Tages alle verbrannt sein werden? Paulus teilt mit uns zwei wirklich hilfreiche Dinge:
„Mein Brief hat euch zwar hart getroffen, und doch bereue ich es nicht, … Dafür freue ich mich jetzt umso mehr – natürlich nicht über euren Schmerz, sondern darüber, dass dieser Schmerz euch zur Umkehr gebracht hat. Das Ganze hat euch auf eine Art und Weise weh getan, die Gottes Willen entsprach, und deshalb hat unser Brief euch letzten Endes keinerlei Schaden zugefügt. Denn ein Schmerz, wie Gott ihn haben will, bringt eine Umkehr hervor, die zur Rettung führt und die niemand bereut. Der Schmerz hingegen, den die Welt empfindet, bewirkt den Tod (2. Kor. 7,8-10).“
Mit anderen Worten, es gibt eine Art Rückblick mit Bedauern, der gnädig zur Reue führt und der Reue den zukunftsvernichtenden Stachel nimmt. Sicherlich können die Narben und Schäden unserer Sünden manchmal nicht rückgängig gemacht werden. In der Fragestellung kommt die Besorgnis darüber zum Ausdruck. Sie können nicht rückgängig gemacht werden. Zerbrochene Gesundheit. Vielleicht hast du zu lange geraucht. Du hast deine Gesundheit kaputt gemacht. Eine zerbrochene Ehe. Die Scheidung, die Wiederverheiratung – es lässt sich nicht rückgängig machen. Entfremdete Beziehungen. Psychologische Narben von wer weiß was. Paulus will damit sagen, dass göttliche Reue und gottgefällige Reue voller Hoffnung sind, dass diese Dinge unsere Zukunft und unsere Freude nicht zerstören werden.
Das wusste Paulus aus seiner eigenen schrecklichen Vergangenheit. Er kannte den Schmerz, von dem er sprach, wenn er sich auf die Vergangenheit bezog, weil er, wie er sagt, der schlimmste aller Sünder war, weil er tatsächlich an der Ermordung von Christen beteiligt war (1. Tim. 1,15). Stell dir vor, wie das Paulus für den Rest seines Lebens überkam. Er nahm das Leben von Christen, was wahrscheinlich der Grund dafür ist, dass er dieses letzte Wort sprach. Ich höre aus diesen Worten seinen inneren Kampf, den er gehabt hat:
„Brüder, ich denke von mir selbst nicht, es ergriffen zu haben; eins aber tue ich: Vergessend, was dahinten, und mich ausstreckend nach dem, was vorn ist, jage ich, das Ziel anschauend, hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christus Jesus. (Phil. 3,13-14).“
Meine Schlussfolgerung ist, dass es vergeblich und sinnlos ist, herausfinden zu wollen, ob wir in Plan A oder B oder Plan X oder Y leben. Heute ist der Anfang vom Rest deines Lebens. Wenn du Christ bist, führt das zu vollkommenem Glück für immer – vollkommenes Glück für immer in der Gegenwart Gottes. Stürz dich in dieses Leben in der großen Erwartung, dass Gott deine ewigen Fähigkeiten erhöht, sich an ihm zu erfreuen, während du dich auch hier auf der Erde schon an ihm erfreust.