Kardienstag: Seit nicht dumm!

Jesus predigte häufig in Gleichnissen. Es fällt auf, dass man viele Gleichnisse in klare Kategorien einteilen kann. Da gibt es eine ganze Reihe Himmelreichsgleichnisse (“Das Himmelreich ist gleich…”). Das 13. Kapitel des Matthäusevangeliums schildert uns eine ganze Menge. Es gibt praktische Lebensanweisungen in Gleichnisform, häufig mit dem Bezug auf das Geld (Der ungerechte Verwalter, Lazarus und der reiche Mann, Gleichnis vom reichen Kornbauer…). Vor allem Lukas liebt diese praktischen Gleichnisse, wie auch die vom suchenden Gott (Kap. 15).

Wer sich gerne mit Gleichnissen beschäftigt kommt nicht an “Stories with an Intent” von Klyne Snodgrass vorbei…

Aber auch die Karwoche Jesu war von vielen Gleichnissen begleitet. Sie sind allesamt dramatisch und alarmierend. Die meisten von Ihnen thematisieren die Endzeit auf eine besonders dringliche Weise.

Matthäus berichte uns von mindestens sechs Gleichnissen, die Jesus in seiner letzten Woche in Jerusalem berichtet hat:

  • Das Gleichnis von den ungleichen Söhnen (21,28-32)
  • Das Gleichnis von den Weingärtnern bzw. den bösen Arbeitern im Weinberg (21,33-46)
  • Das Gleichnis vom Hochzeitsmahl (22,1-14)

Nach diesen drei Gleichnissen wird Jesus zunächst durch des Volkes Obersten in Streitgespräche verwickelt (22,15-46). In Matthäus 23 folgt die Anklagerede Jesu gegen die Pharisäer und Schriftgelehrten und in Kapitel 24 dann die große Endzeitrede Jesu.  Doch in 24,45 geht es mit den Gleichnissen weiter, genauer

  • Das Gleichnis vom treuen und untreuen Knecht (24,45-51)
  • Das Gleichnis von den zehn Jungfrauen (25,1-13)
  • Das Gleichnis von den anvertrauten Talenten (25,11-30)
  • Das Gleichnis von den Böcken und Schafen (ist nicht unbedingt ein Gleichnis, 25,31-46)

Ich habe mich gefragt wie man diese sieben Erzählungen am besten unter einen Hut bringt, und als wir mit den Kindern darüber sprachen, merkten wir, wie ein Fazit sich immer wiederholt: “Seit nicht dumm!” Manchmal sagt Jesus das recht direkt, wie bei den fünf törichten Jungfrauen, manchmal wird es in törichten Ausreden angedeutet, die die Geladenen zum Hochzeitsmahl geben. Manchmal wird der Gedanke, in der Endzeit weise zu sein auch ganz praktisch ausgedrückt: “So wacht nun! Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde.” (Matthäus 25,13). Aber schauen wir genauer hin:

 1. Sei nicht dumm, denn ein bloßes Kennen des Gebotes ist noch kein (man möchte Gehorsam sagen, aber das Fazit ist:) Glaube

Ein typisches Problem vieler Zuhörer Jesu wird hier direkt angesprochen: Man hielt sich als Israeliten alleine schon deswegen für priveligiert vor Gott, weil Gott ja Ihnen ganz exklusiv sein Gesetz offenbart hat. Aber erfüllt man das Gebot den wirklich? Geht man wirklich in den Weinberg? Echter Gehorsam meint hier übrigens Glauben, achtet auf den Wortlaut:  “Wahrlich, ich sage euch, dass die Zöllner und die Huren euch vorangehen in das Reich Gottes. Denn Johannes kam zu euch im Weg der Gerechtigkeit, und ihr glaubtet ihm nicht; die Zöllner aber und die Huren glaubten ihm; euch aber, als ihr es saht, gereute es auch danach nicht, sodass ihr ihm geglaubt hättet.” (Matthäus 21,31–32)

2. Sei nicht dumm, und stoße dich am Messias

2023 gab es eine Debatte zwischen Roger Liebi und Rabbi Igor Itkin, darüber ob Jesus der verheißene Messias des Tanach (= des Alten Testaments) ist. Mich hat die erste Stützstelle, die Liebi in seiner Argumentation anführt, fasziniert. Er beruft sich gerade auf die Verheißungen des Messias als Anstoß für Israel (Liebe meint vor allem Jes. 8,14 und später dann Ps. 118,22). Liebi konfrontiert seine jüdischen Zuhörer genau damit, dass er Ihnen aufzeigt, dass gerade Ihre Ablehnung des Messias ein Zeichen dafür ist, dass Jesus der Messias ist (Anmerkung am Rande: der dahintersteckende Determinismus ist natürlich trotzdem überraschend aus dem Munde Liebis zu hören). Es ist so völlig natürlich sich an Jesus zu stoßen, das war schon immer im Trend. Doch Jesus sagt, dass er entweder Eckstein des Heils oder ein Stein wird, der einen erschlägt!

3. Sei nicht dumm und schlage deine Einladung zum Hochzeitsmahl aus!

Jedem fallen die törichten Ausreden der Geladenen auf: Einen Acker nach dem Kauf zu begutachten ist genauso dumm, wie eine erworbene Herde. Und natürlich hätte man seine Frau ohne Probleme zur Feier mitnehmen können!

Bei allen diesen drei Gleichnissen fällt die direkte Zuhörerschaft Jesu auf: Israel ist das Kind, dass ja zu Gottes Geboten sagt, sie aber nicht erfüllt. Israel stößt sich an Jesus, Israel schlägt die priveligierte erste Hochzeitseinladung aus. Zwei Mal wird ein furchtbares Gericht angedroht. Es fällt auch auf, wie die Perspektive vom Einzelnen (zwei Söhne) zur Elite (die Verwalter des Weinbergs) zum ganzen Volk (viele Geladene) überschlägt!

So wie Israel ziemlich töricht beim ersten Kommen des Messias gehandelt hat, so werden viele äußerst töricht beim zweiten Kommen des Messias handeln. Darauf blicken die nächsten drrei Gleichnisse:

4.  Sei nicht dumm und vergesse die Wiederkunft Christi

Der Knecht ist dummböse. Er hält sich für klug, weil er denkt mein Herr kommt noch lange nicht. Doch dann…“ wird der Herr jenes Knechtes kommen an einem Tag, an dem er es nicht erwartet, und in einer Stunde, die er nicht weiß, und wird ihn entzweischneiden und ihm sein Teil festsetzen bei den Heuchlern; da wird das Weinen und das Zähneknirschen sein.” (Matthäus 24,50–51)

5. Sei nicht dumm und ignoriere die Ewigkeit mit dem Bräutigam!

Auch wenn unklar bleibt, wie der genaue Brauch zu verstehen ist, den Jesus schildert, ist das Fazit recht offensichtlich. Wer geht schon unvorbereitet auf ein zentrales Ritual einer Hochzeitsfeier? Nur ein Trottel! Gleich fünf gab es auf dieser ungewöhnlichen Hochzeit. Ist es nicht so, dass wir als Christen uns nicht wirklich vorbereiten auf die Begegnung mit Christus?

6. Sei nicht dumm und halte Gott für Böse

Das Gleichnis vom Wuchern der Talente wird ja irgendwie am allerliebsten verkehrt rum gedeutet: Da denkt die Mutter vieler Kinder, dass das Erziehen der Kinder nichts wert ist, so lange sie nicht im Chor singt, der Vater und Arbeiter denkt, er kann Gott nicht dienen, bis er nicht ein Musikstück auf der Bühne vorträgt usw.Und gerade dadurch landen wir in der Fall dessen, der sein Talent vergrub, den er tut es, weil er seinen Herrn für Böse hält. Wenn wir denken, dass wir Gott kaufen können, dann sind wir schon in dieser Theologie des Vergrabens gelandet. Wie man das Dilemma auflöst ist mindestens ein eigener Artikel. Aber das Wuchern ist auf jeden Fall eine Ausrichtung auf die Ewigkeit, frei nach Jim Elliot: “Der ist kein Narr, der aufgibt, was er nicht halten kann, um zu gewinnen, was er nicht verlieren kann”.

7. Sei nicht dumm und halte dich für klug

Die letzte Rede nimmt uns zum jüngsten (= letzten) Gericht. Alle Welt ist versammelt und wird zweigeteilt. Der große Hirte tritt auf und “wird richten zwischen Schaf und Schaf” (Hes. 34,22). Eine wirklich erhebende Stelle. Nun ist alles entschieden, nun wird jeder gewogen, jeder beurteilt, viele verurteilt. Die Schafe zur Rechten, die Böcke zur Linken. Beide reagieren gleich, es heißt: “Dann werden auch sie antworten und sagen: Herr, wann sahen wir dich hungrig oder durstig oder als Fremdling oder nackt oder krank oder im Gefängnis und haben dir nicht gedient?” (Matthäus 25,44). Das schlimmste ist letztlich, dass man denkt, dass alles sowieso in Ordnung kommt und man unbekümmert und gleichgültig an Gottes Wort und den unzähligen Möglichkeiten für das Gute am Tag vorbeigeht. Man erwartet gar keinen Richter, doch plötzlich ist er da, und sein Gericht ist ganz eindeutig: “Dann wird er ihnen antworten und sagen: Wahrlich, ich sage euch, was ihr einem dieser Geringsten nicht getan habt, habt ihr auch mir nicht getan.” (Matthäus 25,45). 

Fazit: “Wacht also! Denn ihr wisst nicht, an welchem Tag euer Herr kommt.” (Matthäus 24,42)

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