Treffen sich Knox, Foxe und Cox in Frankfurt…

Beim Hören der wunderbaren und insgesamt 33 h. dauernden Vorlesung von Carl R. Trueman zur Reformationsgeschichte (in iTunes oder youtube) bin ich auf diese spannende Anekdote englischer oder eher schottischer Kirchgeschichte gestoßen, die sich tatsächlich in Frankfurt abgespielt hat und die sogar in einem eigenen Wikipedia-Artikel besprochen wird. Doch zunächst ein paar Infos zum Hintergrund und den Hauptfiguren:

Ein paar Hintergründe

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Maria I (Tudor) von England, auch Bloody Mary” genannt ((c) Public Domain)

Während Heinrich VIII. eine eher pragmatische Haltung zur Reformation verbringt, sympathisiert sein Sohn Edward VI. schon deutlich auch mit den radialeren Kräften der Protestanten, ist aber vor allem zu jung und auch zu kurz an der Macht um den Protestantismus im Land zu festigen. Vor allem das Parlament hält fest am Katholizismus fest. Eigentlich hätte Maria die erste also ein leichtes Spiel, dass Land wieder zu re-katholisieren, als sie im Juli 1553 den englischen Thron besteigt. Doch trifft sie eine diplomatische Fehlentscheidung nach der anderen: Sie heiratet einen katholischen König (wohl das Schlimmste für einen Englischen Bürger) und greift zu einer rigiden Verfolgung der Protestanten. Über 280 “Dissenters” werdenverbrannt. So schafft sie das vermeintlich unmögliche: Der Protestantismus wird dem englischen Volk sympatisch. Aufgrund der Verfolgung fliehen viele englische Protestanten auf das Festland und siedeln sich vor allem in “reformierten”Gefilden Hollands, der Schweiz und Deutschlands an. So entsteht unter anderem auch eine englischsprachige Gemeinde mitten in Frankfurt, vor allem gespickt mit Theologen, die in den nächsten Jahren noch eine wichtige Rolle spielen sollen., kurz zu unseren Drei Titelfiguren:

John Knox

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John Knox Portrait

John Knox, der Mann mit dem typisch reformatorischen Riesenbart, war wirklich ein Mann, den man, wie Trueman es ausdrück auf seiner Seite haben möchte, wenn in einer Kneipe eine Schlägerei ausbricht. Für die Sache der Reformation wird er zum Galeerensträfling. Eine so schreckliche Sache,dass viele zur Galeerenstrafe verurteilte freiwillig größere Verbrechen von sich behaupten um dieser Vorteil durch eine Verurteilung zum Tode zu entkommen. Knox ist für die Schotten mindestens so bedeutend wie Luther für die deutsche Reformation und war wohl vor allem “knallhart”. Das “Book of Common Prayer” lehnt er als Götzendienst ab, da dieses ein Knien vor Brot und Kelch vorschreibt. Vor seiner Konfrontation mit der blutigen Maria, wird er von Königen Maria von Schottland verfolgt. Seine äußerst negativen Erfahrungen mit weltlichem (und weiblichem) Regiment führen schließlich zur Veröffentlichung des Buches: “The First Blast of the Trumpet Against the Monstruous Regiment of Women (dt.: Der erste Trompetenstoß wider die widernatürliche Herrschaft von Frauen). Dieses schreibt er zur Zeit der blutigen Maria, veröffentlicht wird es aber (unglücklicherweise) erst, als ihre protestantische Nachfolgerin Elizabeth I. den Thron besteigt. In der diplomatischen Krise, die dieses Buch auslöst, muss selbst Calvin vermitteln. In einer Predigt in Frankfurt vergleicht Knox den deutschen Kaiser Karl V. mit Kaiser Nero. Das stößt vielen Protestanten sauer auf, da sie so eine zunehmende Aggression katholischer Herrscher gegen die Protestanten fürchten. Insgesamt geht Knox’ Verständnis vom Widerstand gegen die Staatsgewalt deutlich über Luther und selbst Calvin hinaus, was später prägend für die schottische, puritanische und schließlich selbst amerikanische Geschichte werden sollte. Seine eigene Haltung spiegelt sich selbst in der Genevan Bible wieder, der Bibel vor der King James Bible, die mit Fußnoten versehen ist. Eine davon rechtfertigt die Lüge der Hebammen Pharaos, da dies eine angemessene Haltung gegenüber Tyrannen ist. Ein Kommentar, der vielen Adeligen kaum schmecken will und so schließlich die Entstehung der King James Bible befeuert, da dieser diese Kommentare endlich loshaben will.

JOhn Foxe

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John Foxe ( (c) public domain)

John Foxe ist vor allem als Autor des Buches Actes and Monuments (eine art englischer Märtyrer-Historie). Trueman bespricht ausführlich den Einfluss des Werkes auf die Entwicklung des englischsprachigen Protestantismus. Lange Zeit müssen sich in englischen Kirchen drei Bücher befinden: “Die Bibel”,”The Book of Common Prayer” und die “Actes and Monuments”. Der Grundgedanke ist eigentlich relativ einfach und geht der Frage nach: Wo war eigentlich die wahre Gemeinde vor der Reformation? Foxes Antwort ist einfach: Es war die verfolgte und leidende Gemeinde, eine Antwort die in konservativen Evangelikalen immer noch populär ist, wie die Kirchengeschichte von Broadbent zeigt, die ursprünglich den Titel “Gemeinde Jesu in Knechtsgestalt” trug. Foxe schweigt entsprechend über die Verfolgungen, die von protestantischer Seite stattfanden. Vor allem die radikale Verbrennungen durch Königen Maria I. lieferten aber zahlreiches Material für Fox und bewirkten beim englischen (und schottischen) Volk viel Achtung vor der Aufrichtigkeit der Protestanten. Foxes Buch wurde nach seinem Buch regelmäßig erweitert und erlebte ein Revival als mitten im viktorianischen Großbritannien plötzlich eine Katholische Erweckung stattfindet (Stichwort: John Henry Newman). Damals passte ein solches Werk einfach erneut in die antikatholische britische Atmosphäre. Auch er flieht nach Frankfurt.

Richard Cox

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Richard Cox ((c) public domain)

Über Richard Cox weiß ich am wenigsten. Er kommt mit zahlreicher Unterstützung in Frankfurt an. Knox, der zu diesem Zeitpunk Pastor der Frankfurter Exil-Gemeinde ist, weiß dass Cox deutlich am “Book of Common Prayer” festhält und mit seinen Unterstützern, dann die Mehrheit bilden wird. Trotz dieser Unterschiede befürwortet Knox die Aufnahme der neu Angekommenen. Ein sehr häufiges und typisches Element der Reformationsgeschichte. Während es uns heute oftmals so leicht fällt in Fragen der Gemeindewahl opportunistisch und relativ leichtsinnig zu verfahren, bedeutete diesen Menschen Einheit des Glaubens noch viel mehr. War schließlich eine gespaltene Gemeinde eine neue Erfahrung. Wie zu erwarten war, setzt sich Cox schließlich durch, Knox verliert sein Pastorenamt und kehrt wieder nach Genf zurück. Der Zusammenstoß hier in Frankfurt sollte ein kleiner Vorgeschmack des noch Jahrzehnte dauernden Konflikts um das “Book of Common Prayer”, das noch kommen sollte, und seinen Höhepunkt im“Großen Rausschmiss” der Puritaner 1662(!!) führte, die sich dem “Book of Common Prayer” nicht fügen wollten.

Der obige Text entstand nach einigen zusätzlichen Recherchen in Wikipedia vor allem aus den Teilen 20-25 und 29-31 der Vorlesung von Trueman.

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