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Der große baptistische Prediger des neunzehnten Jahrhunderts, C.H. Spurgeon bekannte einst: „Ganz plötzlich durchzog mich ein Gedanke – den ich, auch wenn ich ihn verabscheute, doch nicht besiegen konnte – dass es weder Gott, noch Christus, noch Himmel, noch Hölle gebe und dass alle meine Gebete vergeblich seien und dass ich genauso gut in den rauschenden Wind oder in die heulenden Wogen sprechen könnte“.
Das obige Zitat erinnert uns, dass beinahe alle Christen, selbst die, die stark und gewiss erscheinen, Zeiten erleben, in denen sie an das zweifeln, was sie glauben. Ja, diese Zweifel können manchmal zu einer Art Krise aufschwellen. Selbst Spurgeon gab zu, dass es schwierig war, die Zweifel zu besiegen.
Wie können wir also mit Zweifeln umgehen? Wie können wir anderen helfen, die zugeben, dass sie damit zu ringen haben, was sie glauben? Hier sind fünf Wahrheiten, die uns womöglich helfen können, in solchen Situationen sorgfältiger und gottesfürchtiger zu handeln.
Zweifeln ist normal.
Zunächst sehr grundlegend: Zu Zweifeln ist ein normaler Bestandteil des christlichen Lebens. Die Schriften sind voll von Beispielen, in denen die Menschen mit dem Glauben zu kämpfen hatten, was wir auch in der Kirchengeschichte so finden. Trotz unserer Neigung aus bekannten Persönlichkeiten der Kirchengeschichte Heldenfiguren zu zeichnen, muss man eingestehen, dass sie oft einen harten Kampf hinter den Kulissen führten (lest bloß mal über Martin Luther).
Deswegen ist es nicht Ablehnung des Christentums, wenn man zweifeln. Zu Zweifeln macht einen nicht zum Feind der Gemeinde. Vielmehr erinnert uns Os Guinness daran, dass der Zweifel eine Form des Zagens ist, dass man „zweier Sinne“ über etwas ist (vgl. God in the Dark von Os Guinness). Dann ist man so wie der besorgte Vater, der in Mrk. 9,24 ausruft: „Ich glaube, Hilf meinem Unglauben!“
Leider hat die Gemeinde diese Realität nicht immer erkannt. Uns wird manchmal gesagt, dass gute Christen niemals damit zu kämpfen haben, was sie glauben. Und die, die Fragen besitzen, schämen sich darüber, dass sie „Zweite-Klasse-Christen“ sind und werden manchmal sogar unter „Verdacht gestellt“. Solch Verhalten hat immensen geistlichen Schaden verursacht und wir müssen besser handeln.
Christus hatte Mitgefühl mit Zweiflern.
Zwischen Glauben und Unglauben gefangen zu sein ist eine herausfordernde Situation. Aber statt solche Menschen zu verachten oder zu beschämen, dürfen wir ermutigt um den Mitleid Christi mit Ihnen wissen. Er war geduldig mit Ihnen. Er demütigte Thomas nicht, sondern lud ihn ein, die Wahrheit klarer zu erkennen: „Lege deinen Finger hierher“ (Joh. 20,27). Wir müssen uns an Gottes eigenen gnädigen Charakter erinnern, der „ein geknicktes Rohr nicht zerbrechen und den glimmenden Docht nicht auslöschen wird.“ (Jes. 42,3 zitiert in Mt 12.20)
Die Gemeinde hat an dieser Stelle einiges zu lernen. In all den gesellschaftlichen Diskussion über Dekonstruktion gibt es eine besonders seltene Tugend: Mitleid. Sehr häufig kränken unsere Debatten Menschen, die eine gnädige Antwort nicht eine harsche Ermahnung benötigen.
Zweifel ist keine Tugend
Während die Gemeinde mehr Mitleid mit Zweiflern benötigt, gibt es hier auch die entgegengesetzte Gefahr: Es gibt in der Kirche heute einige Stimmen, die den Zweifel als eine beinah beneidenswerte Eigenschaft zeichnen, die jeder Christ anstreben sollte. Das Problem sei, so sagt man, dass Christen viel zu sehr davon überzeugt sind, was sie glauben. Und eigentlich wäre Gewissheit das eigentliche Problem.
Nun enthält das ein Körnchen Wahrheit: Wir müssen uns daran erinnern, dass nicht alle Lehren gleichermaßen klar in der Schrift enthalten sind, deswegen sollten wir nicht alle Lehren mit der gleichen Gewissheit vertreten. Und dennoch kann der Zweifel zu einer echten Gefahr verkommen, wenn zentrale Wahrheiten des Christentums in Frage gestellt werden. Klar ruft uns Jesus zu: „Glaubt und zweifelt nicht“. Jakobus erinnert uns wiederum: „Wer bittet, der bitte um glauben, den wer da zweifelt ist wie eine Meereswoge, die vom Winde hin und her geweht wird“ (Jak. 1,6)
In Kürze: Zweifel wird zu einem Hindernis für unseren Glauben, wenn wir ihn nicht bekämpfen.
Der Zweifel hat viele unterschiedliche Ursachen
Leider nehmen viele Christen an, dass Zweifler unter einem intellektuellen Problem leiden. Vielleicht haben Sie einfach nicht genug Fakten. Vielleicht müssen Sie eine These komplett zu Ende denken oder womöglich sind sie bloß nicht intelligent genug. Solche Plattitüden sind zutiefst problematisch. Sicherlich mögen einige Zweifler nicht die Antworten auf Ihre Fragen kennen. Doch viele Zweifler haben ihre intellektuellen Hausaufgaben erledigt und kämpfen doch darum, zu glauben. Lasst uns bloß nicht denken, dass solche Dinge immer dadurch gelöst werden, dass man „das richtige Buch liest“.
Zudem bezweifeln viele Menschen das Christentum aus moralischen Gründen. So hat das letzte Jahrzehnt offenbart, dass die Gemeinde immer noch viel Arbeit in den Bereichen des sexuellen und geistlichen Missbrauchs vor sich hat. Einige zweifeln, weil sie die hässliche Realität in der Gemeinde und die allzu typische Kleisterantwort darauf erlebt haben. Es ist völlig verständlich, warum solche Menschen sich fragen, ob Gott real ist, oder ob die Kirche eine gute Einrichtung ist oder ob das ganze christliche System ihr Vertrauen verdient hat.
Statt hier die Zweifler zu verachten, würde die Gemeinde womöglich besser daran tun, eine Haltung von Demut und Mitleiden anzunehmen. Wir sollten darum ringen, zu verstehen, was diese Menschen erlitten haben und müssen Wege finden, die die Kirche für Wachstum und Veränderung benötigt
Der Zweifel hat viele unterschiedliche Lösungen
Es gibt viele Wege unsere Zweifel zu bekämpfen. Wenn der Zweifel tatsächlich intellektueller Art sein sollte, mögen ernsthaftes Studium und Forschen in der Schrift angebracht sein. Doch es gibt andere wichtige Schritte im Umgang mit Zweifeln. Tim Keller hat hilfreicher Weise vorgeschlagen, dass wir lernen sollen, „unsere Zweifel zu bezweifeln“. Das bedeutet, dass wir nicht den Wahrheitsgehalt unseres Christlichen Glaubens in Frage stellen, sondern lernen die Wahrheit der Sache zu bezweifeln, die unseren Christlichen Glauben zu ersetzen versucht. Wenn wir das Christentum aufgrund der Evolutionstheorie anzweifeln, sollten wir uns die Zeit nehmen die Evolutionstheorie zu hinterfragen, ob sie das hält, was sie verspricht.
Ein letzter Gedanke zum Umgang mit Zweifeln. Ich bezeichne diesen Rat als den „Horror-Film-Ratschlag“ (Ich liebe schaurige Filme). In Horrorfilmen macht der Protagonist immer denselben Fehler – Er geht allein in der Finsternis umher. Währenddessen brüllt der Zuschauer: „Nein, tu das nicht!“. Sie wissen, dass man keinen schlimmeren Platz wählen kann, als allein im Dunkeln zu sein.
So ist es auch mit geistlichen Themen. Wenn du mit Zweifeln kämpfst, dann geh nicht alleine und im Finstern. Bleibe stattdessen in der Gruppe und im Licht. Konfrontiere diese Herausforderungen innerhalb einer festen christlichen Gemeinschaft, die Halt und Ermutigung geben können.
Denn genau dafür ist der Leib Christi da: „Zwei haben es besser als einer allein, denn zusammen können sie mehr erreichen. Stürzt einer von ihnen, dann hilft der andere ihm wieder auf die Beine. Doch wie schlecht steht es um den, der alleine ist, wenn er hinfällt! Niemand ist da, der ihm wieder aufhilft!“ (Pred. 4,9-10)
Ein Artikel von Michael J. Krueger, Übersetzung mit freundlicher Genehmigung des Autors.