Als Kain Abel tötet, scheint das Böse gesiegt zu haben. Nun ist keiner mehr da, der die Heilslinie fortführen kann. Kain entfernt sich vom Angesicht des Herrn (1 Mo 4,16), und lebt nun “jenseits von Eden”. Evas ursprüngliche Erwartung einer nahen Erlösung sind enttäuscht worden (1. Mo 4,1). Doch Gottes Vorsehung erweist sich als zu mächtig für alle menschlichen Intrigen und Enttäuschungen!
Die erste Familie der Welt bekommt erneut Nachkommen. Eva liefert wieder ein Statement, der von ihrem Glauben spricht: Denn Gott hat mir, einen anderen Samen gesetzt für Abel, den Kain erwürgt hat(1 Mo 4,25). Entsprechend lesen wir, dass Seth und sein Sohn Enos anfangen “von des Herrn Namen zu predigen” (1. Mo 4,26).
Wer ist der Erbe der Verheißung?
Ein Motiv des alten Testaments, findet sich verschärft im leben der Patriarchen und Urväter: Wer ist der rechte Erbe? Leider erweist sich die “Schlangenbrut” meist als “fruchtbarer” als der Same der Verheißung. So kann Abraham ohne Weiteres mit Hagar einen Nachkommen zeugen (und nach Sarahs Tod nochmal weitere sechs), doch keiner davon ist das Kind der Verheißung. 1800 Jahre nach diesen Ereignissen ist Paulus immer noch fasziniert von dem, was geschehen ist, und sieht hier zum einen schon “zwei Testamente”: der Knechtschaft und der Freiheit (Gal. 4,21-31): Frei sind nur die Kinder der Verheißung. Paulus sieht übrigens auch einen Zusammenhang zu einer Prophetie Jesajas (Jes. 54,1). Aber auch im Römerbrief kreist Paulus regelmäßig an diesem Motiv vorbei (Röm 4,16-22 und Röm 9,6-9): In der ersten Stelle betont er den Glauben Abrahams an die Verheißung, der mit all seinen Schwächen und Versagen des Glaubens(sonst gebe es ja keinen Ismael) an der Verheißung festhält. In der zweiten Stelle finden wir eine klare Unterscheidung zwischen zwei Linien: Nicht alle Nachkommen Abrahams sind Kinder der Verheißung. Paulus bespricht das hier, auch um einen ihn selbst zu tiefst bewegenden Konflikt aufzulösen: Wieso werden all die vielen Verheißungen des AT nicht dem ganzen Volk Israel zuteil?
Doch zurück zu unserem Motiv: Was Abraham intensiv erlebte, begegnet später auch Isaak, der jahrelang auf einen Erben wartet, um dann zu erfahren, dass es Zwillinge werden, und auch völlig erschütternd erleben muss, dass nicht der ihm so sehr zusagende Esau, das Kind der Verheißung ist. Jahrzehntelang weigert er sich die Realität anzuerkennen. Isaak ist mir hier ziemlich sympatisch, so allzu menschlich.
Bei Jakob findet der Übergang zu einem Volk statt, doch auch hier erweisen sich die zuerst geborenen Kinder als äußerst ungeeignet. Der erstgeborene Ruben steigt ins Bett mit seiner Stiefmutter, während Simeon und Levi von einer kaum zu bändigenden Wut eine ganze Ortschaft vernichten. Dass aber Juda zum Erstlingsrecht kommt, verdankt er bei weitem nicht seinen Eigenschaften, wie eine wirklich dreckige Angelegenheit mit Thamar zeigt. So bekommt Juda seine Vorzüge ganz aus Gnaden, während die ersten drei Söhne Jakobs völlig verantwortlich für ihre “Verwerfung” bleiben.
Etwas unangenehm ist mir dieses sehr lange Zitat, aber dieser Kommentar ist wirklich ein Meisterstück: Timothy Keller, bespricht im Richter-Kommentar “Judges for you” (Ab. S. 176) die unerwartete Geburt Simsons und stellt fest ( Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator):
“Diese besondere Geburt Simsons weist uns natürlich auf die außergewöhnlichste aller Geburten hin, über ein Jahrtausend später. Aber Jesu Empfängnis ist nicht die einzige, an die Samson uns erinnern sollte. Gott hat in der Welt oft durch ein Kind gearbeitet, dessen Existenz, menschlich gesprochen, unmöglich ist. Isaak, der Sohn, den Gott Abram verheißen hatte und durch den der Segen für die Welt kommen würde (1. Mose 12,1-3), wurde von Sarah geboren, einer Frau, die unfruchtbar war (11,30; 21,1-3). Samuel, mit dem Gott die ersten beiden auserwählten Könige für sein Volk salben würde, wurde von einer Frau geboren, die keine Kinder gebären konnte, Hannah (1. Samuel 1:5-7, 19-20). Johannes der Täufer, der das Kommen des Herrn selbst verkünden würde, wurde von Elisabeth geboren, die “unfruchtbar war und…. wohlbetagt” (Lukas 1,7).
“Marias Schwangerschaft war aus einem anderen Grund unmöglich; sie war Jungfrau (Lukas 1,26-27.34). Bei der Geburt Jesu geht der Grad der Wundersamkeit in die Höhe – Bei allen anderen Babys öffnete Gottes Kraft die Leiber der Frauen, damit sie natürlich empfangen konnten, doch Maria wurde von Gott ermöglicht, überhaupt ohne einen menschlichen Vater zu empfangen. (…) Jede Geburt war etwas, was die Mutter menschlich nicht konnte- Gott zeigte, dass die Erfüllung seiner Heilsversprechen etwas war, was kein Mensch bewältigen konnte; dass er allein derjenige ist, der “den Toten Leben einhaucht und Dinge ruft, die nicht so sind, als wären sie es” (Römer 4,17).(…). Zunächst geschahen die anderen Geburten jeweils im Schatten der Schande. In der Antike war die Fruchtbarkeit einer Frau ein wesentlicher Bestandteil ihrer Ehre und Würde. Und israelitische Frauen, die sich an Gottes Verheißung an Eva erinnern, dass ein Retter geboren werden würde, der den Teufel besiegen und die Auswirkungen der Sünde rückgängig machen würde, hätten sich danach gesehnt, – potenziell – an der Erfüllung dieser Verheißung teilzunehmen. So lebte eine Frau, die keine Kinder gebären konnte, unter einer Wolke der Scham und mit einem Gefühl der Enttäuschung (eine heute noch von vielen kinderlosen Frauen in vielen Kultur stark empfundene). Gott besuchte sie in Barmherzigkeit, hob die Schande auf und brachte Ehre und Freude.
Aber die Geburt Jesu brachte Mutter und Sohn Schande. Wir sollten nie vergessen, dass unser Erlöser in Skandal und Misstrauen geboren wurde. Dies erinnert uns daran, dass, während die anderen “Retter” Ehre und Ruhm erlangten, um ihre Arbeit zu tun, Jesus all seine Ehre und Herrlichkeit verlor, um seine zu tun.”
Nur Analogien unerwarteter Geburten?
Finden sich in den Erlebnissen der Patriarchen nur Parallelen unerwarteter Geburten zur Geburt des Messias? Ich denke, wir finden mehr:
Der Bundesschluß mit Abraham (1 Mose 15,7ff): Die Verheißung bricht sich die Bahn nicht nur durch die Fortführung einer Heilslinie, sondern in neuen Offenbarungen der Verheißungen Gottes, ich würde sagen in Weiterentwicklungen des Protevangeliums aus 1 Mo 3,15. Sehr deutlich kommt zum Vorschein, dass Gott den Bundesfluch auf sich nimmt. Ausführlicher hier.
Wie nah Abraham an die Botschaft des Evangeliums kommt, wird deutlich in seiner Prüfung Abraham zu opfern. John Frame führt in seinem herausragenden Werk “Apologetics” aus (Ab. S. 140, wieder geht der Dank für die Übersetzung an DeepL):
“Gott selbst gefährdet den “Samen der Verheißung”, indem er verlangt, dass Abraham seinen Sohn Isaak, den einzigen Sohn Abrahams, opfert. den das Versprechen kommen kann. Aber als Abraham das Messer hebt: Der Engel des Herrn rief ihn vom Himmel aus an und sagte: “Abraham, Abraham!” Und er sagte: “Hier bin ich.” Er sagte: “Leg deine Hand nicht auf den Jungen zu töten oder ihm etwas anzutun, denn jetzt weiß ich, dass du Gott fürchtest, wenn ich sehe, dass du deinen Sohn nicht zurückgehalten hast, deinen einzigen Sohn.Sohn, von mir.” Und Abraham hob seine Augen auf und schaute, und siehe, hinter ihm war ein Widder, der von seinen Hörnern in einem Dickicht gefangen war. Und Abraham ging hin und nahm den Widder und bot ihn als Brandopfer anstelle seines Sohnes an. Also nannte Abraham den Namen dieses Ortes: “Der Herr wird geben”; wie es bis heute heißt: “Auf dem Berg des Herrn wird er versorgt werden”. (Gen. 22,11-14). Hier lehrt Gott sein Volk (1), dass es keine höhere Prüfung der Bundestreue gibt, als den geliebten Sohn für einen anderen aufzugeben; (2) dass Gott den Samen der Verheißung bewahren wird, damit sie sicherlich erfüllt wird; (3) dass ein Ersatzangebot dennoch notwendig ist (vgl. Gen 22,8); und (4) dass Gott also für sein Volk in all seinen Bedürfnissen sorgt, wobei ihr Größtes, die Vergebung der Sünden ist.“
Übrigens, wer eine wirklich ergreifende Darstellung der Emotionen un der Irrationalität der Opferung lesen möchte, dem sei an dieser Stelle “Furcht und Zittern” von S. Kierkegaard empfohlen.
Im nächsten Beitrag verfolgen wir die Idee W. MacDonalds: Joseph, erinnert mich an Jesus.