“Bei seiner (d.h. Christi) Ankunft werden alle Menschen in ihren Leibern auferstehen
und Rechenschaft ablegen über ihre eigenen Handlungen.
Und die, welche Gutes getan haben, werden eingehen zum ewigen Leben,
die aber Böses getan haben, ins ewige Feuer.
Dies ist der katholische Glaube. Wer ihn nicht treu und fest umfasst, kann nicht selig werden.”
(Athanasisches Glaubensbekenntnis)
Als ich mit zehn Jahren das erste Mal eine Bibel in der Hand hielt, fing ich gleich begeistert an zu lesen und bin dann irgendwann im zweiten Buch Mose stecken geblieben. Aber ein letzter verzweifelter Versuch war vom Interesse getrieben, rauszubekommen “wie das Buch endet”. So las ich also in der Offenbarung über Drachen, Engel, Kriege, Krankheiten… diese “Sci-Fi-Horror-Geschichte” hat mir richtig angetan! Der kosmische Krieg zwischen Gut und Böse mit vielen unerwarteten Wendungen und einem fulminanten Finale, das fesselt mich bis heute.
Das ich trotzdem noch nie einen Artikel “über die letzte Zeit” geschrieben habe, möchte ich nun ändern.
Wie ich das Reden der Bibel von der letzten Zeit verstehe
Zunächst muss ich wohl eingestehen, dass die für diesen Artikel gewählte Überschrift irreführend sein kann: Tatsächlich glaube ich nicht an eine “heimliche Vorentrückung der Gemeinde vor der Trübsal” und ich glaube auch nicht, dass die Gemeinde “ein Einschub zwischen der Heilsgeschichte Israels” ist, sondern vielmehr der Höhepunkt der Verheißungen Gottes ist. Dennoch glaube ich, dass ein wenig mehr Licht eine gewisse Basis für das Gemeinsame der unterschiedlichen “Endzeit-Modelle” schaffen kann und wir auch in der Erkenntnis der Schrift reifen können.
Wie stelle ich mir also den “Zeitplan der Endzeit” vor? Das biblische Reden von der letzten Zeit deute ich so, dass bei der Wiederkunft Christi, beim Klang der letzten Posaune (Offb. 11,15) die Toten auferstehen werden (1. Thess 4,16; 1. Kor. 15,52), und die lebenden Christen mit Ihnen zu Christus entrückt werden (1. Thess. 4,17), der daraufhin die ganze Menschheit richten wird (“Schafe von den Böcken trennen”; Mt. 25,3; z.B. auch Offb. 19,2; Offb. 20,4 u.a.). Wer an Christus glaubt, kommt nicht ins Gericht, sondern erbt das ewige Leben (Joh. 5,24;1 Pet. 4,17) . Da die Glaubenden in Christus sind, kann Christus nicht erneut gerichtet werden (2. Kor. 5,21; Gal. 1,4; 1. Pet. 3,18: “Christus einmal für die Sünden gelitten”, in dieser Logik, wenn auch eine sonst schwer zu verstehende Stelle. 1. Pet 4,6), sondern der Geist Gottes wirkt in Ihnen die Auferstehung, wie er sie in Christus gewirkt hat (Röm. 8,11!). Die Feinde Christi aber werden nach ihren Werken gerichtet (Joh. 3,18; Offb. 20,12; und in den feurigen Pfuhl geworfen (Offb.20,13).
In dieser Kurzbeschreibung sehe ich die größere Übereinstimmung mit den biblischen Darstellungen der Dinge, die noch kommen sollen und der biblischen Themen im Gesamtkonzept von AT und NT. Im Grunde genommen könnte man mich dafür kritisieren, dass mein Zeitplan, gar kein Zeitplan ist, weil er vor allem auf einen Punkt blickt. Und ich deute die Zukunftsprophetien der Propheten, Apostel und Jünger auch in diesem Sinne, dass sie sehr wohl präzise und verständlich sind, aber eben kein “Zeitplan” sind.
Nähern wir uns von innen nach außen an die Spannungspunkte: Zunächst, – aus der Perspektive der Hoffnung der Auferstehung kann meines Erachtens eine heimliche Vorentrückung der Gemeinde nicht vor oder unabhängig von der Auferstehung aller Heiligen Gottes stattfinden.
Lasst mich das ausführen: Als die Thessalonicher-Gemeinde darüber beunruhigt war, ob die bereits verstorbenen Gläubigen noch das Reich Gottes erben werden (oder ob man dafür bis zur Wiederkunft Christi am Leben bleiben muss), erinnert Paulus sie daran, dass “die Toten werden in Christus zuerst auferstehen, danach werden wir, die wir leben und übrig bleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden auf den Wolken, dem Herrn entgegen in die Luft” (1. Thess. 4,16-17). In vielen Darstellungen der Entrückung der Gemeinde, wird die Entrückung aber entgegen der Darstellung von Paulus, unabhängig oder getrennt von der Auferstehung der Toten geschildert.
In manchen Fällen meint man , dass die Toten in Christus ja bereits (mit ihrer Seele) bei Christus wären, aber das würde einer anderen sehr ähnlichen Ausführung zur Auferstehung und Entrückung widersprechen, wie sie Paulus in 1. Kor. 15 festhält: In dieser berühmten Verteidigung der Auferstehung der Toten ist es Paulus wiederholt wichtig, die Auferstehung des Leibes zu betonen(1. Kor. 15,35-40): Aus dem vergänglichen sterblichen Leib wird in der Auferstehung ein geistlicher Leib. Paulus greift auf das sich zersetzende Weizenkorn zurück, dass nun in einer wunderbaren Frucht aufblüht (1. Kor. 15,36-37). Doch werden ja nicht alle sterben/entschlafen (1. Kor. 15,51), und beim klang der letzten Posaune, wenn Christus das Reich Gottes endgültig einnehmen wird (Offb. 11,15), dann werden die Toten auferstehen “in einem Augenblick (…) und die Toten werden auferstehen unverweslich, und wir werden verwandelt werden” (Offb.15,52).
Der Vers danach nennt den Grund dieser Verwandlung: Die Gläubigen, die zur Zeit Christi noch leben, müssen auch den geistlichen unverweslichen Leib “anziehen” (Offb. 15,53)! Diese Verwandlung oder Entrückung ist also die Auferstehung derer, die zur Christi Wiederkunft noch leben. Überhaupt fällt auf, dass sich 1. Kor. 15 besonders auf die Auferstehung zur Herrlichkeit oder zum Leben konzentriert. Ansonsten ließe sich der Jubelruf, mit dem dieses Kapitel abschließt (“Der Tod ist verschlungen in den Sieg. Tod wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?”), nicht erklären.
Vorentrückung auf Kosten der Auferstehung?
Eine heimliche Vorentrückung (im Sinne der üblichen Darstellungen vor der Trübsal oder mitten in der Trübsal o.Ä.) hat also zumindest Probleme damit, diese drei Elemente der Auferstehung der Toten zu berücksichtigen:
- Die Auferstehung der Toten in Christus und die Entrückung der Gläubigen findet gleichzeitig statt: Dabei ist diese Entrückungsverwandlung einfach die Auferstehung die die Lebenden bei der Wiederkunft Christi erleben
- Bei der Auferstehung geht es (auch) um den Leib. Eine Auferstehung ohne Leib kennt die Bibel schlichtweg nicht. Das Grab Christi war wirklich leer, seine Auferstehung und sein Setzen zur Rechten des Vaters war nicht “bloß geistlicher Art”. So wird unser Leib in die Unverweslichkeit verwandelt und die verwesenen Leiber der verstorbenen Christen werden mit auferstehen.
- Die Auferstehung zum Leben ist anderer Art, als die “Auferstehung zum Tode”. Das Neue Testament spricht immer (!) von der Auferstehung der Gläubigen, wenn sie von der Auferstehung spricht. Nie wird die Auferstehung zum Gericht genannt! Oder sind etwa alle Auferstandenen “wie die Engel im Himmel?” (Mrk. 12,25). Denn nur der Geist Gottes, der Jesus von den Toten auferweckt hat, hat auch “eure sterblichen Leiber lebendig machen durch seinen Geist, der in euch wohnt”. Kurz: Um an der Auferstehung teilzuhaben, muss man wiedergeboren sein, muss der Heilige Geist in uns leben. Das gilt sicher nur für die, die in Christus sind. Während man also heute neigt, Entrückung und Auferstehung zu trennen, vermischt man gleichzeitig die “erste Auferstehung” (Offb. 20,5) bzw. “Auferstehung der Gerechten” Luk. 14,14) mit der Ansammlung “der Toten, Groß und Klein (…) vor dem Thron Gottes” (Offb. 20,12).
Entrückung vor dem Gericht
Deswegen, stimme ich allen zu, die in der Auferstehung der Gemeinde eine Entrückung vor dem Gericht sehen. Aber das letzte Gericht ist etwas anderes, als die Trübsal, von der es heißt, dass “wenn jene Tage nicht verkürzt würden, so würde kein Mensch gerettet werden; aber um der Auserwählten willen werden diese Tage verkürzt.” (Mt. 24,22). Wer aber sind die Auserwählten Gottes anderes als sein Volk? Und die Heiligen werden gegen den Antichrist kämpfen müssen (Offb. 13,7). Ich glaube also, dass wir einen klareren Blick auf die Endzeitreden und -weissagungen bekommen, wenn wir lernen zwischen Trübsal und Gericht zu unterscheiden.
Skizzen zum größeren Rahmen
In diesem zweiten Teil möchte ich einige eher allgemeineren Rahmenbedingungen dieses Verständnisses skizzieren (keine vollständige Aufzählung):
Es wird ganz Israel in Christus gerettet
Das Ende der Zeit ist vollendet, wenn “ganz Israel gerettet wird” (Röm 11,26). Doch wer gehört zu Israel, wenn nicht die, die an Christus teilhaftig sind? Nicht deswegen, weil ich womöglich jüdische Vorfahren besitze, sondern weil mir die echte Beschneidung des Herzens zu teil wurde (5. Mo. 30,6; Jer. 4,4; Röm. 2,29) und ich wilder Ölzweig in den Baum Abrahams eingepfropft wurde (Röm. 11,15-20), habe ich Anteil an Christus. Warum sollte sonst Paulus an Heidenchristen folgendes schreiben: “Gehört ihr aber Christus an, so seid ihr ja Abrahams Nachkommen und nach der Verheißung Erben.” (Gal. 3,29). Dass er genau das schreibt, was er schreibt, wird auch dadurch deutlich, dass “die, die aus dem Glauben sind, gesegnet mit dem gläubigen Abraham sind” (Gal. 3,9), “auf dass der Segen Abrahams zu den Heiden komme durch Christus Jesus” (Gal. 3,14). Erkennt also, die aus dem Glauben sind, das sind Abrahams Kinder! (Gal. 3,7). Das ist ja das Geheimnis der Gemeinde, dass “in früheren Zeiten den Menschenkindern nicht kundgemacht war” (Eph. 3,5), “nämlich, dass die Heiden Miterben sind und mit zu seinem Leib gehören und Mitgenossen der Verheißung in Christus Jesus sind.” (Eph. 3.6). Das Geheimnis der Gemeinde ist natürlich ein mehrfaches, aber es ist nicht geheim gewesen, dass sie die Braut Gottes ist, dass wusste man schon als Leser des Hohelieds und auch nicht, dass sie mit einem besonderen Bund mit Gott steht, denn dieser wurde von vielen Propheten angekündigt. Aber ein Geheimnis des AT war das so nahe Wirken Gottes und die Vereinigung des Volkes Gottes mit Gottes Sohn UND die Teilhabe der Heiden an diesen Verheißungen.
Noch kompakter: Eigentlich ist ja Jesus das neue Israel. Im AT wird das gerichtete Israel oft als gefällter Baum dargestellt, von dem nur ein kleiner Spross übrig bleibt. Dieser Spross soll der verheißene Messias sein (Vergleiche z.B. Jer. 23,5; Jer. 33,15; Dan. 11,7. Sach. 3,8). Sind wir in Christus sind wir Teil des endzeitlichen Israels.
Es gibt keinen besseren Bund als den Neuen Bund
Deswegen wage ich mich durchaus auch optimistisch für die Zukunft zu sein: Aber für Israel, also das physische Israel, gibt es keine bessere Zukunft, als in Christus. Es gibt keinen Weg zu Gott mehr durch das Befolgen des alten Bundes. Warum sollte man erneut einen Tempel aus Steinen bauen, wenn doch das Volk Gottes nun Leib Gottes ist, und so geheiligt ist, dass es der Tempel Gottes ist? Warum sollte man wieder und/oder weiterhin opfern, wenn Christus alles bezahlt hat? Deswegen hoffe ich und bete ich für jeden Juden, dass er sich zu Gott bekehrt, dass er im Glauben wiedergeboren wird, durch das Wirken des Geistes und als viel “natürlicherer Zweig” wieder in den Ölbaum der Verheißungen Abrahams gepfropft wird. Der Weg für die besten Segnungen Israels ist klar aufgezeigt: “Wenn es aber umkehrt zu dem Herrn , so wird die Decke abgetan” (2. Kor. 3,16).
Deswegen kann ich natürlich hoffen, dass auf der Erde für viele Jahrhunderte, z.B. für tausend Jahre, der Neue Bund in einer bisher ungeahnten Fülle realisiert wird. Man stelle sich bloß vor, was los wäre, wenn alle Juden Christus annehmen würden. Aber dieser Optimismus geht nie über die Verheißungen des Neuen Bundes heraus. Ich hoffe auf eine glorreiche Zukunft des physischen Israels, aber nur in der “Wiederzurückeinpropfung”. Alle Verheißungen, die das Alte Testament kennt, haben ihr Ja schon in Christus erhalten (2. Kor. 1,20). Es kommt bis zur Auferstehung der Toten somit nichts besseres mehr auf uns zu, als der Neue Bund. In vielen Fällen werden die Verheißungen Israels auf eine (häufig auch noch politische) Zukunft Israels im tausendjährigen Reich verschoben. Aber alle Verheißungen sind doch Ja in Ihm! Es gibt keinen Grund die Verheißungen des Neuen Bundes für die Zukunft aufzuschieben. Petrus wertete das sofort so. Bereits in seiner ersten Predigt sieht er im Pfingstwunder die Erfüllung von Joel.. 3,1-5, dass auch diese Verheißung mit einschließt: “Denn auf dem Berge Zion und zu Jerusalem wird Errettung sein, wie der HERR verheißen hat, und bei den Entronnenen, die der HERR berufen wird.”
Das Gericht Gottes ist: “Und es wurde ihm gegeben…”
Zurück zur Offenbarung. Dieser Satz ist mir beim letzten Lesen besonders aufgefallen. Immer wenn besonders heftige Schicksalsschläge in der Offenbarung berichtet werden, dann kommt regelmäßig die Erläuterung “Und ihnen wurde Macht gegeben, oder “Und ihnen wurde gegeben”. Eine kleine Auswahl:
“Und es kam heraus ein zweites Pferd, das war feuerrot. Und dem, der darauf saß, wurde Macht gegeben, den Frieden von der Erde zu nehmen, dass sie sich untereinander umbrächten, und ihm wurde ein großes Schwert gegeben.” (Offenbarung 6,4, LU)
“Und ich sah, und siehe, ein fahles Pferd. Und der darauf saß, dessen Name war: der Tod, und die Hölle zog mit ihm einher. Und ihnen wurde Macht gegeben über den vierten Teil der Erde, zu töten mit Schwert und Hunger und Tod und durch die wilden Tiere auf Erden.” (Offenbarung 6,8, LU)
“Und aus dem Rauch kamen Heuschrecken auf die Erde, und ihnen wurde Macht gegeben, wie die Skorpione auf Erden Macht haben.” (Offenbarung 9,3, LU)
“Und es wurde ihm gegeben, zu kämpfen mit den Heiligen und sie zu überwinden; und es wurde ihm gegeben Macht über alle Stämme und Völker und Sprachen und Nationen.” (Offenbarung 13,7, LU)
Es gibt die Tendenz die schaurigen Prozesse der Zukunft als eine Weltweite Verschwörung unabhängig von Gott zu sehen. Als könnte der Mensch sich selber richten! Als könnte eine Geheimverbindung die Geschicke der Menschheit in der Zukunt leiten und Gott schaue bloß zu! Nein, in welcher Art das Gericht uns auch erwartet, es kommt aus der Hand Gottes.
Weise scheint mir also zu sein, auch unter wachsendem Druck, an der Ermahnung festzuhalten: “Denn die Zeit ist da, dass das Gericht beginnt bei dem Hause Gottes. Wenn aber zuerst bei uns, was wird es für ein Ende nehmen mit denen, die dem Evangelium Gottes nicht glauben? Und wenn der Gerechte kaum gerettet wird, wo wird dann der Gottlose und Sünder zu finden sein? Darum sollen auch die, die nach Gottes Willen leiden, ihm ihre Seelen anbefehlen als dem treuen Schöpfer und Gutes tun.” (1. Petrus 4,17–19, LU)