Biblische Lehre, Persönliches

Counterpoints (1): Taufe

Eine große Gefahr, die ich im Bloggen sehe, ist es Unfrieden zu stiften. Vor allem kritische Artikel haben die Gefahr Fragen aufzuwerfen, die so nicht geplant waren. So stehen meine Leser und ich selbst in der Gefahr z.B. meine Kritik an den Russlanddeutschen nur bei den anderen zu sehen. Nach dem Motto: Was bin ich froh, nicht so zu sein, wie die anderen. Das große Problem ist doch, dass wir (wir einzeln und höchstpersönlich) gesündigt haben und der Vergebung benötigen. Auch bei Positionierung bei kontroversen Themen gibt es diese Option: Man verurteilt entweder den Autor (als ob dieser seine Meinung einfach so biegen und ändern könnte) oder man nimmt Gedanken auf, um mit einem unnötigen Stolz herunterzuschießen. Mit dem folgenden will ich weder jemand belehren, noch konvertieren noch zur Streitsucht aufbringen, aber ich beanspruche die Freiheit meine Position darstellen zu dürfen!

Persönliche Geschichte

Ich wurde als Kind in Kasachstan in einer halbillegalen-halbkommunstischüberwachten lutherischen Kirche getauft. Ich weiß vom dortigen Pastor nichts. Meine Eltern waren (und sind es immer noch) überzeugte Atheisten, sie tauften mich, weil es jeder der Deutschen es so im Dorf praktizierten. Sie gingen nach der Taufe nie wieder dort zur Kirche. Meine Taufpaten waren, da legte meine Mutter wert drauf, sehr anständige Leute, aber ebenfalls praktizierende Atheisten. So blieb meine Familie evangelisch, und wurde 1997 (da war ich 8) als luth.-evangelisch in den Papieren eingetragen. Bis heute zahlt meine Mutter und mein Bruder Kirchensteuer obwohl sie wirklich alles an Religion und Glaube verachten. Durch eine sehr ungewöhnliche Vorsehung kam ich zum Glauben an Christus. Es ist eine besondere Geschichte, die an anderen Stellen erzählt wurde. Nun war dies in einer Baptistengemeinde. Da ich noch meine Familie noch irgendwas auch nur in den entferntesten Verwandten etwas an christlicher Tradition hatte, war für mich klar, dass ich mich taufen lassen werde. So bin ich also tatsächlich ein klassischer Wiedertäufer geworden. Ich wurde zweimal getauft.

Die Wiedertäufer

Jahre später als ich die Geschichte oben in einem Kreis liberaler Theologen erzählte, ging ein Raunen in die Ecke. Erst damals bemerkte ich, dass in meiner persönlichen Geschichte durchaus etwas anstößiges liegt. Ich hätte immerhin die “eine Taufe”(Eph.4,5) in Frage gestellt. Wobei hier ja von der einen (im sinne von einzig wahren) christlichen Taufe die Rede ist, und nicht von einem Ereignis, dass sich auf gar keinen Fall wiederholen darf (im Sinne von einmalig). Witzig und völlig irritierend war, dass die selben Theologen die Irrtumslosigkeit der Schrift, die Jungfrauengeburt und ähnliches verwarfen. Man hatte also offensichtlich für die modernsten Züge Verständnis, aber bei der Taufe hörte das Verständnis seltsamerweise auf. Man beachte wie hart z.b. die Augustana von den Wiedertäufern redet.

Wildern bei der Bundestaufe

Auf jeden Fall und man darf mich korrigieren, wird von Vertretern der Bundestaufe gerne von einem Bundeszeichen gesprochen, vergleichbar der Beschneidung. So wird  eine ganze Familie (wie bei Noah, Abraham) etc unter einen Bund genommen, so dass eine Bundestaufe immer zeigt, Gott liebt dich und will einen Bund mit dir,noch bevor du dich für ihn entscheiden konntest. Und so wie ein Jude aufgrund der Beschneidung ständig daran erinnert wurde, hey du bist besonders, du bist erwählt, Gott hat ein Bund mit deinem Volk und dass ihn antrieb zur Heiligkeit, zur Absonderung, zur Treue an Gottes, so ist das mit der Taufe. Einem getauften Kind sagt diese ständig: Du hast das Bundeszeichen Gottes, und dass willst du jetzt durch Unglauben von dir Stoßen? (Dann bleibt logischerweise auch nur der Bundesfluch). Eine super Darstellung dieser Gedanken findet sich bei Ligon Duncan “Covenant Theology“.
Beim Lesen seiner umfangreichen Ausführungen zur Bundestaufe kam ich zum Ergebnis, dass meine Glaubenstaufe auch eine Bundestaufe war. Keines der von ihm angesprochenen Elemente dieses Bundeszeichens (z.B. dass es nicht retten kann) würde mir in meiner Glaubenstaufe fehlen. Was ich sagen möchte: Ich habe durch das Lesen eines Presbyterianers über die Kindertaufe sehr viel Trost über meine Taufe erfahren. Bisher war die Taufe für mich ausschließlich ein öffentliches Bekenntnis des persönlichen Glaubens (Vor allem 1. Tim.6,12 war hier für mich ausschlaggebend), der Bundesgedanke war mir fremd. Obwohl eigentlich gerade unsere Gemeinde ständig betonte, die Taufe ist “der Bund eines guten Gewissens”. was es genau bedeutete blieb mir verborgen, und ich erkenne welch unglaublicher Trost dahinter liegt zu wissen, Gott tritt in einem Bund, es ist dahinter ja eine sehr große Heilszusage verborgen, die in viel Not viel Kraft schenken kann. All dies beziehe ich übrigens auf meine Taufe als Erwachsener, ich habe aufgrund oben beschriebener Situationen wirklich Mühe dahinter irgendeine Art von Gottesfurcht zu entdecken (Man beachte, dass selbst zur Urzeit nicht nur das Volk Israel eine Beschneidung praktizierte, und nicht immer war die Beschneidung ein Bundeszeichen)

Wiedertaufe?

Je mehr ich über die Taufe nachdenke, desto mehr ärgert mich eine Tradition bei vielen Baptisten, nämlich die der Wiedertaufe. Dies nimmt manchmal seltsame Züge an. Hat man keine “Glaubensbegrabungstaufe” hinter sich, dürfte man selbst als einer, der als Erwachsener getauft wurde (z.B. ein sogenannter “Begiessungs- oder Beträufelungsmennonit”) nicht in einer baptistischen Gemeinde am Abendmahl teilnehmen. Die Aussage dahinter, jemanden das Brot zu verwehren ist aber mehr als eindeutig. Damit sagt man, dass man diesen Menschen nicht als ein Glied der Kirche ansieht. Gerade weil der Baptismus sich dadurch auszeichnet, die unsichtbare Gemeinde Gottes zu betonen, erscheint dieser Punkt besonders bizarr. Ich würde so argumentieren: Selbst wenn man im AT eine Beschneidung falsch durchgeführt hätte (z.B. nicht gemäß den vorgeschriebenen Zeremonien oder z.B. an einem falschen Tag), könnte man sie nicht einfach erneut wiederholen. In vielen Heiligungsperfektionistischen Gemeinden nimmt das weitere seltsame Formen an: Man betont, dass auch unter den Gemeindemitgliedern möglicherweise noch Menschen sind, die nicht wiedergeboren sind. “Bekehren sich diese”, wird diesen dennoch nicht erneut die Taufe angeboten. Ich würde mir in baptistischen Kreisen, zu denen ich ja auch selber gehöre, mehr Demut in diesen Fragen wünschen.

Fragen und Einwände

Zunächst einmal respektiere ich unterschiediche Taufverständnisse im Rahmen der Rechtgläubigkeit. Wie ich schon oben schrieb, will ich niemanden verprellen. Bei der Bundestaufe verstehe ich aber noch diese Dinge nicht:
a) Warum gibt es Paten? Ich meine Beschneidungspaten gab es ja nicht
b) Die Beschneidung galt nur den Männern, hier zieht die Parallele nicht. Zum Neuen Volk Gottes wird man nun nicht durch Beschneidung des Fleisches, sondern durch die Beschneidung des Herzens hinzugefügt, dieses Zeichen ist Männern und Frauen offen.
c) aus b folgt auch: Wenn ein Amoriter, Moabiter oder ein anderer Ausländer sich dem Volke Gottes anschloss (Vgl. im Buch Ester und an anderen Stellen Konvertiten), so nahm er das Bundeszeichen auch als Erwachsener an. Wenn man das Bild übernimmt, so gibt es ja den Bund Gottes nur mit solchen “Ausländern”, die das nicht von Natur oder ähnlichem haben. Ich meine, ich kann für meine Kinder nicht den Bund Abrahams beanspruchen, nur der Gläubige darf es.

Welche Fragen habt ihr an die Glaubenstaufe?

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9 Kommentare

  1. Die “Beschneidung des Christus” und die Taufe sind doch nicht identisch? Diese Beschneidung ist etwas, das nicht mit Händen geschieht, nach Kol.3,11, also nichts, das äußerlich vollzogen wird. Wenn ich das recht verstehe, kann also höchstens eine Gleichzeitigkeit vorliegen?!
    Bei der sog. Glaubenstaufe habe ich eine Frage, auf die ich noch keine Antwort gefunden habe. Tatsache ist einfach, dass auch da viele Getaufte nicht wirklich bekehrt sind; kommt ja auch schon in der Bibel vor bei Simon dem Zauberer – und heute bei sehr vielen Kindern von Gläubigen, aber auch sonst, wenn sich so eine gewisse Gruppendynamik entwickelt. Was ist, wenn diese Leute sich hoffentlich bekehren? Wiedertaufen? Wieder-wiedertaufen?

    1. Danke Ruth, für deinen Hinweis! Genau Simon den Zauberer würde ich als ein Beispiel dafür sehen, dass er wohl zur echten Buße aufgefordert wird, aber nicht zur neuen Taufe! Aus dieser und weiteren Stellen lehne ich eine Wiedertaufe (selbst die von getauften Kindern, die man dann später der “Glaubens-Begrabungs-Taufe” unterziehen möchte) generell ab (obwohl ich selber wiedergetauft wurde, und mich somit sehr persönlich mit dieser Frage auseinander setzen musste)

  2. Liana Holzrichter sagt:

    Lieber Sergej,
    ich bin dem Herrn sehr dankbar für dich, habe immer wieder für dich gebetet, dass der Herr dich in seinem Reich gebraucht (leider viel zu selten).
    Zur Taufe ein paar Gedanken zur Anregung. Es ist nichts Auftrabendes, sondern ein ganz einfaches Bezeugen der Umwendung und des Neuanfangs. Der Kämmerer auf dem Weg fragt nicht lange danach, ist es nötig, oder wäre es eine Wiederholung von etwas, das ch schon erlebt habe? Er fragt was hindert mich und bekommt zur Antwort, wenn du glaubst. Die zwölf Männer aus der Apostelgeschichte fragen auch nicht lange ob es eine Wiedertaufe ist und ob oder welche theologische Konsequenzen es nach sich zieht, sondern sie lassen sich einfach auf den Namen Jesus taufen. Ein äusseres Bekenntnis der inneren Erkenntnis und des Erkanntwerdens. Nach dem Motto, also haben wir alle Gerechtigkeit zu erfüllen. Der Herr fragte nicht groß nach ob er es theologisch nötig hätte sich taufen zu lassen, hätte aber einer der größten Segnungen seines Lebens verpasst. Liebe ist nicht starr vorprogrammiert. Liebe ist dynamisch und fest zugleich. In Jesus Christus ist Gnade und Wahrheit sich begegnet, Gerechtigkeit und Frieden sich geküsst. Übrigens mein Lieblingsthema schlechthin. Taufe als Aspekt der Liebe und weniger der Theologie.
    Liebe Grüße auch an deine Familie,
    Liana

    1. Hi Liana, danke für deinen Kommentar. Wir wissen dich und deine Gebete zu schätzen! ich gebe dir recht, dass wir statt der Liebe Christi nachzujagen, und Gott zu lieben, uns lieber mit theologischen Feinheiten herumdoktorn…In der Hinsicht würde ich dir Augustinus, z.B. seine Bekenntnisse empfehlen. Ihc glaube er würde dir gefallen.http://www.unifr.ch/bkv/kapitel63.htm.
      Problem ist: Genau dieses Trachten nach theologischen Feinheiten würde ich eben mennonitischen Kreisen vorwerfen, die unbedingt auf eine Wiedertaufe bestehen, ohne einen Christen zu akzeptieren, der z.B. sagt, ok ich nehme meine Bundestaufe im Glauben an…

  3. Liana Holzrichter sagt:

    Lieber Sergej,
    ich bin ganz deiner Meinung, dass Zwang zu etwas was der Mensch nicht einsieht, nicht gut ist. Jeder steht und fällt seinem Herrn. Das ist wahrscheinlich auch meine persönliche Erfahrung der Taufe, die für mich tatsächlich sehr viel mit Weihe und Bekenntnis zu tun hatte, geschuldet. Außerdem sehe ich die Kindertaufe tatsächlich zu der Beschneidung, die zum Beispiel am 8. Tag auch bei Christus vollzogen wurde, oder auch bei uns bei dem Gebet für die Kleinkinder geschieht, als vergleichbar. Und ist es nicht auch manchmal die Frage der Menschenfurcht, weil tatsächlich seitens der Kindertäufler viel Verwünschungen ausgesprochen werden, in Bezug auf die Widertaufe. Und dennoch könnte ich nicht davon schweigen, dass gerade das Untertauchen und auch das Bewusste der Taufe wichtig sind. Jedoch bin ich voll überzeugt, dass jedes Verurteilen und für Besserhalten auf beiden Seiten Lieblosigkeit ist und nichts wert. Ist.der Glauben eine Gratwanderung, mit der Schwierigkeit weder rechts noch links abzufallen, ist es nur für die kompliziert, die es selbst laufen,. Die anderen sind in Jesu Armen geborgen und er geht diesen Grat zwischen Wahrheit und Gnade. Das Gesetz liegt längst hinter ihm.
    LG Liana

  4. […] habe schon einige Artikel über die Taufe geschrieben. Nebst einem eher allgemeinen, kritisiere ich in einem anderen, dass ausgerechnet wir Baptisten die Bedeutung und Zentralität […]

  5. Siegfried Molnar sagt:

    Soll ich mich taufen lassen, obwohl ich (kinds-) getauft bin und meinen Glauben seit der Kindheit über 50 Jahre lebe, vor der Gemeinde mit 14 bekannt habe, nur um der Hartherzigkeit meiner Gemeinde willen, die mich nicht als Glied der Gemeinde, sondern als Unverständigen betrachtet? Nur um des Friedens willen, so, wie Timotheus beschnitten? Das wäre mein einziger Grund, den ich mit meinem Gewissen vereinbaren könnte. Dann wäre ich diese ständige Diskussion drum los.
    Wer hat dazu eine Meinung?

    1. Hallo Siegfried, vielen Dank für deinen Kommentar und diese herausfordernde und persönliche Frage. Je mehr ich über die Frage der Taufe nachdenke, desto schlüssiger erscheint mir die baptistische Position. Aus dieser heraus, ist nur die Taufe der Gläubigen, die richtige Taufe. Wenn ein Baptist also eine Säuglingstaufe ablehnt, dann ja nicht, weil er jemanden beleidigen will, sondern weil es für ihn einfach gar keine Taufe ist. So würden übrigens auch Kirchen vorgehen, die die Kindertaufe praktizieren, z.B. hat aus katholischer oder lutherischer Sicht eine untrinitarische Taufe keinen Sinn und keine Gültigkeit. (Tatsächlich wiederholen Katholiken ihre Taufe schon bereits dann, wenn sie mit der Formel “wir taufen dich”, statt “ich taufe dich” begangen wurde. (Hier ein vom Vatikan offiziell bestätigtes Vorgehen eines Priesters, der sich nun wegen dieser Formel neu taufen musste: https://www.firstthings.com/web-exclusives/2020/09/why-the-words-of-baptism-matter) ———- ABER nach dem ich das alles gesagt habe, würde ich dir NICHT empfehlen, sich nur um “des Friedens Willen” taufen zu lassen. Mir erscheint das kein ausreichender Grund für eine Taufe/Wiedertaufe zu sein. Man sollte sich nur aus der Überzeugung, dass es die richtige Taufe ist, erneut taufen lassen.

  6. Siegfried Molnar sagt:

    Danke, lieber Sergej!

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