Robert Alter vergleicht in seinem Kommentar zu den “vorderen Propheten” die Zeit der Richter mit der Zeit des Wilden Westens. Jeder tat, was ihm recht dünkte. Schließlich gab es weder religiöse noch staatliche Rechtssprechung. Im Buch Richter laufen uns in diesem Wilden Westen entsprechend mutige und ungewöhnlich handelnde Frauen über den Weg.
Achsa
Achsa, oder Achsah (Richter 1,12-15, Ihr Name bedeutet Fußfessel) ist eine meiner Lieblingsdamen aus dem Buch der Richter. Sie ist die Tochter Kalebs, eines Mannes der fest an die Verheißung eines großartigen Erbes glaubt, und dieses auch bekommt. Kaleb verspricht dem, der Debir (bzw. vorzeiten Kirjat-Sepher genannt) erobert, Achsa zur Frau. So wird sie die Frau von Othniel, einem Mann aus Juda, der später der erste Richter Israels wird. Othniel soll so etwas wie ein idealer Richter bleiben: Er ist der, der ganz Israel eint, und eine lange Zeit Frieden für Israel bringt. Als Nun Achsa und Othniel ihr Erbe bekommen, klingt Achsa recht dreist, als sie zu ihrem Vater spricht:
“Und es begab sich, als sie zu ihm kam, beredete sie ihn, ein Stück Land zu fordern von ihrem Vater. Und sie stieg vom Esel. Da sprach Kaleb zu ihr: Was willst du? Sie sprach: Gib mir eine Segensgabe! Denn du hast mich nach dem dürren Südland gegeben; gib mir auch Wasserquellen! Da gab er ihr die oberen und unteren Quellen.” (Richter 1,14-15)
Sie hatte einfach die Gene ihres Vaters! Sie wollte ein ordentliches Erbe. Mit den Quellen ist vor allem fruchtbares Ackerland gemeint, und der Vater weist die Anfrage nicht als frech ab, sondern gewährt seiner Tochter den erbetenen Segen. Wenn man davon ausgeht, dass Kaleb eigentlich ein Heide war (4.Mose 32,12 bezeichnet ihn explizit als Kenasiter und diese sind wiederum nach 1. Mose 36,15 Nachkommen Esaus, somit ist Kaleb ein Edomiter) ist es besonders herausfordernd, dass ausgerechnet ein Neigeschmeckter und seine Nachkommen am meisten an die Verheißungen des Landes, wo Milch und Honig fließen, glauben. Sie wurden nicht enttäuscht.
Debora
Deboras (Richter 4 und 5, Ihr Name bedeutet Honigbiene) Porträt wird oft überzeichnet. In diesem Artikel wird sie als eine der einflussreichsten Frauen der Bibel beschrieben. Dabei stimmt es, dass sie eine der wenigen Damen der Bibel ist, die das Vorrecht besitzt, den Titel Prophetin zu tragen. Sie jedoch als Multitalent zu schildern, das einerseits Schlachten führt, andererseits das Volk lehrt, zudem Gottesdienste leitet und Seelsorge und Gericht unter ihrer Palme betreibt, ist schlicht zu viel in den Text gelesen. Dennoch lässt sich nicht leugnen, dass sie poetisch aktiv ist und mit Barak ein Lied verfasst. Sie deutet den Krieg gegen die Kanaaniter entsprechend als ein eschatologisches Ereignis, in dem Gott eingreift, um Israel zu befreien. Vor allem wenn man Kapitel 4 und Kapitel 5 parallel liest wird das deutlich. Ihr Name ist auf jeden Fall Programm. Vor allem in Verbindung mit Jael, der “Bergziege” wird den Kanaanitern deutlich: Don’t mess up mit dem Volk, dass dort lebt, wo Milch (von der Ziege) und Honig (von der Biene) fließen.
Wer eine Anwendung in Debora sucht, sollte nicht all zu sehr eine charismatische, geradezu übermenschliche Führerin zu sehen, als eine Frau mit dem rechten Wort Gottes zur rechten Zeit an einen Hauptmann (Barak), der den Trost zu diesem Zeitpunkt benötigt hat.
Die Schlacht die Barak und Debora führten drehte sich um das Tal Jesreel geradezu das Herzstück Kanaans schlechthin. Hier war die Fülle von fließendem Honig zu finden, wie ein Blick auf die Karte verrät:
Jael
Richter spart nicht mit blutigen, auseinanderreisenden, zerstörenden, kriegerischen Szenen. Und mit Jael (Ri. 4, 17-22 und Ri. 5,24-27) stoßen wir auf eine brutale “Festnagelung”. Nun, Debora und Barak sind voll Lobs auf das Verhalten Jaels, sinnt über folgende Liedzeilen nach:
“Gepriesen sei unter den Frauen Jaël,
die Frau Hebers, des Keniters;
unter den Frauen im Zelt
sei sie gepriesen!
Milch gab sie,
als er Wasser forderte,
Sahne reichte sie dar
in einer herrlichen Schale.
Sie griff mit ihrer Hand den Pflock
und mit ihrer Rechten
den Schmiedehammer
und schlug Sisera,
zerschlug sein Haupt,
zermalmte und durchbohrte seine Schläfe.
Zwischen ihren Füßen
brach er zusammen,
fiel nieder, lag da.
Zwischen ihren Füßen
brach er zusammen;
wo er zusammenbrach,
lag er erschlagen da.” (Ri. 5,24-27)
Was Jael tat, kann durchaus auch als Verteidigung gegenüber einer versuchten Vergewaltigung verstanden werden. George M. Schwab weist in seinem Richter-Kommentar: “Right in their own eyes” überzeugend darauf hin, dass die Poesie, wie auch die historische Berichterstatung euphemistisch einen Versuch einer Vergewaltigung beschreiben. Hatte nicht auch Siseras Mutter eine Erklärung für den Verzug Siseras? “Sie werden wohl Beute finden und verteilen, ein, zwei Frauen für jeden Mann,” (Ri. 5,30).
Das Sisera derart freimütig ein Frauengemach aufsucht, ist bereits äußerst anrüchig, aber statt Jael zu “besteigen”, wird er nach Ri. 5,27 von dieser Bergziege “bestiegen”: “Zwischen Ihren Füßen brach er zusammen, fiel nieder, lag da.” Wie mit der Honigbiene gilt hier: Don’t mess up mit der Bergziege, die an die Verheißungen Israels glaubt. Dabei haben wir auch in Jaels Fall zumindest die Frau eines Ausländers, eines Neigeschmeckten vor uns. Ihr Mann Heber wird als Keniter bezeichnet, ein Nachkomme der Schwiegereltern Moses. Das Buch Richter ist also nicht nur voll von ungewöhnlich agierenden Frauen, sondern auch von gottesfürchtigen Heiden. Wobei in diesem Fall erwähnt werden muss, dass die Keniter zu diesem Zeitpunkt lieber mit dem Kanaaniter Jabin, als mit dem Volk Israel kollaborierten und Jael offensichtlich der Ausgangspunkt ist, dass die Stimmung wieder zu Gunsten Israels kippt (Vgl. Ri. 4.17).
Es bleibt noch der besonders demütigende Totschlag an Sisera. Nicht nur, dass er in einem Frauenzelt von einer Frau ermordet wird. Der Mord wird mit typischen Frauenwerkzeugen bewerkstelligt, den zur Zeit Israels war das Zelte aufrichten eine typisch weibliche Tätigkeit. Dreifach owned! Dabei ist natürlich auch noch an das Zerstören des Kopfes zu denken, das uns an die Verheißung erinnert, dass einst der verheißene Same der Schlange den Kopf zertreten wird.
Die Frau von Tebez
In Ri. 9,52-55 finden wir eine Namenlose Frau, die mit einem Steinwurf den Schädel Abimelechs zerstört. Geht man von einer chiastischen Struktur vom Buch Richter aus, dann ist in der Person Abimelechs eine Art “Kontra-Richter” zu sehen. Er wird ja auch nicht, wie die anderen Richter von Gott erweckt, sondern beruft sich selbst zum König, damit spinnt er einerseits die Phantasien Gideons weiter, der seinen Sohn Abimelech (= Mein Vater ist König) nannte, die aber zerstörerisch für die Nachkommen Abimelechs werden, denn er ermordet alle Kinder Gideons (und es waren viele) mit Ausnahme Jotams. Das Buch Richter zeigt somit nicht nur, dass Israel dringend irgendeinen König braucht, damit nicht jeder tut, was ihm vor seinen Augen recht dünkt, sondern dass es einen rechten, von Gott eingesetzten König benötigt. Ein dick unterstrichenes Ausrufezeichen zu einem Ruf nach einer echten davidischen Monarchie und natürlich auch die uns im Alten Tesament so häufig über den Weg laufende Sehnsucht nach dem Messias. Mehr über diese Frau erfahren wir nicht, Abimelech auf jeden Fall sieht darin eine klare Demütigung, wir lesen in Ri. 9,54:
“Da rief Abimelech eilends seinen Waffenträger herbei und sprach zu ihm: Zieh dein Schwert und töte mich, dass man nicht von mir sage: Eine Frau hat ihn erschlagen. Da durchstach ihn sein Waffenträger, und er starb.”
Jeftahs Tochter
Jeftah ist der Richter, mit dem ich mich persönlich am meisten identifizieren kann. Er ist ein uneheliches Kind, dass enterbt dahinlebt . Als er zum Richter berufen wird, ist seine Bedingung, dass er ein Erbrecht bekommt. Doch als er es nun hat, stellt sich raus, dass er keinen Sohn besitzt, dem er das Land weitergeben kann, aber noch ist seine Tochter da. Doch mitten in seiner letzten Schlacht gegen die Ammoniter lässt sich Jeftah zu einem fahrlässigen Schwur überführen (Ri. 11,30-31): “Und Jeftah gelobte dem Herrn ein Gelübde und sprach: Gibst du die Ammoniter in meine Hand, so soll, was mir aus meiner Haustür entgegengeht, wenn ich von den Ammonitern heil zurückkomme, dem Herrn gehören, und ich will’s als Brandopfer darbringen.”
Man spürt sein Entsetzen, als ausgerechnet seine einzigstes Knd ihm entgegenkommt:
“Als nun Jeftah nach Mizpa zu seinem Hause kam, siehe, da geht seine Tochter heraus ihm entgegen mit Pauken im Reigen. Sie war sein einziges Kind, und er hatte sonst keinen Sohn und keine Tochter. Und als er sie sah, zerriss er seine Kleider und sprach: Ach, meine Tochter, wie beugst du mich und betrübst mich! Denn ich habe meinen Mund aufgetan vor dem Herrn und kann’s nicht widerrufen.”
Ich persönlich gehe von einem tatsächlichen Opfer aus, nicht eine Überführung der Tochter in eine Art zölibatäres Kloster, wie von manchen Auslegern vorgeschlagen. Dass Jeftahs Tochter vor allem ihre Jungfrauschaft beweint (Ri. 11,37ff) deute ich eher so, dass sie ebenfalls diese Vision eines Erbtums für ihre Familie in Israel beweint. Sie ist nun für immer dahin. Jeftah soll ohne Erbe in Israel bleiben.
Dennoch kann ich der ganzen Geschichte einen Lichtblick entnehmen. Diesen sehe ich in der Haltung von Jeftahs Tochter, die sich durch diesen törichten Schwur ihres Vaters nicht die Beziehung zu ihrem Vater zerstören lassen hat. Achtet auf ihre Worte (Ri. 11,36): “Sie aber sprach: Mein Vater, hast du deinen Mund aufgetan vor dem Herrn, so tu mit mir, wie dein Mund geredet hat, nachdem der Herr dich gerächt hat an deinen Feinden, den Ammonitern.” Sie sieht nicht die Niederlage Ihrer Familie, sondern den Sieg an den Feinden Israels, trotz des törichten Schwurs ihres Vaters, denn sie ebenfalls nicht verschweigt. Das ist wirklich eine tiefgreifende Lektion einer Tochter, die sich jeder Vater wünscht (und man könnte Jeftah erst recht ohrfeigen!). Nicht umsonst, wurde es Brauch, dass man eine derart feine Dame jährlich mehrere Tage beweinte (Ri. 11.40).
Manoachs Frau und Simsons Mutter
Das Manoach ein seltsamer Mann ist, fällt selbst dem oberflächlichen Bibelleser auf. Spurgeon bemerkt dazu in einer Predigt:
“Manoach hatte eine prächtige Frau geheiratet. Sie hatte das bessere Urteilsvermögen von beiden. Von Natur aus war sie seine schwächere Hälfte, aber sie war der stärkere Gläubige und aus diesem Grund wurde der Engel wahrscheinlich zu ihr gesandt, da es Engeln mehr Freude macht, mit denen zu sprechen, die Glauben haben. Wenn sie sich ihre Gesellschaft aussuchen können und die Frau mehr Glauben hat als ihr Mann, werden sie eher die Frau aufsuchen als ihren Ehemann, da sie Gottes Botschaft gerne zu denen bringen, die sie voller Vertrauen empfangen. Offensichtlich war sie voller Glauben und als ihr Mann zitternd sagte: »Ganz sicher müssen wir jetzt sterben«, glaubte sie nicht an diese misstrauische Schlussfolgerung. Obwohl es heißt, dass Frauen nicht logisch sind, war hier eine Frau, deren Argumente logisch und überwältigend waren. Mit Sicherheit ist die Wahrnehmung der Frau im Allgemeinen viel klarer als das logische Denken der Männer; Frauen erkennen die Wahrheit sofort, während wir nach unserer Brille greifen müssen. Ihr Instinkt ist im Allgemeinen ebenso sicher wie unser Denken, und wenn sie dann noch über einen klaren logischen Verstand verfügen, sind sie die besten Ratgeber.” (Nachzulesen in “C.H. Spurgeon: Männer und Frauen des Alten Testaments” , CLV, S. 328)
Während Manoach ausgeht, dass sie nun sterben müssen, da sie Gott gesehen haben, kann seine Frau ihn beschwichtigen. Wir lesen diese geradezu ironische Situation in Ri. 13,22-23: “und (Manoach) sprach zu seiner Frau: Wir müssen des Todes sterben, weil wir Gott gesehen haben. Aber seine Frau antwortete ihm: Wenn es dem Herrn gefallen hätte, uns zu töten, so hätte er das Brandopfer und Speisopfer nicht angenommen von unsern Händen. Er hätte uns auch all das nicht sehen und jetzt nicht hören lassen.”
Interessant ist auch, dass Manoachs Frau (wieder eine Frau ohne Namen) ihren Sohn Simson (= “kleine Sonne” oder Sonnenschein) nennt. Sie drückt damit die Hoffnung aus, dass in ihrer finsteren Zeit, in einem Prozess, indem nicht die Israelisierung Kanaans, sondern die Kanaanisierung Israels stattfindet, wieder Licht aufgehen wird. Vielleicht hat sich auch Deboras Kriegslied gekannt, dass mit den verheißungsvollen Worten aufhört: “Die Gott lieben, sollen sein wie die Sonne, die aufgeht in Ihrer Pracht” (Ri. 5,31). Manchmal würde man gerne später, als Simson tätig wurde mit Manoach und seiner Frau ein Gespräch darüber führen wollen, ob sich ihre Erwartungen erfüllt haben. Leider bewerkstelligt gerade der begabteste und am deutlichsten vorhergesagteste Richter am wenigsten für sein Volk.
Zurück zu Simsons Mutter: Dass ihr ein wunderbarer Sohn geboren wurde, reiht sie in eine große Reihe wundersamer Geburten ein. Immer wieder ist ein Kind der Verheißung ein Wunder Gottes. Das durchzieht die Geschichte Israels von Beginn an, ob es nun Sara oder Rebekka ist, oder Hannah und Manoachs Frau. All diese wundersamen Geburten reihen sich ein in die Glieder der wundersamsten aller Geburten, als eine Jungfrau schwanger wurde und Gottes Sohn gebar. Ein Unterschied bleibt: Alle diese Geburten brachten den Müttern große Ehre, Maria aber (zunächst zumindest) eine große Schande.
Simsons erste Frauen und Delila
Simson entwickelt sich früh zum Weiberheld. Ausgerechnet auf die philistäischen Frauen hat er ein Auge geworfen. Es ist zunächst eine Frau in Timna (Ri. 14,2), die er zunächst heiraten will. Auf dem Hochzeitsgelage (V. 10) wird er schamlos von den Philistern ausgespielt, nachdem Simson zunächst selbst versucht sie auszubeuten. Simsons Frau weint vor ihm und argumentiert: “Du bist mir gram und hast mich nicht lieb” (V.16). Ein Argument, das bei Simson einfach zieht. Schönen Augen kann er nicht widerstehen. Es entsteht ein Riesenstreit, der GEist des Herrn gerät über ihn und er erschlägt 30 andere Philister um sich die Gewänder zu beschaffen, er verlässt diese Frau, die nun gerade seinem Trauzeugen gegeben wird (V.20). Bei diesem Entschluss bleibt der Vater der Braut auch (Kap. 15,2) was zu weiteren Rachetaten Simsons führt.
Doch einige Zeit später besucht Simson eine Hure in Gaza (16,1), erst anschließend “gewann er eine Frau lieb im Tal Sorek, die heiß Delila” (V. 4). Von Anfang an, ist ihre Beziehung ein Politikum, dass die Philister zu ihren Gunsten verwenden wollen. Als die Bestechungssumme groß genug ist, macht Delila mit. Delila, in deren Namen auf jeden Fall das hebräische Wort für Nacht (von Layla) mitschwingt, bringt der Sonne Samson sprichwörtliche Finsternis: Seine Augen werden ausgestochen. Da sich Samson immer nahm was er wollte, bekommt er es mit einer Frau zu tun, die auch gewohnt ist, sich zu nehmen, was sie will. In kaum einem Pärchen der Bibel wird wohl die Parallele zu westlichen Beziehungen deutlicher, wo die eigene Erfüllung, ob nun sexuell oder finanziell im Vordergrund steht, nicht ein gemeinsames Eheprojekt, geschweige den der Dienst am Partner.
Michas Mutter
In Richter 17 läuft uns wohl das bizarrste Mutter-Sohn-Gespann über den Weg (Interessant, dass die Mutter die gleiche Summe hat, die Delila einst für Samson bekam)
“Es war ein Mann auf dem Gebirge Ephraim mit Namen Micha. Der sprach zu seiner Mutter: Die tausendeinhundert Silberstücke, die dir genommen worden sind und derenthalben du den Fluch gesprochen und ihn auch vor meinen eigenen Ohren gesagt hast – siehe, dies Geld ist bei mir; ich selbst hab’s genommen. Da sprach seine Mutter: Gesegnet seist du, mein Sohn, vom HERRN! So gab er seiner Mutter die tausendeinhundert Silberstücke zurück. Und seine Mutter sprach: Ich weihe nun das Geld dem HERRN, aus meiner Hand für meinen Sohn, damit man ein geschnitztes und gegossenes Bild davon machen soll. Darum gebe ich’s dir nun wieder. Aber er gab seiner Mutter das Geld zurück. Da nahm seine Mutter zweihundert Silberstücke und gab sie dem Goldschmied; der machte ein geschnitztes und gegossenes Bild daraus; das kam danach in das Haus Michas” (Richter 17,1-4)
Ein Kommentator bemerkt zu recht, dass hier in kürzester Zeit viele Gebote Gottes gebrochen werden. Da ist Diebstahl des Geldes, Missbrauch des Namen Gottes (erst flucht sie ihren Sohn und dann segnet sie ihn “vom HERRN”), anschließend wird ein Bildnis Gottes gemacht und ein Götze angemeldet. Nein, nicht Baal oder der Astarthe dient man, sondern “dem Herrn” aber auf eine Weise, die selbst Kanaanitern anrüchig wäre. Es bleibt die Frage, warum das Bildnis nur zweihunder Silberstücke gekostet hat, obwohl doch die ganze Summe dem Herrn geweiht wurde
Die Nebenfrau des Leviten aus dem ephraimitischen Gebirge
Die wohl am meisten erschütterndste Geschichte der Bibel begegnet uns in dem was, uns Richter 19-21 berichtet. Einem Leviten läuft seine Nebenfrau zu ihrem Vater weg. Er zieht ihr nach, bleibt einige Tage beim Schwiegervater, ja verzieht, so dass sie erst gegen Abend aufbrechen. Sie wollen keineswegs bei Heiden übernachten und übernachten stattdessen in Gibea bei einem Fremdling der Stadt. Nachts zieht eine Meute zu diesem Haus und der Levit liefert seine Frau der vergewaltigenden Meute aus. Die ganze Nacht vergewaltigen sie die Frau und am nächsten Morgen hat ihr Mann nichts für seine Frau übrig als ein “Steh auf, lass uns ziehen!” Es bleibt in der Begebenheit unklar, ob die Frau noch am Leben war, als der Mann anfängt, sie in Stücke zu zerteilen. In dieser Geschichte sagt das Schweigen mehr als tausend Bände.
Diese letzte weibliche Biographie des Buches Richter zeigt uns, was aus Frauen zu einer Zeit wird, in der jeder tut was einem recht dünkt vor den eigenen Augen: Sie sind im besten Fall Lustobjekte, erkennen häufig auch nur die Möglichkeit im Machtspiel mitzumachen, werden bis zur Unmenschlichkeit ausgebeutet,obwohl sie im Fall von Debora und Jael die letzten beiden mutigen Personen auf dem Feld bleiben. Eine Hoffnung finden diese Frauen nur im Glauben an die Verheißungen Gottes. Dass die Bibel dieses erschütternde Schicksal der Frau aus Richter 19 so ausführlich schildert macht deutlich, dass Gott das Leid dieser Frau sah, auch wenn es niemand anderes im Volk Gottes,nicht einmal ihr Ehemann wahrnahm. In einem größeren Rahmen zeigt die Betrachtung der Frauen aus dem Buch Richter, wie sehr wir den einen wahren König, den Löwen aus Juda, den ewigen Sohn Davids, dessen Herrschaft wahrhaftig, gerecht und gnädig ist, bedürfen.