Bibellesen, Desiring God

Wie bekomme Ich Leidenschaft fürs Bibellesen?

Ein Artikel von John Piper,  in der Reihe AskPastorJohn: How Do I Become Passionate About Bible Reading?, vom 01.01.2021. Übersetzt von Viktor Zander, mit freundlicher Genehmigung von DesiringGod (Download als .pdf).

Wir wünschen allen Zuhörern ein Frohes Neues Jahr. Wir lassen das Jahr 2020 hinter uns und stürzen uns in die große Ungewissheit des Jahres 2021. Dabei beten Pastor John und ich für euch alle, wie es Paulus in 2. Thessalonicher 3,5 tut: „Der Herr aber richte eure Herzen auf die Liebe Gottes und auf das Ausharren des Christus.“

Zu diesem Zweck – damit eure Herzen auf die Liebe Gottes gegründet werden – starten wir das neunte Jahr dieses Podcasts mit dem Thema des täglichen Bibellesens. Ein neues Jahr bedeutet einen Neustart für unsere Bibellesepläne. Pastor John: Du verwendest den Discipleship Journal Bibelleseplan, etwas worüber wir in Folge 1140 („Ein Neues Jahr, ein neuer Bibelleseplan“) gesprochen haben. Schaut gerne dort nach, wenn ihr mehr wissen wollt.

Aber heute wollen wir über die anhaltende Disziplin und geistliche Energie reden, die ein solcher Plan über die Dauer eines ganzen Jahres erfordert. Für jemanden, der das noch nie gemacht hat, ist es abschreckend. Hier nun die Frage: „Hallo Pastor John. Ich heiße Angel. Ich bin 16 Jahre alt. Ich strebe danach, den Menschen um mich herum von Jesus zu erzählen und das Evangelium der Rettung zu verkündigen. Aber ich sehe, wie mir selbst in meinem Leben eine große Sache fehlt, die ein großes Hindernis sein kann, und zwar mein fehlendes Verlangen nach täglichem Bibellesen. Es passiert viel öfter, dass ich mich zwinge das Wort zu lesen, anstatt eine wirkliche Leidenschaft dafür zu haben. Ich wünsche mir diese Leidenschaft. Manchmal frage ich mich, ob sie mir fehlt, weil ich überhaupt kein Christ bin. Würde ein wiedergeborenes Herz leidenschaftliches Bibellesen ablehnen? Ich bete um Erfüllung. Aber was soll ich jetzt tun, besonders mit dem neuen Jahr und einem neuen Bibelleseplan vor der Brust?

Lass mich folgendermaßen beginnen: John Piper liest nicht deswegen jedes Jahr die Bibel durch, weil es in der Bibel ein Gesetz gibt, welches das von mir fordert. Stattdessen liegt es daran, dass es da etwas wie – ich weiß nicht, wie ich es nennen soll – ein natürliches oder geistliches Gesetz in meiner Seele gibt, das alle Alarmglocken schrillen lässt, wenn ich es nicht tue. Ich meine: mein mentaler, psychischer, geistlicher Zustand hat mich über die Jahre gelehrt, dass ohne tägliche Gemeinschaft, ohne tägliches Beisammensein mit dem lebendigen Christus, meinem Gott, meinem Erlöser, meinem Schatz, meinem Freund, in und durch sein Wort, die Gesamtheit der Schrift – ohne all das – meine Sicht auf ihn vernebelt wird.

Ganz gewöhnliche Gnadenmittel

Leute: Ich meine das geht superschnell. Es ist nicht so: „Oh, er hat es einen Monat lang versäumt und jetzt beginnt er, nicht mehr klar zu sehen.“ So läuft es nicht. Ich versäume das Wort für ein paar Stunden, oder verweigere es ein paar Tage lang, und schon ist meine Sicht auf ihn vernebelt, mein Genuss seiner Person trübt sich, und daher wird das, wofür ich existiere – ihn durch mein Leben zu zeigen – geschmälert oder wirkt aufgesetzt. Anders gesagt: Ich glaube, dass Gott dieses andauernde Empfangen von Gottes Wort, Tag für Tag, als das ganz gewöhnliche Mittel eingerichtet hat, durch das wir durch den Geist in Christus Gemeinschaft mit ihm haben. Das hat er sich ausgedacht, nicht ich.

Wenn ich von einem Gesetz in meiner eigenen Seele spreche, dann meine ich damit nichts anderes, als dass ich in meinem Fall etwas entdeckt habe: Tägliche Gemeinschaft mit Gott durch den Geist und durch sein Wort bewahrt mir einen klaren Blick auf ihn und meinen Genuss seiner Person und hilft mir dabei, ihn zu zeigen. Das geschieht am besten, indem man Jahr für Jahr die ganze Bibel liest – etwa vier bis fünf Kapitel pro Tag. Manche Menschen haben eine Abneigung das zu tun, weil sie zurückfallen. Und deshalb liebe ich den Discipleship Journal Leseplan, weil man in jedem Monat nur 25 Tage liest, was einem am Ende jedes Monats fünf oder sechs Tage gibt um aufzuholen. Das finde ich genial.

Drei Wege, wie Gott sein Wort gebraucht

Was ich aber in den nächsten paar Minuten mit dem Anbrechen des Jahres tun möchte, ist nicht, Menschen von einem bestimmten Plan zu überzeugen, sondern die tiefgreifende biblische Wahrheit und Realität weitergeben, dass fortlaufendes, tägliches Essen von Gottes Wort hineingewoben ist in Gottes Rettungsplan für dich. Anders ausgedrückt: Wir setzen hier nicht das Sahnehäubchen auf die Torte namens Christentum, wenn wir über das Bibellesen sprechen. Wir sprechen über die Torte des geistlichen Planes Gottes, mit dem er dich am Leben erhält und dich sicher in den Himmel bringt, und zwar mit all der notwenigen Heiligkeit, die der Geist nur durch das Wort Gottes erschafft.

Hier haben wir also drei Abschnitte der Schrift, die meinem Verständnis nach schlicht voller explosiver, wunderbarer Implikationen hinsichtlich des täglichen sich-Nährens an Gottes Wort stecken. Und ich hoffe, dass diese drei Abschnitte Angels Fragen beantworten, ganz besonders die Frage über die Beziehung zwischen Erneuerung und Bibellesen.

1. Durch die Schrift lässt Gott uns zur Erlösung hinwachsen

Die erste Stelle ist 1. Petrus 1,23-2,3:

Denn ihr seid wiedergeboren nicht aus vergänglichem Samen, sondern aus unvergänglichem, durch das lebendige und bleibende Wort Gottes. Denn

 

„alles Fleisch ist wie Gras

und alle seine Herrlichkeit wie des Grases Blume.

Das Gras ist verdorrt,

und die Blume ist abgefallen;

aber das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit.“

 

Dies aber ist das Wort, das euch als Evangelium verkündigt worden ist. Legt nun ab alle Bosheit und allen Trug und Heuchelei und Neid und alles üble Nachreden, und seid wie neugeborene Kinder, begierig nach der vernünftigen, unverfälschten Milch – damit ihr durch sie wachset zur Rettung –, wenn ihr wirklich geschmeckt habt, dass der Herr gütig ist!

Dazu vier wirklich offensichtliche Beobachtungen, die jeder mit diesem Text machen kann:

  1. Das Wunder der neuen Geburt – das ins-Dasein-Kommen eines Christen als ein Kind Gottes – geschieht durch das Wort Gottes.
  2. Unser Erleben dieses Wunders wird folgendermaßen beschrieben: Man schmeckt, dass der Herr gut ist. Bevor wir wiedergeboren wurden, schmeckte der Herr nicht gut. Er schmeckte langweilig. Das Wort war langweilig. Sein Kreuz war eine Dummheit. Der Himmel war nicht real. Nichts an diesem Glauben schmeckte befriedigend oder real. Nun haben wir als Wiedergeborene gekostet. Etwas ist lebendig geworden. Es gibt jetzt Geschmacksknospen auf der Zunge deiner Seele, und er und sein Wort schmecken äußerst köstlich.
  3. Selbst wenn es köstlich schmeckt, muss uns trotzdem gesagt werden, diese geistliche Nahrung zu begehren. Anders gesagt: Das Essen funktioniert nicht automatisch. Petrus würde uns nicht auffordern, es zu tun, wenn es automatisch funktionieren würde. Unsere Wünsche kommen und gehen. Heute brennen sie leidenschaftlich und sind morgen nur noch ein Strohfeuer. Petrus gab uns nicht folgendes Gebot: „Wünscht es, wünscht es, wünscht es“. Ganz einfach deshalb, weil wir es nicht nötig hatten, dieses Gebot zu hören. Uns muss gesagt werden, dass es lebensnotwendig und entscheidend ist, das zu wünschen. Tu was immer erforderlich ist, um diesen Wunsch nach geistlicher Nahrung im Wort Gottes zu schüren, durch welches du wiedergeboren wurdest.
  4. Und jetzt der wirklich ernste Punkt: Wünsche es, damit du zur Erlösung hin wachsen kannst. Das bedeutet, dass sich der Beweis deiner Wiedergeburt durch dein fortlaufendes Nähren am Wort Gottes zeigen wird, welches in dir alle möglichen Dinge hervorbringen wird, die dich auf dem schmalen Pfad bleiben lassen, der zum Leben und zur endgültigen Erlösung führen wird. Das ist keine Nebensache.

Man sollte sich also folgende Frage stellen: Wenn man keine tägliche Strategie verfolgt, sich am Wort Gottes zu nähren, was ist dann die alternative Strategie, um zur Erlösung hinzuwachsen? Das sind die Worte von Petrus. Es sind nicht meine Worte. Gottes Wort ist von Gott so gestaltet, dass es uns hilft, zur Erlösung hinzuwachsen. Wenn du das Wort nicht auf diese Weise gebrauchst, tagein und tagaus, was ist dann deine alternative Strategie, um zuhause anzukommen?

2. Durch die Bibel bringt Gott uns nach Hause

Hier nun der zweite Text: Jakobus 1,18 und 21.

Nach seinem Willen hat er [Gott] uns durch das Wort der Wahrheit geboren [anderer Ausdruck für die Wiedergeburt], damit wir eine Art Erstlingsfrucht seiner Geschöpfe seien. … Deshalb legt ab alle Unsauberkeit und das Übermaß der Schlechtigkeit, und nehmt das eingepflanzte Wort mit Sanftmut auf, das eure Seelen zu retten vermag!

Ist das nicht erstaunlich? Petrus und Jakobus sprechen, obwohl sie einander nicht zitieren (das erkennen wir an der bedeutend unterschiedlichen Wortwahl), über genau dieselbe Sache.

  • Jakobus sagt, dass Gott „uns durch das Wort geboren hat“. Petrus sagte, dass wir durch das Wort „wiedergeboren“ sind.
  • Petrus sagt, dass wir „begierig“ nach dem Wort sein sollen, und Jakobus sagt, dass wir „das eingepflanzte Wort mit Sanftmut aufnehmen“ sollen. Es ist bereits in dir. Jetzt empfange es. Du wurdest durch das Wort wiedergeboren. Jetzt mache täglich weiter, nimm es mit Sanftmut auf, empfange es, sinne darüber nach, bete darüber, nimm es zu dir, schmecke es in einer sanftmütigen Haltung.
  • Schließlich sagt Petrus all das, damit wir „durch sie wachsen zur Rettung“ und Jakobus sagt, dass es unsere „Seelen zu retten vermag“.

Leute, das ist einfach nur atemberaubend! Es ist wirklich äußerst entscheidend, wenn diese beiden Autoren genau dasselbe mit einer solch unterschiedlichen Wortwahl sagen. Warum? Weil das Wesen, die Essenz davon, ein solch fester Bestandteil dessen ist, was es bedeutet Christ zu sein. Das ist wirklich schwerwiegend: Sowohl Petrus als auch Jakobus sagen, dass das Leben als Christ, welches durch das Wort Gottes hervorgebracht wird, mit einer neuen Geburt beginnt. Beide betonen, dass wir, um zuhause anzukommen und die endgültige Erlösung zu erlangen, das Wort in Sanftmut aufnehmen müssen. Wir müssen die Milch täglich trinken, weil wir dadurch zur Erlösung hinwachsen. Es hält uns in einer lebendigen, glücklichen Gemeinschaft mit Jesus und bringt uns sicher nach Hause.

3. Durch seine Worte gibt Gott Leben

Lass mich noch kurz Johannes 6,63 erwähnen. Dort sagt Jesus:

Der Geist ist es, der lebendig macht; das Fleisch nützt nichts. Die Worte, die ich zu euch geredet habe, sind Geist und sind Leben.

Hier steht es: „Die Worte“ – die Worte, die Worte – „die ich zu euch geredet habe, sind Geist und Leben“. Darauf antwortet Petrus: „Herr, zu wem sollten wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens“ (Joh 6,68). Die Worte Jesu sind Leben.

So viele Menschen behandeln das Leben als Christ so, als würden sie ganz natürlich oder automatisch morgen dasselbe Leben haben wie heute. Das ist aber kein Automatismus. Es ist für Gottes Auserwählte sicher, dass sie morgen Leben haben werden. Er wird dafür sorgen, dass sie es in den Himmel schaffen. Aber die Auserwählten, wirkliche Christen, kennen die Antwort auf folgende Frage: Wie bringt Gott sie nach Hause? Er bewahrt und erhält sie in Gemeinschaft mit Christus, indem er sagt: „Meine Worte sind dein Leben“ und indem er sie täglich daraus nährt.

Ach, könnte ich nur zu Beginn dieses Jahres so inständig beten, dass der Geist so deutlich wirkt, dass die Herzen seiner Leute – von denen viele das hier hören (oder lesen) – das was ich sage nicht als eine Last, sondern als Leben empfinden. Darf ich einfach bezeugen – hier an der Schwelle zum Neuen Jahr will ich bezeugen: Ich liebe es, früh am Morgen aufzustehen, im Winter mit einer heißen Tasse Tee, eine Stunde lang auf meinem Stuhl zu sitzen und in vier verschiedenen Bibelstellen die Gemeinschaft mit Jesus genießen, dem lebendigen König des Universums. Das ist mein Leben.

Darf ich es nochmal sagen? Das ist mein Leben. Oh, möge Gott dafür sorgen, dass du sein Wort als Leben erfährst.

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