Murren als Grundrauschen

Was ist eigentlich Murren? Vor allem wahrscheinlich ein veralteter Begriff, selbst Fanboys des Textus Receptus und der LUT1912 verwenden diesen Begriff aktiv kaum. Dabei greift Paulus das Murren Israels erneut in seinem ersten Brief an die Korinther auf (1. Kor. 10,10):

Murrt auch nicht, wie etliche von ihnen murrten und wurden umgebracht durch den Verderber

Welch harte Warnung! Gleichzeitig beobachte ich, das Murren geradezu einen obligatorischen Teil vom Großteil unseres Smalltalks ausmacht:

“Schon wieder Regen” , “Der Verkehr zur Arbeit war heute grausig”. “Montage gehören abgeschafft”. sind hier nur triviale Beispiele. In längeren Gesprächen reiht sich ein Klagelied ans Nächste: Die Kinder sind frech, die Arbeit lang, das Wetter heiß, die Gemeinde doof, der Nachbar lausig, die Luft eng…

Regelmäßig beobachte ich, dass ich in die “Murrfalle” stolpere. Erzählt einer “von seinen Herausforderungen”, dann ist es nahezu natürliche Reaktion, die Schwere der eigenen Herausforderungen hervorzuheben. Frohen Mutes übertrumpft einer seinen Nächsten im Murren.

Dabei war die Situation Israels in der Wüste wahrhaft herausfordernd. Stell dir das einmal vor: Da kommst du nach einem langen heißen Wandertag an eine Wasserquelle, aber welches Wasser sprudelt daraus? Bitteres! Da sendest du Boten ins “Verheißene Land” und dann wird das Land von Riesen beherrscht. Wüste ist eine gute Umgebung, um Murren sichtbar werden zu lassen. Doch dieses schlummerte nur längst im Herzen. Unsere Westliche Haltung zum Murren als Grundrauschen unserer Gespräche macht das deutlich ( und auch, dass Erfolg eine Versuchung ist). Ist eine Gewohnheit so tief verankert, liegt ein akutes Krankenbild vor.

Noch einmal zurück zu Israels Aufenthalt in der Wüste vor 3500 Jahren: Israel wurde durch sein Murren blind für die unverdienten Gnadenerweise Gottes: Ob nun die vor der Sonnenglut schützende Wolke am Tage oder die wärmende Feuerflamme in der Nacht, ob nun das Manna vom Himmel oder die Zusage Gottes, dass Kanaan auf jeden Fall erobert wird. All das sah man nicht mehr, vor lauter Lust auf “Fleisch” und “ägyptischen Knoblauch”.

Das scheint mir ein Ausweg für unser Murren zu sein: Dankbarkeit! Jakobus gibt uns den Rat (Jak. 1,2):

Erachtet es für eitel Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtung fallt

Das ist kein fromm dahergeredeter Euphemismus! Jakobus ist furchtbar optimistisch dabei, dass Versuchungen eher die Regel als die Ausnahme sind. Jedoch sind sie von einer liebenden Hand geschickt (5. Mo. 8,3!). Die Anfechtung hat das Ziel uns zum “vollkommenen Werk zu führen” (Jak 1,4).  Das ist Ermutigung, das alte Gewand des Murrens abzulegen und das neue Gewand der Dankbarkeit, ich will lieber sagen, des Staunens über die Gnadengaben anzuziehen.

Zuletzt: Murren ist kein Kinderspiel! Grundzutat ihrer vielen Varianten ist immer die Meinung, dass man “es besser machen kann und würde als Gott”. Beklagen wir uns über das Wetter, dann weil wir damit auch sagen, dass wir es, wären wir an Gottes statt, anders gemacht hätten. Damit zweifeln wir an der Güte und völligen Perfektion Gottes und rebellieren wie Schlangenbrut. Nur das Blut des Schlangentöters und Drachenbezwingers kann hier helfen!

Ich bin andererseits nicht gewillt Gleichgültigkeit oder Whatsaboutism als Lösung zu sehen. Von einem Freund stammt der Hinweis, dass wir deswegen in diesen so ungeregelt sind, weil wir das Klagen und Seufzen vor Gott verlernt haben, dass die Psalmsänger so einwandfrei beherrscht haben. Dieser Rat, deckt sich mit Jeremias Ausruf:

Wie murren denn die Leute im Leben also? Ein jeglicher murre wider seine Sünde! (Klagelieder 3,39)

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